Nierenversagen bei Kindern: Schneller Zugang zur Transplantation gerade für Mädchen entscheidend

  • Andrea Hertlein
  • Medizinische Nachrichten
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Kernbotschaften

Mädchen mit fortgeschrittener chronischer Nierenerkrankung sind im Vergleich zu Jungen anfälliger für die Entwicklung einer Gefäßversteifung. Dieser Unterschied bleibt auch nach der Transplantation bestehen und könnte zu den höheren Sterblichkeitsraten bei Mädchen mit Nierenversagen beitragen. Das geht aus einer europäischen Studie hervor, die in Kidney International veröffentlicht wurde.

Hintergrund der Studie

Die Sterblichkeitsrate bei Kindern nach Nierentransplantation ist in den vergangenen Jahrzehnten zwar gesunken, ist aber trotzdem im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung aufgrund von frühen kardiovaskulären Komplikationen immer noch sehr hoch, heißt es in einer Mitteilung der Medizinischen Hochschule Hannover (MMH), die neben weiteren 54 europäischen Zentren an der Studie beteiligt war.

Insgesamt wurden in die Studie mehr als 700 Kinder und Jugendliche eingeschlossen, ein Drittel von ihnen wurde während des Beobachtungszeitraumes transplantiert. Zehn Jahre sammelte das Konsortium Daten von Kindern mit chronischer Nierenerkrankung im Alter von sechs bis 17 Jahren, und beobachtete sie im Verlauf ihrer Erkrankung bis zum Eintreten der Dialysepflichtigkeit und nach Nierentransplantation. Die Patientinnen und Patienten wurden jährlich umfassend zu ihrem kardiovaskulären Status sowie auf vorhandenen Risikofaktoren untersucht. Als Maß für die Gefäßsteifigkeit wurde die Pulswellengeschwindigkeit (engl. pulse wave velocity, kurz: PWV) - die Geschwindigkeit, mit der die Druckwelle die Arterien eines Organismus durchläuft – gemessen.

Zunahme der Pulswellengeschwindigkeit bei Mädchen stärker

Den Berechnungen zufolge stieg der PWV z-Score (PWVz) um 0,094 pro Jahr und war bei Mädchen (PWVz +0,295) signifikant höher als bei Jungen, unabhängig von der zugrunde liegenden Nierenerkrankung. Während der Zeit vor der Nierenersatztherapie war ein durchschnittlicher geschätzter Rückgang der glomerulären Filtrationsrate (GFR) von 4 ml/min/1,73 m2 pro Jahr nur bei den Mädchen mit einem PWVz-Anstieg von 0,16 verbunden. Höherer diastolischer Blutdruck und Lipoprotein niedriger Dichte waren bei beiden Geschlechtern unabhängig voneinander mit einem höheren PWVz während der Prä-Nierenersatztherapie verbunden, schreiben die Studienautoren.

Darüber hinaus waren bei Mädchen nach der Transplantation eine geschätzte GFR- Abnahme von 4 ml/min/1,73 m2 pro Jahr vor der Nierenersatztherapie und ein längerer Zeitraum (über 12 Monate) bis zur Transplantation signifikant mit einem höheren PWVz von 0,22 bzw. 0,57 verbunden. Der PWVz stieg nach der Transplantation weiter an und war bei beiden Geschlechtern positiv mit der Dialysezeit und dem diastolischen Blutdruck verbunden.

Mädchen erhalten seltener als Jungen eine präemptive Transplantation
„Die Ergebnisse sind für uns Pädiater ein echter Meilenstein“, fasste Anette Melk von der MHH-Klinik für Pädiatrische Nieren-, Leber und Stoffwechselerkrankungen zusammen. Mädchen würden nicht nur stärker unter der eingeschränkten Nierenfunktion und der Wartezeit auf ein Organ leiden, sie erhalten auch seltener als Jungen eine präemptive Transplantation. „Dabei wäre ein schneller Zugang zur Transplantation gerade für Mädchen entscheidend, um genau diesen geschlechtsspezifischen Unterschieden entgegenzuwirken.“, betonte Melk.