Neue ESMO-Leitlinien zum erblichen Brust-Eierstockkrebs-Syndrom

  • Petra Kittner
  • Clinical Summary
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Erkenntnis

  • Die Europäische Gesellschaft für Medizinische Onkologie (ESMO) hat neue Leitlinien zur Risikominderung und Früherkennung des erblichen Brust-Ovarialkrebs-Syndroms (HBOC) herausgegeben.
  • HBOC ist sowohl klinisch als auch molekular definiert: Klinisch wird es durch Kriterien der Familienanamnese und molekular durch pathogene Keimbahnvarianten definiert.

Warum das wichtig ist

  • Viele Frauen sind sich ihres genetischen Risikos nicht bewusst und/oder werden nicht darauf getestet und verpassen daher eine risikomindernde Behandlung.

Kernpunkte der Empfehlungen

  • Epidemiologie:
    • Personen mit einer signifikanten Familienanamnese sollten Gentests mit Multigen-Panels von klinisch validierten HBOC-Genen angeboten werden.
    • Ärzte sollten wissen, dass bei Tests auf Grundlage der Familienanamnese etwa die Hälfte der Genträger des HBOC-Syndroms übersehen wird. Neue Strategien zur Identifizierung dieser Personen mit hohem Risiko werden derzeit entwickelt.
  • Beratung und Nachsorge nach dem Test:
    • Die psychologischen Auswirkungen des HBOC-Syndroms sollten in der genetischen Beratung nach dem Test behandelt werden.
    • Das Risikomanagement sollte individuell gestaltet werden, und es sollten validierte Instrumente als Entscheidungshilfe verwendet werden, sofern verfügbar.
    • Das Risikomanagement sollte in spezialisierten Hochrisikokliniken durchgeführt werden.
  • Management des Brustkrebsrisikos:
    • Wenn Frauen sich nicht für risikomindernde Medikamente entscheiden, sollten ihnen intensivierte Screening-Programme angeboten werden, die eine MRT der Brust einschließen müssen.
    • Wenn eine Patientin pathogene Varianten in den Genen BRCA1, BRCA2 oder PALB2 aufweist, sollte das intensivierte Screening im Alter von 30 Jahren oder 5 Jahre jünger als das jüngste an Brustkrebs erkrankte Familienmitglied beginnen.
    • Es wird ein jährliches Screening empfohlen, es sei denn, eine Patientin hat pathogene BRCA1-Varianten; in diesem Fall sollte ein 6-monatiges Screening erwogen werden.
  • Brustkrebsrisiko und Lebensstilfaktoren:
    • Den Patientinnen sollte geraten werden, sich mäßig oder stark körperlich zu betätigen, wobei mehr besser ist, den Alkoholkonsum zu minimieren und zu stillen.
  • Risikoreduzierende Medikamente oder Operationen bei Brustkrebs:
    • Diese Medikamente sollten zur primären Verringerung des Brustkrebsrisikos und zur Verringerung des Risikos kontralateraler Krebserkrankungen bei Frauen in Betracht gezogen werden, die eine beidseitige risikoreduzierende Mastektomie (BRRM) ablehnen.
    • Die BRRM ist das wichtigste Mittel zur Verringerung des Brustkrebsrisikos für BRCA1/2-Trägerinnen.
    • BRRM sollte auch bei anderen pathogenen Varianten in Betracht gezogen werden: TP53, PTEN, STK11, CDH1 und PALB2.
  • Management des Eierstockkrebsrisikos:
    • Das Screening der Eierstöcke mittels transvaginaler Ultraschalluntersuchung alle 6 Monate ist zwar von ungewissem Nutzen, sollte aber in Betracht gezogen werden, bis eine risikoreduzierende bilaterale Salpingo-Oophorektomie (RRBSO) durchgeführt wird.
    • Die RRBSO ist die wirksamste Strategie zur Verringerung des Eierstockkrebsrisikos.
    • Die RRBSO sollte bei Frauen nach Abschluss des Kinderwunsches durchgeführt werden, und zwar im Alter von 35-40 Jahren bei BRCA1-Trägerinnen und im Alter von 40-45 Jahren bei BRCA2-Trägerinnen.
  • Besondere psychologische Probleme bei HBOC:
    • Sexuelle Probleme sollten angesprochen werden, und den Betroffenen sollten Unterstützung und Ressourcen zur Bewältigung sexueller Funktionsstörungen angeboten werden.
  • Personalisierte Medizin und zukünftige Richtungen:
    • Polygene Risikoscores, Intervall-Salpingektomie, neuartige Strategien zur Risikominderung und Flüssigbiopsie-Tests zur Krebsfrüherkennung sollten weiterhin im Rahmen klinischer Studien erprobt werden.