Oberflächliche Venenthrombose: Wie diagnostizieren, wie behandeln?

  • Dr. med. Thomas Kron
  • Medizinische Nachrichten
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Kernbotschaften

In der Diagnostik und Therapie von Patienten mit Venenerkrankungen hat sich in den letzten Jahren einiges getan. In einer aktuellen Publikation hat Professor Markus Stücker (Venenzentrum der Dermatologischen und Gefäßchirurgischen Kliniken, St. Maria-Hilf-Krankenhaus, Bochum) dargestellt, was im klinischen Alltag bei Venenleiden wichtig ist. In der ersten Folge einer dreiteiligen Serie dazu geht es um oberflächliche Venenthrombosen.

Wie Stücker erläutert, können Thrombosen oberflächlicher Venen durch Verletzungen entstehen; an der oberen Extremität geschehe dies am häufigsten durch intravenöse Zugänge; an den Beinen komme es meist spontan zu Thrombosen in varikösen Venen. Oberflächliche Venenthrombosen einer normalen Vene können laut der Leitlinie der "European Society for Vascular Surgery", an der sich Stücker orientiert, auch die Folge einer Thrombophilie oder eines Morbus Buerger (Thromboangiitis obliterans) bei jüngeren Patienten sein; bei älteren Patienten komme auch eine bösartige Erkrankung infrage.

Eine oberflächliche Venenthrombose sei keine banale oder gutartige Erkrankung, betonen übereinstimmend  die Autoren der Leitlinie und auch Stücker. Es sei, so der Bochumer Venenspezialist, eine ernst zu nehmende Erkrankung und sicher mehr als nur eine „Befindlichkeitsstörung“. So seien bei etwa 25 Prozent der Patienten mit solchen Thrombosen in der „Prospective Observational Superficial Thrombophlebitis (POST)-Studie“ schon bei der Erstvorstellung tiefe Beinvenenthrombosen oder symptomatische Lungenembolien entdeckt worden. Und von den Patienten ohne primär begleitende tiefe Beinvenenthrombose oder Lungenembolie entwickeln nach Angaben von Stücker rund zehn Prozent innerhalb von drei Monaten thromboembolische Komplikationen (TVT, PE und fortschreitende oder rezidivierende oberflächliche Venenthrombosen). Außerdem bleibe das Risiko für thromboembolische Ereignisse während der gesamten drei Monate nach der Diagnose einer oberflächlichen Venenthrombose bestehen, auch wenn das Risiko im ersten Monat höher sein könne und dann allmählich abnehme.

Typischer Befund bei einer oberflächlichen Beinvenenthrombose sei ein druckschmerzhafter geröteter und überwärmter Strang, an den Beinen häufig im Bereich vorbestehender Varizen, aber auch entlang der Vena saphena magna oder seltener entlang der V. saphena parva. Zu beachten sei dabei die Möglichkeit, die Thrombose mit einem bakteriellen Infekt zu verwechseln.

Stets indiziert sei bei oberflächlichen Venenthrombosen der Beine eine duplexsonografische Untersuchung des gesamten Beinvenensystems, da Patienten mit Oberflächenthrombosen begleitende tiefe Beinvenenthrombosen haben könnten.

Zumindest bei oberflächlichen Venenthrombosen der Beine außerhalb von varikösen Venen sollte nach einem Tumor gefahndet werden, empfiehlt der Gefäßspezialist weiter. Die Begründung: Nicht nur bei tiefen Beinvenenthrombosen, sondern auch bei Oberflächenthrombosen sei die Krebsprävalenz signifikant erhöht. In einer aktuellen Studie bei Patienten mit oberflächlichen Beinvenenthrombosen habe die Prävalenz einer malignen Begleiterkrankung fast neun Prozent in der Gesamtgruppe betragen; von den Patienten mit isolierter oberflächlicher Venenthrombose seien 4,2 % betroffen gewesen; bei oberflächlicher Beinvenenthrombose und begleitender tiefer Beinvenenthrombose oder Lungenembolie habe der Anteil der Patienten mit einen malignen Tumor fast 19 Prozent betragen.

Wie sieht nun die Therapie aus? Für die oberflächlichen Venenthrombosen an den Armen existieren laut Stücker keine systematischen Untersuchungen zu einer Therapie mit Antikoagulanzien. Ein wesentlicher Grund hierfür sei wahrscheinlich, dass thromboembolische Komplikationen hier selten seien. Behandelt würde oft mit Kühlung und Kompressionsbandagen.

Bei oberflächlichen Venenthrombose der Beine seien für das therapeutische Prozedere folgende Aspekte wichtig, erklärt der Gefäßspezialist in Anlehnung an die Empfehlungen der Europäischen Gesellschaft für Gefäßchirurgie:

  • die Länge des Thrombus, 

  • die Nähe des Thrombus zum tiefen Venensystem sowie 

  • die Kombination mit einer tiefen Beinvenenthrombose.

Von großer Bedeutung sei, dass die Antikoagulation über mindestens vier bis sechs – Wochen durchgeführt werde, um einen Effekt zu haben. Hier die laut Stücker unterschiedlichen Therapieszenarien bei oberflächlichen Thrombosen an den Beinen:

  1. Oberflächenthrombose < 5 cm Länge und ≥ 3 cm von der saphenofemoralen oder saphenopoplitealen Junktion entfernt: Lokale Kühlung und Kompression, keine Medikation

  2. Oberflächenthrombose ≥ 3 cm von der saphenofemoralen oder saphenopoplitealen Junktion entfernt und ≥ 5 cm in der Länge: Fondaparinux 2,5 mg einmal täglich über 45 Tage

  3. Oberflächenthrombose < 3 cm von der saphenofemoralen oder saphenopoplitealen Junktion entfernt: Antikoagulation über drei Monate

  4. Oberflächenthrombose zusammen mit tiefer Beinvenenthrombose: Therapie der tiefen Beinvenenthrombose gemäß Leitlinien.

 

Die zweite Folge zu Varizen erscheint am Freitag in einer Woche.