Neurowoche 2022 – Neue Migräne-Leitlinie der DGN und DKMG vorgestellt
- Michael Simm|Michael Simm
- Studien – kurz & knapp
Kernbotschaften
Die S1-Leitlinie „Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne“ wurde unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) überarbeitet und wird in Kürze in der aktualisierten Form veröffentlicht werden. Eine Vorschau der Änderungen und Ergänzungen gab einer der Hauptautoren, Prof. Hans-Christoph Diener (Essen) bei der Neurowoche 2022 in Berlin.
Hintergrund
Seit die „Migräne-Leitlinie“ im Jahr 2018 letztmals aktualisiert wurde, sind mehrere neue Substanzen zugelassen worden. Zunehmende Evidenz gibt es außerdem für die Wirksamkeit von nicht-medikamentösen und insbesondere verhaltenstherapeutischen Maßnahmen.
Ergebnisse
- Für die Therapie der akuten Migräne wurden als Ergänzung zu den etablierten Triptanen die Wirkstoffe Rimegepant und Lasmiditan aus den Klassen der Gepante bzw. Ditane zugelassen, deren Markteinführung „bald“ erwartet wird. Da Ditane nur am 5-HT1F-Rezeptor angreifen, sind sie selektiver als Triptane und „erweitern die Möglichkeiten der Akuttherapie bei Patienten mit hohem Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall, bei denen Triptane kontraindiziert sind“, so Diener. Die Gepante wirken wie mehrere bereits zugelassene Antikörper spezifisch am CGRP-Rezeptor, sind aber kleine Moleküle, die oral verabreicht werden können. Das in Deutschland noch nicht zugelassene Rimegepant kann zur Therapie der akuten Migräne eingesetzt werden, wenn eine Kontraindikation für Triptane vorliegt, und es kann auch alle zwei Tage als Tablette zur Prophylaxe eingesetzt werden. Ein Nachteil ist indes, dass Gepante zu zentralen Nebenwirkungen und Interaktionen führen können. Lasmiditan und Rimegepant dürfen auch bei akuten Anfällen eingesetzt werden, wenn klassische Schmerzmittel nicht ausreichen.
- Neu ist die Empfehlung, die Dauer einer prophylaktischen Therapie von der Schwere und Dauer der Erkrankung sowie von den aktuellen Lebensumständen abhängig zu machen. In schweren Fällen könnten zwei Jahre gerechtfertigt sein. „Das entscheidende Problem im klinischen Alltag ist, dass sehr viele Betroffene nicht ausreichend behandelt sind, bzw. dass die Möglichkeiten der Prophylaxe nicht ausgeschöpft werden“, sagte hierzu PD Charly Gaul (Frankfurt), Generalsekretär der DMKG.
- Jenseits der Medikamente wird Betroffenen weiterhin zu Ausdauersport und Entspannungstechniken geraten. Hocheffektiv seien verhaltenstherapeutische Verfahren aus Basis einer individuellen Beratung.
- Neu aufgenommen zur Behandlung der akuten Migräne ist die nichtinvasive Neurostimulation, bei der über Klebeelektroden im Stirnbereich eine transkutane Stimulation des Trigeminus erfolgt. Diener meint, das Verfahren könne eine „gute Option“ sein, insbesondere bei Patienten mit Gefahr eines Medikamentenmissbrauchs. Die Krankenkassen übernehmen die Kosten allerdings nicht.
Interessenkonflikte: Keine Fremdfinanzierung, keine Beteiligung von Autoren mit Interessenkonflikten.
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