Neue Statistik zu psychischen Störungen bekräftigt den oft frühen Krankheitsbeginn

  • Michael Simm
  • Studien – kurz & knapp
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Kernbotschaften

Die Ergänzung und Auswertung von Umfragen zu psychischen Störungen auf Bevölkerungsebene ergaben eine Lebenszeit-Prävalenz von annähernd 29 Prozent für beide Geschlechter. Bis zum Alter von 75 Jahren steigt dieses Risiko auf annähernd 50 %. Am häufigsten manifestierten sich die Störungen um das 15. Lebensjahr.

Hintergrund

Informationen zur Häufigkeit und dem Verlauf psychischer Erkrankungen über die Lebenszeit hinweg sind für die Planung der Kapazitäten im Gesundheitswesen von fundamentaler Bedeutung. Grenzüberschreitende Schätzungen aus koordinierten Erhebungen in der Gesamtbevölkerung wurden allerdings letztmals im Jahr 2007 aktualisiert. 

Design

Länderübergreifende Analyse mit den Daten von 156.331 Erwachsenen (54,5 % Frauen), die in den Jahren 2001 bis 2022 in 29 Ländern persönlich befragt worden waren. Anhand des strukturierten „WHO Composite International Diagnostic Interview“ wurden Kennzahlen für 13 Entitäten des DSM-IV erfasst – getrennt nach Geschlechtern, aber ohne Berücksichtigung der ethischen Zugehörigkeit.

Ergebnisse

  • Die Lebenszeitprävalenz für jegliche psychische Störung war zwischen den Geschlechtern fast gleich. Sie betrug bei den Männern 28,6 % (95%-Konfidenzintervall 27,9 – 29,2), und bei den Frauen 29,8 % (95%-KI 29,2 – 30,3).
  • Das Morbiditätsrisiko für mindestens eine psychische Störung bis ins 75ste Lebensjahr betrug bei den Männern 46,4 % (95%-KI 44,9 – 47,8) und bei den Frauen 53,1 % (95%-KI 51,9 – 54,3).
  • Im 15 Lebensjahr war die Wahrscheinlichkeit für die Erstmanifestation („conditional propability“) einer psychischen Erkrankung am höchsten. Der Median des Krankheitsbeginns lag bei den Männern bei 19 Jahren, und bei den Frauen bei 20 Jahren.
  • Die häufigsten Störungen waren bei den Männern Alkoholgebrauch und Depression, bei den Frauen Depression und spezifische Angststörungen.

Klinische Bedeutung

Die Daten für die Häufigkeit psychischer Störungen wurden aktualisiert, und die Autoren lenken zu Recht das Augenmerk auf den verhältnismäßig frühen Beginn dieser Erkrankungen. Allerdings zeigt ein Blick auf die zugrunde liegenden Untersuchungen, dass weniger als ein Drittel nach 2007 begonnen wurden. Beispielsweise stammen die meisten Angaben zu europäischen Ländern aus der European Study of the Epidemiology of Mental Disorders (ESEMed), die in den Jahren 2001 – 2003 stattfand, sodass eine Wiederholung dieser Befragung womöglich für Deutschland und seine Nachbarländer aussagekräftiger wäre als die Ermittlung weltweiter Durchschnittswerte.

Finanzierung: Keine.