Myokarditis und mRNA-Vakzine: Antikörper gegen Interleukin-Antagonisten festgestellt
- Dr. med. Thomas Kron
- Medizinische Nachrichten
Kernbotschaften
Bei jungen Männern mit gesicherter Myokarditis nach Erhalt eines mRNA-Impfstoffs gegen SARS-CoV-2 hat ein internationales Forscherteam neutralisierende Antikörper gegen IL-1RA (Interleukin-1-Rezeptor-Antagonisten) und eine hyperphosphorylierte IL-1RA-Isoform nachgewiesen. Diese Antikörper beeinträchtigten die Bioaktivität von IL-1RA in vitro, waren mit niedrigen zirkulierenden IL-1RA-Spiegeln verbunden und korrelierten mit Biomarkern für Herzschäden und Entzündungen. Über ihre Befunde haben die Wissenschaftler um Privatdozent Dr. Lorenz Thurner von der Universität des Saarlandes in Homburg in einem Brief im „New England Journal of Medicine“ berichtet.
Myokarditis-Risiko nach Impfung erhöht, aber gering
Seit Beginn der Impfungen gegen COVID-19 werden Diskussionen zum Myokarditis-Risiko der Impfungen, insbesondere mit mRNA-Impfstoffen, geführt und Daten dazu auswertet. Mehrere Studien haben gezeigt, dass das Risiko nach einer mRNA-Impfung zwar erhöht, aber absolut gering ist und zudem niedriger als durch die Infektion mit SARS-CoV-2 selbst. Erst kürzlich sind hierzu umfangreiche Daten aus Großbritannien im Fachmagazin „Circulation“ erschienen. Die Myokarditis im Zusammenhang mit mRNA-Impfstoffen gegen SARS-CoV-2 betrifft vorwiegend männliche Jugendliche und junge Männer (14 bis <30 Jahre) und tritt typischerweise nach Erhalt der zweiten Impfstoffdosis auf.
Bei Erwachsenen mit schwerem COVID-19-Verlauf und bei Kindern mit Multisystem-Entzündungssyndrom (MIS-C) haben die Wissenschaftler bereits kürzlich kürzlich neutralisierende Autoantikörper entdeckt, die auf den endogenen Interleukin-1-Rezeptor-Antagonisten (IL-1RA) abzielen, der die Interleukin-1-Signalübertragung und Entzündung hemmt. Frühere klinische und experimentelle Belege haben darauf hingedeutet, dass die Hemmung des proinflammatorischen Zytokins Interleukin 1 (IL-1) sowohl gegen die Herzmuskelentzündung als auch gegen die kontraktile Dysfunktion wirksam ist. Die doppelte Wirksamkeit gegen myokardiale Entzündung und kontraktile Dysfunktion macht die IL-1-Blockade zu einer geeigneten therapeutischen Option bei Myokarditis.
41 Patienten mit histologisch gesicherter Myokarditis
Bei 69 Patienten (14 bis 79 Jahre), bei denen nach der SARS-CoV-2-Impfung der klinische Verdacht auf eine Myokarditis bestand, untersuchten die Wissenschaftler die Prävalenz von Antikörpern, die IL-1RA und Progranulin neutralisieren, das die Signalübertragung des Tumornekrosefaktors hemmt. Bei insgesamt 61 Patienten wurde eine Endomyokardbiopsie (EMB) durchgeführt. Bei 40 von 61 Patienten wurde die Myokarditis histologisch belegt.
Die Untersuchung der Autoantikörper bei den Patienten mit gesicherter Myokarditis ergab unter anderem eine deutliche Alters-Abhängigkeit: So fanden die Forscher Anti-IL-1RA-Antikörper bei 9 von 12 Patienten (75 %) unter 21 Jahren; bei den älteren Patienten (mindestens 21 Jahre) betrug der Anteil nur elf Prozent (3 von 28 Patienten).
Anti-IL-1RA-Antikörper waren bei den 21 Patienten, bei denen die Biopsie die Diagnose Myokarditis ausschloss, nicht nachweisbar.
IL-1RA-Antikörper-positive Patienten mit histologisch bestätigter Myokarditis hatten einen frühen Beginn der Symptome, die meist nach Erhalt der zweiten Impfstoffdosis auftraten, und einen milderen Verlauf der Myokarditis als Patienten mit histologisch bestätigter Myokarditis, aber ohne Anti-IL-1RA-Autoantikörper.
Wie die Wissenschaftler weiter berichten, deuten aktuelle Befunde auf eine vorübergehende Hyperphosphorylierung von IL-1RA hin, die einem Zusammenbruch der peripheren Immuntoleranz vorausgeht. Im Gegensatz zu ihrer Beobachtungen bei Patienten mit Myokarditis nach SARS-CoV-2-Impfung war IL-1RA in keiner der Proben von Patienten einer Kontroll-Gruppe hyperphosphoryliert.
Darüber hinaus bestimmten die Forscher die Plasmaspiegel des freien IL-1RA. Zum Zeitpunkt der akuten Myokarditis betrug der mittlere Spiegel bei 15 Patienten, die seropositiv für Anti-IL-1RA-Antikörper waren, 236 pg/ml, bei 33 Patienten ohne Anti-IL-1RA-Antikörper 1736 pg/ ml und 1599 pg/ml bei 21 Patienten, bei denen die histologische Untersuchung eine Myokarditis ausschloss.
Diese IL-1RA-Plasmaspiegel korrelierten mit Markern der Herzschädigung wie Troponin T, Kreatinkinase, Kreatinkinase MB oder natriuretisches Peptid vom Pro-B-Typ), mit der Infiltration des Herzgewebes mit CD3+ T-Zellen und CD68+ Makrophagen sowie der systemischen Entzündung (C-reaktives Protein). Bei Patienten mit Anti-IL-1RA-Antikörpern bestand eine negative Korrelation zwischen Markern für Herzschäden und IL-1RA-Plasmaspiegeln.
Weitere Experimente zeigten darüber hinaus eine direkte Beeinträchtigung der IL-1RA-Bioaktivität nach Zugabe von Anti-IL-1RA-Antikörpern aus dem Patienten-Plasma.
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