Myasthenia gravis: Zwei positive Studien, zwei neue Therapieprinzipien

  • Michael Simm
  • Studien – kurz & knapp
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Kernbotschaften

Zeitgleich berichten zwei placebo-kontrollierte Studien der Phase 3 mit 374 Patienten über die Wirksamkeit neuer Therapieprinzipien bei Myasthenia gravis: Sowohl die Blockade des neonatalen Fc-Rezeptors (FcRn) mit Rozanolixizumab als auch die Hemmung des Komplementfaktors C5 mit Zilucoplan bewirkten bei guter Verträglichkeit eine schnelle und klinisch bedeutsame Verbesserung der Aktivitäten des täglichen Lebens.

Hintergrund

Bei der seltenen Muskelerkrankung Myasthenia gravis führt die autoantikörper- und zellvermittelte Zerstörung von Acetylcholinrezeptoren zu episodischer Muskelschwäche und leichter Ermüdbarkeit. Die bisherigen therapeutischen Optionen bestehen aus der Gabe von Acetylcholinesterasehemmern, Immunsuppressiva, Kortikosteroiden, Plasmaaustausch und i.v. Immunglobulin. Neue Ziele sind der neonatale Fc-Rezeptor (FcRn), dessen Blockade die Gesamtspiegel an IgG und pathogenen Autoantikörpern senkt, sowie die Hemmung des Komplementfaktors C5.

Design

Berichtet wird über 2 doppel-blinde, Placebo-kontrollierte Studien der Phase 3: In „MycarinG“ waren 200 erwachsene ambulante Patienten eingeschlossen, die Autoantikörper gegen den Acetylcholin-Rezeptor oder die Muskelspezifische Kinase hatten. Sie erhielten wöchentlich subkutan 6 Wochen lang den FcRn-Blocker Rozanolixizumab oder Placebo. „RAISE“ hatte 174 erwachsene Patienten eingeschlossen, die allesamt Autoantikörper gegen den Acetylcholin-Rezeptor hatten. Die Patienten injizierten sich selbst 1-Mal täglich subkutan über 12 Wochen hinweg den Komplementfaktor 5-Inhibitor Zilucoplan in einer Dosierung von 0,3 mg/kg, oder Placebo. Primäres Studienziel war in beiden Untersuchungen die Veränderung bei der Myasthenia Gravis Activities of Daily Living (MG-ADL) Skala gegenüber dem Ausgangswert über die Studiendauer von 6 bzw. 12 Wochen.

Ergebnisse

  • MycarinG: In beiden Dosierungen verbesserte sich der MG-ADL-Wert unter Rozanolixizumab bei guter Verträglichkeit hochsignifikant stärker als unter Placebo (p < 0,0001):
    • Rozanolixizumab 7 mg/kg: - 3,37 Einheiten,
    • Rozanolixizumab 10 mg/kg: - 3,40 Einheiten,
    • Placebo: - 0,78 Einheiten.
  • RAISE: Unter Zilucoplan verbesserten sich die Patienten bei einem „günstigen“ Sicherheitsprofil hochsignifikant stärker als unter Placebo (p = 0,0004):
    • Zilucoplan 0,3 mg/kg: - 4,39 Einheiten,
    • Placebo: - 1,43 Einheiten.

Klinische Bedeutung

Der Kommentator Jan Verschuuren (Leiden) stuft die Verbesserung unter beiden Dosierungen von Rozanolixizumab ebenso wie das Resultat mit Zilucoplan als klinisch bedeutsam ein und nennt diese Therapien „gut verträglich“. In beiden Medikamentenklassen gibt es konkurrierende Präparate, für die bereits positive Resultate vorliegen, allerdings werden diese (Efgartigimod und Eculizumab) intravenös verabreicht. „Mit der Ankunft dieser neuen Medikamente erreichen wir eine neue Ära der Behandlung dieser Autoimmun-Muskelkrankheit“, so Verschuuren. Wegen ihrer schnellen Wirksamkeit und guten Verträglichkeit könnten die neuen Arzneien auch in der frühen Phase der Krankheit geeignet sein, um eine Remission zu erreichen.

Finanzierung: UCB Pharma.