MVZ: Ärztliche Leitung spielt zentrale Rolle
- Presseagentur Gesundheit (pag)
- Im Diskurs
Medizinische Versorgungszentren (MVZ) geben seit ihrer Einführung Anlass zu Diskussionen. Die Verwandtschaft zu den Polikliniken der DDR hat immer wieder auch ideologisch motivierte Debatten hervorgebracht. Zahlreiche gesetzliche Modifikationen waren die Folge. Jetzt soll ein Gutachten Klarheit bringen.
MVZ sollten helfen, das Gesundheitssystem moderner zu gestalten, so steht es im gleichlautenden Gesetz, das im Jahr 2004 in Kraft getreten ist. Das Bundesgesundheitsministerium hat im Februar 2020 ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben (Link am Ende des Beitrags), das die zeitgeschichtliche Entwicklung der MVZ-Regulierung seit Einführung dieses Leistungserbringertyps im Jahr 2004 untersucht. Vorgelegt wird die 193-seitige Untersuchung von den beiden Juristen Prof. Andreas Ladurner (Aalen), Prof. Ute Walter (München/Regensburg) und der Ökonomin Prof. Beate Jochimsen (Berlin). Zentrales Ergebnis: Neue Maßnahmen zum Schutz der Behandlungsqualität in MVZ vor sachfremden Einflüssen der Träger sehen die Gutachter als nicht erforderlich an.
MVZ in ärztlicher Trägerschaft besser?
Im Rahmen einer Literaturrecherche gingen die Autoren der immer wieder auftauchenden Frage nach, ob es Unterschiede in der Versorgungsqualität zwischen MVZ in Eigenbesitz von Ärzten und in Fremdbesitz (nichtärztlich) gibt. Aus Mangel an empirischen Daten konnten die Gutachter „die Bedenken des Gesetzgebers, von gewissen nichtärztlichen MVZ-Trägern gingen Gefahren für die Versorgungsqualität in MVZ aus“ nicht ausräumen oder bestätigen. Weil dieser Verdacht nicht ausgeräumt werden konnte, ist damit zu rechnen, dass er auch weiterhin ins Feld geführt werden wird.
Arzt ist immer ein freier Beruf - auch in jedem MVZ
Es wird unterschieden zwischen Eigenkapitalgebern, die als strategische Investoren gelten und quasi schon Teil des Gesundheitssystems sind und Finanzinvestoren. Die Strategen (zum Beispiel Krankenhäuser) verfolgen operative Zwecke wie eine bessere Auslastung. Finanzinvestoren haben Gewinninteressen ohne Branchenzugehörigkeit. Vor allem sie stehen im politischen Diskurs am Pranger. Sie würden mit „überwiegend negativ konnotierten und abwertenden“ Begriffen belegt wie „internationale Fremdinvestoren“ oder „versorgungsfremde Gesellschafterstruktur“. Niedergelassene Ärzte hingegen würden ihre Tätigkeit auch zur Gewinnerzielung ausüben und in einem als GmbH verfassten MVZ als Kaufleute im Rechtssinn ein Handelsgewerbe betreiben. Es gebe kein gutes und schlechtes Kapital genauso wenig wie gute und schlechte Eigentümer. Alle Marktteilnehmer würden der ökonomischen Theorie zufolge anstreben, ihren Gewinn oder ihr Einkommen zu maximieren.
Die Autoren klären auch die in der öffentlichen Debatte oftmals missverständlich benutzten Begrifflichkeiten von Freiberuflichkeit und Selbstständigkeit. Auch angestellte Ärzte arbeiten freiberuflich, weil der Arzt/die Ärztin seiner „Natur nach ein freier Beruf ist“, so steht es in der ärztlichen Berufsordnung.
Ausgewählte Ergebnisse des Gutachtens:
• Die durch das TSVG eingeführten Versorgungshöchstquoten für zahnärztliche MVZ erscheinen (verfassungsrechtlich) fraglich. Soweit Unternehmen unbeschränkt zugelassene Krankenhäuser – sowie mittels dieser – ärztliche MVZ betreiben dürfen, lässt sich ein partielles Tätigkeitsverbot für zahnärztliche MVZ kaum mit dem allgemeinen Gleichheitssatz in Einklang bringen. Bei der notwendigen abstrahierenden Betrachtung ist jedenfalls nicht erkennbar, dass sich die Gesundheitsgefahren für Versicherte in zahnärztlichen MVZ größer darstellen als in der stationären zahnärztlichen Behandlung oder im ambulanten oder stationären ärztlichen Bereich.
• Mit Wegfall des Wesensmerkmals der Fachübergreiflichkeit hat sich das MVZ von einer Versorgungsform in Richtung einer Organisationsform verändert. Um die Kontur des Leistungserbringertyps MVZ zu schärfen, sollte eine Mindestgröße für MVZ im Umfang von drei vollen Versorgungsaufträgen gesetzlich vorgesehen werden.
• Die bislang vom Gesetzgeber ergriffenen Maßnahmen, die Behandlungsqualität in MVZ von sachfremden Einflüssen abzuschirmen, bewerten die Gutachter je nach Maßnahme uneinheitlich: Überzeugend ist die Stärkung des ärztlichen Leiters im MVZ. Ihm kommt eine zentrale Rolle zu, zum Beispiel durch Einführung eines besonderen Abberufungs- oder Kündigungsschutzes.
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