Neue Zahlen zu Neuro-Entwicklungsstörungen nach Antikonvulsiva in der Schwangerschaft
- Michael Simm
- Studien – kurz & knapp
Kernbotschaften
Eine Kohortenstudie mit 25.000 Kindern, die pränatal verschiedenen Antikonvulsiva ausgesetzt waren, findet ein 2 – 4-fach erhöhtes Risiko für Autismus-Störungen und geistige Behinderungen unter einer Monotherapie der Mütter mit Topiramat und Valproat, sowie für die Kombinationen aus Levetiracetam / Carbamazepin und Lamotrigin / Topiramat.
Hintergrund
Patientinnen mit einer Epilepsie benötigen Medikamente gegen Krampfanfälle, auch in der Schwangerschaft. Trotz jahrzehntelanger Forschung sei das Risiko für neurologische Entwicklungsstörungen der Kinder jedoch noch immer unsicher, schreiben die Autoren der aktuellen Studie.
Design
Populationsbasierte Kohortenstudie (SCAN-AED) mit den Daten der 5 skandinavischen Länder Dänemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden für die Jahre 1996 – 2017 zu etwa 4,5 Millionen Kindern, die als Einzelgeburten zur Welt kamen, und keine chromosomalen Aberrationen hatten. Verglichen wurde die pränatale Exposition mit Antikonvulsiva gemäß der Verschreibungsdaten der Mütter mit der kumulativen Inzidenz von Neuro-Entwicklungsstörungen im Alter von 8 Jahren bei exponierten und nicht exponierten Kindern.
Ergebnisse
- Unter den 21.634 Kindern, deren Mütter eine Epilepsie hatten, ohne Medikamente einzunehmen, wurde bis zum 8. Lebensjahr bei 1,5 % eine Autismus-Störung (ASD) diagnostiziert, und bei 0,8 % eine geistige Behinderung (ID).
- Bei gleichaltrigen Kindern, deren Mütter Topiramat eingenommen hatten, betrug die Rate an ASD 4,3 % und an ID 3,1 %. Für Valproat waren es 2,7 bzw. 2,4 %.
- Die adjustierten Chancenverhältnisse aHR für ASD und ID nach Topiramat-Exposition waren somit 2,8 (95%-Konfidenzintervall 1,4 – 5,7) bzw. 3,5 (95%-KI 1,4 – 8,6). Nach Valproat-Exposition betrugen die aHR 2,4 (95%-KI 1,7 – 3,3) und 2,5 (95%-KI 1,7 – 3,7).
- Untersucht wurden auch duale Therapien, die mit folgenden kumulierten 8-Jahres-Inzidenzen und aHR für Neuro-Entwicklungsstörungen insgesamt assoziiert waren:
- Levetiracetam und Carbamazepin: 5,7 % / 3,5 (95%-KI 1,5 – 8,2),
- Lamotrigin und Topiramat: 7,5 % / 2,4 (95%-KI 1,1 – 4,9),
- Levetiracetam und Lamotrigin: 1,6 % / 0,9 (95%-KI 0,3 – 2,5).
- Kein konsistent erhöhtes Risiko fanden die Forscher außer für die duale Therapie mit Levetiracetam und Lamotrigin nach einer Monotherapie mit: Lamotrigin, Levetiracetam, Carbamazepin, Oxcarbazepin, Gabapentin, Pregabalin, Clonazepam und Phenobarbital.
Klinische Bedeutung
Mit den gepoolten Daten aus 5 Ländern dürfte dies trotz relativ breiter Konfidenzintervalle eine der stichhaltigsten Studien zum Risiko von Neuro-Entwicklungsstörungen nach Antikonvulsiva-Exposition in der Schwangerschaft sein. Die Frage wird hier für Topiramat, Valproat und 2 von 3 dualen Therapien bejaht, eine vorsichtige Entwarnung gibt es jedoch für die Kombination aus Levetiracetam mit Lamotrigin und eine Reihe von Monotherapien.
Finanzierung: NordForsk Nordic Program on Health and Welfare, Norwegischer Forschungsrat.
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