Neurowoche 2022 – Nachteile für ältere Frauen bei der Schlaganfallversorgung?
- Michael Simm
- Studien – kurz & knapp
Kernbotschaften
Frauen mit einem höheren Alter, die einen Schlaganfall erleiden, haben nach Thrombolyse langfristig ein schlechteres Outcome als Männer. Dies zeigt die Auswertung der Daten von mehr als 800 Patienten an der Universitätsklinik für Neurologie, Evangelisches Klinikum Bethel, die während der Neurowoche 2022 von Dr. Marie Schäbitz vorgestellt wurde.
Hintergrund
Zunehmend wird auch in der Neurologie die „Geschlechtergerechtigkeit“ zum Thema. Untersuchungen zum Schlaganfall, die Daten unter diesem Aspekt auswerten, sind bisher noch rar.
Ergebnisse
- A priori bestehen Unterschiede zwischen den Geschlechtern beim Schlaganfall: Männer haben eine um 30 % höhere Inzidenz; ihr Durchschnittsalter ist mit 68,6 Jahren beim ersten Ereignis deutlich geringer als bei Frauen (72,9 Jahre). Letztere haben laut Studien häufiger Rezidive und eine höhere Mortalität. Auch ist bekannt, dass Frauen die Mehrheit (61,5 %) der alleinlebenden Patienten ausmachen, dass sie mit fast 50 % geringerer Wahrscheinlichkeit die Klinik binnen 2,5 Stunden erreichen, und ebenfalls mit fast 50 % geringerer Wahrscheinlichkeit tPA erhalten.
- Die Auswertung von 815 Patienten mit erfolgter systemischer Thrombolyse (47,6 % Frauen) und die Abfrage von Langzeit-Outcomes im Telefoninterview (im Mittel nach 2,3 Jahren) ergab:
- Frauen waren älter (78,3 versus 72,4 Jahre), erreichten seltener binnen 2 Stunden die Klinik (62,7 versus 70,7 %) und brauchten von der Tür bis zur Thrombolyse länger (44 statt 33 Minuten). Sie hatten einerseits hochsignifikant stärkere Behinderungen gemäß NIHSS und höhere Komplikationsraten, erhielten aber seltener ein MRI (29,6 versus 40,8 %), wobei dann deutlich häufiger Infarkte nachgewiesen wurden (37,4 gegen 25,9 %).
- Frauen hatten langfristig mehr/schwerere Behinderungen gemäß mRS. Nur 25,7 % unter ihnen erreichten einen Wert von 0 – 1, bei den Männern waren es 41,4 %.
- In der altersstandardisierten Analyse verschwanden die Unterschiede bei jüngeren Patienten weitgehend. Bei den getrennt ausgewerteten Patienten zwischen 79 und 86 Jahren hatten Frauen häufiger kryptogene Schlaganfälle erlitten, und der Unterschied in der Zeit von der Tür bis zur Thrombolyse war auf 4 Minuten reduziert.
Interessenkonflikte: Keine.
Dieser Volltext ist leider reserviert für Angehöriger medizinischer Fachkreise
Sie haben die Maximalzahl an Artikeln für unregistrierte besucher erreicht
Kostenfreier Zugang Nur für Angehörige medizinischer Fachkreise