Negative Kindheitserfahrungen führen offenbar zu schlechterer Gesundheit im Alter

  • Andrea Hertlein
  • Medizinische Nachrichten
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Kernbotschaften

Menschen, die in ihrer Kindheit belastende oder traumatische Erfahrungen gemacht haben, weisen im Alter mit größerer Wahrscheinlichkeit sowohl körperliche als auch kognitive Beeinträchtigungen auf. Das geht aus einer Studie von Wissenschaftlern der Universität Kalifornien hervor, die kürzlich in General Internal Medicine erschienen ist.

Zu den belastenden Erlebnissen in der Kindheit können körperliche Gewalt oder Missbrauch, schwere Krankheiten, finanzielle Belastungen in der Familie oder die Trennung von den Eltern gehören.

Negative Kindheitserfahrungen bei 60 Prozent der Erwachsenen in den USA 

Nach Angaben des Centers for Disease Control and Prevention (CDC) haben fast 60 Prozent der Erwachsenen in den USA eine oder mehrere Arten von negativen Kindheitserfahrungen (Adverse Childhood Experiences, ACEs) gemacht, die das Gefühl der Sicherheit und Stabilität eines Kindes untergraben können. Dies wird mit chronischen körperlichen und psychischen Gesundheitsproblemen in Verbindung gebracht, darunter Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Autoimmunkrankheiten und Depressionen.

Die Studie von Alison J. Huang und ihrem Team von der University of California basiert auf Daten des National Social Life, Health and Aging Project in den USA. Die Wissenschaftler untersuchten fast 3 400 Erwachsene zwischen 50 und 97 Jahren. Die Teilnehmer füllten strukturierte Fragebögen aus, um  ACEs (Gewalterfahrung/Missbrauch in der Kindheit, Miterleben von Gewalt, finanzielle Unsicherheit, Trennung der Eltern oder schwere Krankheit) zu bewerten, unterzogen sich standardisierten körperlichen Leistungstests sowie kognitiven Tests. Sie berichteten ebenfalls über funktionelle Einschränkungen, die sich in Schwierigkeiten bei Aktivitäten des täglichen Lebens zeigen.

80 Prozent haben Schwierigkeiten bei alltäglichen Aktivitäten

Wie die Wissenschaftler berichten, gaben nahezu die Hälfte (44 % ) der Studienteilnehmer an, im Alter zwischen sechs und 16 Jahren mindestens ein ACE erlebt zu haben. Dazu gehörten Gewalterfahrungen (14 %), das Miterleben von Gewalt (16 %), finanzieller Stress (13 %), Trennung von einem Elternteil (16 %) sowie ein schlechter Gesundheitszustand (6 %) in der Kindheit. Jeder Fünfte berichtete über mehr als ein negatives Kindheitserlebnis.

Diejenigen, die in ihrer Kindheit Gewalt erleben mussten, hatten ein um 40 Prozent höheres Risiko im Alter Mobilitätseinschränkungen aufzuweisen und sogar ein um 80 Prozent höheres Risiko Schwierigkeiten bei täglichen Aktivitäten zu entwickeln verglichen mit der Gruppe der Erwachsenen, die keine belastenden Erfahrungen in Kindheit und Jugend gemacht haben. Diejenigen, die aus unglücklichen Familien stammten, hatten ebenfalls eine um 40 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit für zumindest leichte kognitive Beeinträchtigungen im Vergleich zu den Erwachsenen ohne entsprechende Traumata.

Berücksichtigung von Traumata in der Altenpflege

Wir konnten zeigen, dass belastende Erlebnisse im frühen Leben bis ins hohe Alter Auswirkungen haben können", sagt die Hauptautorin Alison J. Huang. Das könne bedeuten, dass die Wahrscheinlichkeit von Schwierigkeiten beim Gehen, bei der Durchführung von Aktivitäten des täglichen Lebens oder von Gedächtnisproblemen im Alter von 60, 70, 80 oder mehr Jahren noch weiter steigt.

Belastende frühe Lebenserfahrungen können demnach Marker für das Risiko von Funktionseinschränkungen und Behinderungen im späteren Leben sein. Das frühzeitige Erkennen von Kindheitstraumata könne daher nützlich sein, um Erwachsene zu identifizieren, die von Screening- oder Präventionsstrategien für altersbedingte Funktionseinbußen profitieren könnten, so die Studienautoren.