Myokarditis bei Immuntherapie: Troponin weist früh auf schweren Verlauf hin
- Dr. med. Thomas Kron
- Medizinische Nachrichten
Kernbotschaften
Bei Tumor-Patienten ist das Herzmuskeleiwei? Troponin T geeignet für die Diagnose und Überwachung einer durch Immuncheckpoint-Inhibitoren induzierten Myokarditis. So lautet eine Schlussfolgerung, die Wissenschaftlern des Universitätsklinikums Heidelberg und der Sorbonne Universität in Paris aus ihren Forschungsbefunden zu Biomarkern bei Myokarditis unter Immuntherapie ziehen. Ihre Befunde beschreiben sie im Fachjournal Circulation.
In ihrer Studie mit 60 Krebs-Patienten, bei denen nach Behandlung mit Immuncheckpoint-Inhibitoren (ICI) kardiale Probleme, etwa Herzrhythmusstörungen, auftraten, wies der Biomarker Troponin T ab einem bestimmten Grenzwert im Blut einen schweren Verlauf einer Herzmuskelentündung mit erhöhtem Risiko für schwerwiegende kardiomyotoxische Ereignisse auf; dazu zählten unter anderen Herzversagen, ventrikuläre Arrhythmien, atrioventrikulärer Block und plötzlicher Herztod.
Fehlende Prognosefaktoren
Während einer Therapie mit ICI kann es zu lebensgefährlichen Entzündungen an verschiedenen Organen kommen. "Entzündungen des Herzens sind dabei besonders kritisch, da es bei einem Teil der Betroffenen schnell zu gravierenden Herzschäden kommen kann, wenn die Schwere der Entzündung nicht rechtzeitig erkannt und gegengesteuert wird", erläutert Professor Dr. Norbert Frey. "Es fehlen bisher noch Prognosefaktoren, um Patienten mit einem hohen Risiko für diesen schweren Verlauf möglichst frühzeitig zu identifizieren", so der Ärztliche Direktor der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Pneumologie am Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD).
Genauer Troponin-Grenzwert
Rund ein Prozent aller Patienten, die ICI erhalten, erkranken an einer Herzmuskelentzündung. Da die Entzündung anfangs meist ohne Symptome verläuft, empfehlen die Behandlungsleitlinien in den ersten Monaten der Immuntherapie einen regelmäßigen Herzcheck. Dabei werden zwar bereits Herzeiweiße wie Troponin-T erfasst, die nur dann in größeren Mengen ins Blut gelangen, wenn der Herzmuskel Schaden genommen hat. "Bisher ließ sich daraus nur auf die Herzschädigung als solche schließen. Wir haben anhand unserer Studie nun einen genauen Grenzwert definiert: Stieg die Troponin-T-Menge im Blut in den ersten 72 Stunden nach Verabreichung der Immuntherapeutika über diesen Wert an, hatten die Patienten ein hohes Risiko, im Verlauf der nächsten 90 Tage eine schwere Herzkomplikation wie Rhythmusstörungen oder Herzversagen zu entwickeln", so Erstautor Professor Dr. Lorenz Lehmann (Klinik für Kardiologie, Angiologie und Pneumologie des UKHD.
"Dagegen war das Risiko bei Patienten, deren Troponin-T unter dem Grenzwert lag, gering. Troponin-T könnte sich auf Basis unserer Ergebnisse hervorragend dazu eignen, zuverlässig und praxistauglich diejenigen Patienten zu identifizieren, die eine enge Überwachung und möglicherweise intensivere Unterstützung des Herzens benötigen." Vor der Anwendung in der Praxis müssen die Ergebnisse noch in weiteren Studien bestätigt werden, betont der Leiter der Sektion Kardio-Onkologie der Kardiologie und des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen NCT Heidelberg
Hohe Sterblichkeit bei Myokarditis mit Rhytmusstörungen
Immunbedingte unerwünschte Ereignisse (irAEs), treten, wie spanische Kardiologen kürzlich berichtet haben, bei 60% bis 80% der Patienten auf, die ICIs einnehmen. Kardiovaskuläre Ereignisse gelten als selten, werden jedoch womöglich unterschätzt. Wenn die Myokarditis mit Rhythmusstörungen einhergehe, könne die Sterblichkeit bis zu 60 Prozent betragen, berichten die Kardiologen weiter. Selbst bei geringfügigen EKG-Veränderungen könnten sich schwerwiegende kardiale Komplikationen entwickeln.
Ein erhöhtes kardiales Risiko besteht laut der Leitlinie der Europäischen Kardiologen-Gesellschaft vor allem bei dualen ICI-Therapien (z. B. Ipilimumab und Nivolumab), einer ICI-Kombinationstherapie mit anderen kardiotoxischen Therapeutika sowie bei Patienten mit ICI-bedingten, nicht kardiovaskulären Ereignissen oder einer schon länger bestehenden kardiovaskulären Erkrankung.
Herzschäden auch bei CAR- T-Zelltherapien möglich
Kardiale Komplikationen könnten nicht allein bei Immuntherapie mit ICI auftreten, sondern auch bei den modernen CAR- T-Zelltherapien, so Wissenschaftler der Universität Duisburg-Essen im European European Heart Journal. Eine der möglichen Nebenwirkungen dieser Therapie sei eine systemische Entzündungsreaktion, bei der verstärkt Zytokine im ganzen Körper ausgeschüttet würden. Das könne leichte grippeähnliche Symptome hervorrufen, aber auch zu schweren Komplikationen wie einem multiplem Organversagen führen.
"Bisher war unklar, inwiefern sich diese Entzündungsreaktion auch das Herz-Kreislaufsystem auswirkt", erklärte Professor Dr. Tienush Rassaf, Direktor der Klinik für Kardiologie und Angiologie der Universitätsmedizin Essen. Das Forscherteam hat zeigen können, dass die ausgeschütteten Botenstoffe häufig eine erhöhte Herzfrequenz und niedrigen Blutdruck verursachen, aber auch Kammerflimmern und Herzrhythmusstörungen. Insbesondere bei kardiovaskulär Vorerkrankten träten myokardiale Minderdurchblutungen, Gefäßverschlüsse und Herzversagen während einer CAR-T-Zelltherapie auf.
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