Nicht-alkoholische Steatohepatitis: Fibrose bildet sich nach bariatrischem Eingriff zurück
- Nicola Siegmund-Schultze
- Studien – kurz & knapp
Kernbotschaften
Ein bariatrischer Eingriff mit Roux-en-Y-Magenbypass oder mit der Bildung eines Schlauchmagens vermindert bei adipösen Patienten mit nicht-alkoholischer Steatohepatitis (NASH) die Fibrosierung der Leber effektiver als Lebensstilinterventionen. Teilweise bildet sich die Firbosierung auch zurück. Die Daten früherer Beobachtungsstudien, die bereits auf eine höhere Effektivität bariatrischer Operationen gegenüber Lebenstilintervention hingewiesen hatten, werden erstmals durch eine große, prospektiv randomisierte Studie bestätigt (Lancet https://doi.org/10.1016/ S0140- 6736(23)00634-7).
Hintergrund
Adipositas mit ihren gesundheitlichen Risiken ist weltweit ein Problem. So sind einer Studie der Weltgesundheitsorganisation zufolge in der Europäischen Region 59 % der Erwachsenen entweder übergewichtig oder adipös. Diese Rate ist höher als in anderen WHO-Regionen - mit Ausnahme des amerikanischen Kontinents (1). In Deutschland hat knapp ein Viertel der Erwachsenen Adipositas (Body Mass Index [BMI] ≥ 30 kg/m²), nämlich 23 % der Männer und 24 % der Frauen (2). Viele von ihnen haben außerdem eine NASH. Dies ist eine progrediente Form der nicht-alkoholischen Fettleber mit den histologischen Merkmalen des „ballooning“ von Leberzellen und Zeichen chronischer Entzündungsreaktionen, die eine Fibrosierung der Leber ankurbeln. Für eine Verzögerung der Fibrosierung oder auch eine Rückbildung - ebenfalls oft möglich - müssen Patienten mit Adipositas mindestens 10 % ihres Körpergewichts verlieren. Erstmals ist nun in einer prospektiven randomisierten Studie die Wirksamkeit bariatrischer Therapien auf die histopathologischen Veränderungen der Leber mit der Effektivität von Lebensstilinterventionen verglichen worden (3).
Design
Studienform: multizentrische, prospektiv randomisierte offene Studie an drei größeren, spezialisierten Kliniken in Italien
Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer: Patienten im Alter zwischen 25 und 70 Jahren (Durchschnitt: 47,4 Jahre) mit einem BMI von 30–55 kg/m² (Durchschnitt: 42 kg/m²) und bioptisch gesicherter NASH; Diabetes mellitus Typ 2 war kein Ausschlusskriterium, auch nicht entsprechende Medikationen zum Beispiel mit Metformin, langwirksamen Insulinen oder Liraglutid
Randomisierung: zu gleichen Anteilen in drei Studienarme:
beste medizinische Versorgung durch intensive Lebensstilintervention mit Diät (Kalorienreduktion um ein Drittel des geschätzten täglichen Kalorienverbrauchs), Motivation zu Sport und psychosozialen Beratungsangeboten,
Roux-en-Y-Magenbypass und
Reduktion des Magens auf einen Schlauchmagen.
Primärer Endpunkt: Histologisch gesicherte Reduktion der NASH oder zumindest keine Verstärkung der Fibrosierung innerhalb eines Jahres nach Studienbeginn
Hauptergebnisse
Zwischen April 2019 und Juni 2021 wurden 288 Patientinnen (47 %) und Patienten (53 %) randomisiert, und zwar jeweils 96 in die drei Studienarme.
In der Intention-to-Treat-Analyse erreichten nach 52 Wochen 56 % mit Roux-en-Y-Magenbypass den primären Endpunkt, 57 % mit Schlauchmagen und 16 % mit Lebensstilmodifikation.
Die Wahrscheinlichkeit für positive Effekte auf die NASH, belegt durch den histologischen Befund an bioptischen Präparaten, lag für den Roux-en-Y-Bypass um den Faktor 3,60 höher als mit Lebenstilintervention und nach Bildung eines Schlauchmagens um den Faktor 3,67 höher als mit Lebensstilintervention.
Dies waren mit p-Werten < 0,0001 (Operation vs. konservative Therapie) auch statistisch hoch signifikante Unterschiede.
Auch eine Rückstufung der Fibrosierung um mindestens 1 Stadium war in den beiden Armen mit chirurgischer Behandlung häufiger möglich als unter konservativer Intervention, nämlich zu 46 % bei Roux-en-Y-Bypass und 47 % beim Schlauchmagen gegenüber 28 % mit Lebensstilintervention.
Von den 236 Patientinnen und Patienten, die die Studie protokollgemäß beendeten, erreichten jeweils 70 % aus den beiden Studienarmen mit bariatrischem Eingriff den primären Endpunkt und 19 % unter Lebensstilmodifikation.
Es gab keine tödlichen oder lebensbedrohenden unerwünschten Effekte in den beiden Gruppen mit bariatrischer Chirurgie und auch schwere unerwünschte Effekte waren mit 6 % selten. Diese wurden entweder medikamentös oder durch einen endoskopischen Eingriff behoben, kein Patient musste erneut operiert werden.
Klinische Bedeutung
„Diese methodisch gute, prospektiv randomisierte Studie belegt deutlich den Vorteil der bariatrischen Behandlung von adipösen Patienten mit NASH gegenüber Lebensstilinterventionen“, heißt es im Kommentar, und dieser Unterschied sei klinisch relevant (4).
Interessant sei es nun, diese Effekte auch bei Patienten mit stärkerer Fibrosierung zu prüfen. In der aktuellen Studie hatten fast die Hälfte (48 %) noch ein Fibrosierungsstadium 1 und lediglich 11 % eine fortgeschrittene Fibrosierung (ab Stadium 3).
Auch seien Vergleiche der Wirksamkeit bariatrischer Eingriffe mit der Effektivität von GLP1-Analoga wie Liraglutid oder Semgalutid zur Gewichtssenkung sinnvoll. Diese sind zur Adipositasbehandlung auch in Europa zugelassen worden, und es lässt sich mit ihnen ebenfalls das Körpergewicht um mindestens 10 % reduzieren, bei als akzeptabel geltendem Sicherheitsprofil.
Der Deutschen Adipositas Gesellschaft zufolge ist die Nachfrage bereits jetzt in Deutschland sehr hoch.
Finanzierung: keine Angaben
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