Meta-Analyse bescheinigt Cholinesterasehemmern Wirksamkeit bei psychotischen Symptomen
- Michael Simm
- Studien – kurz & knapp
Kernbotschaften
Eine Meta-Analyse von 17 Studien mit den individuellen Daten von 6649 Alzheimer- und Parkinsonpatienten ergab, dass die Cholinesterasehemmer Donepezil, Rivastigmin und Galantamin Halluzinationen und Wahnvorstellungen reduzieren können. Die Effektstärken lagen allerdings nur zwischen 0,08 und 0,14, was im Allgemeinen als geringe bis mäßige Wirkung interpretiert wird.
Hintergrund
Bei neurodegenerativen Erkrankungen wie Morbus Alzheimer oder Parkinson erhöhen psychotische Symptome oftmals die Belastung sowohl für die Patienten wie auch deren Pfleger und Angehörige. Die Medikamentenklasse der Cholinesterasehemmer (ChEI) kann nicht nur kognitive Funktionen verbessern, sondern möglicherweise auch Symptome wie Verwirrung und Desorientierung lindern. In den bisherigen Studien zu dieser Frage wurden neuropsychiatrische Symptome allerdings lediglich als sekundäre Studienziele bzw. in ihrer Gesamtheit erfasst. Dadurch würden womöglich die spezifischen Wirkungen der ChEI auf psychotische Symptome verschleiert, begründen die Autoren ihre Studie.
Design
Meta-Analyse zur quantitativen Erfassung des Gebrauchs von ChEI für die Behandlung individueller neuropsychiatrischer Symptome - insbesondere Halluzinationen und Wahnvorstellungen – bei Patienten mit Alzheimer- und Parkinson-Krankheit sowie Lewy-Körperchen-Demenz. Durchsucht wurden die Literaturdatenbanken PubMed (MEDLINE), Embase und PsychInfo sowie die in den gefundenen Artikeln angeführten Referenzen bis zum 21. April 2022. Ausgewählt wurden Placebo-kontrollierte, randomisierte klinische Studien, bei denen die Patienten in mindestens einem Behandlungsarm Donepezil, Rivastigmin oder Galantamin erhalten hatten.
Ergebnisse
- Zur Analyse wurden 34 Studien ausgewählt. Individuelle Daten gab es aus 17 Studien mit insgesamt 6649 Personen im durchschnittlichen Alter von 75,0 Jahren, darunter 62,6 % Frauen.
- In den 12 Studien zur Alzheimer-Demenz traten unter ChEI weniger Wahnvorstellungen und Halluzinationen auf. Die Effektgrößen, 95%-Konfidenzintervalle und P-Werte betrugen:
- Wahnvorstellungen: - 0,08 (- 0,14 bis 0,03; 0,006)
- Halluzinationen: - 0,09 (- 0,14 bis 0,04; 0,003).
- In den 5 Studien zum Morbus Parkinson traten unter ChEI ebenfalls weniger Wahnvorstellungen und Halluzinationen auf:
- Wahnvorstellungen: - 0,14 (- 0,26 bis – 0,01; 0,04)
- Halluzinationen: - 0,08 (- 0,13 bis – 0,03; 0,01)
- Zur Lewy-Körperchen-Demenz gab es keine Studien mit individuellen Daten.
Klinische Bedeutung
Die Meta-Analyse individueller Daten deutet auf einen Nutzen von ChEI bezüglich der Reduktion von psychotischen Symptomen bei Patienten mit Alzheimer-Demenz und Morbus Parkinson. Sie könnten somit eine Alternative zu spezifisch antipsychotischen Medikamenten darstellen, die teilweise mit schweren Nebenwirkungen behaftet sind. Allerdings lässt sich aus der Publikation nicht ohne weiteres erkennen, ob die zugrunde liegenden Studien repräsentative Patientenpopulationen eingeschlossen hatten, oder ob die Teilnehmer möglicherweise wegen einer besonders ausgeprägten psychotischen Symptomatik ausgewählt wurden.
Finanzierung: ZonMW (Niederländische Organisation für Gesundheitsforschung und Gesundheitsinnovation).
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