Mehr alte Menschen und Hitzewellen erfordern mehr Prävention
- Dr. med. Thomas Kron
- Medizinische Nachrichten
Große Hitze ist bekanntlich nicht nur unangenehm, sondern zudem gefährlich, insbesondere für alte Menschen und das Herz-Kreislaufsystem. Hitzeexposition sei jedoch ein unterschätzter kardiovaskulärer Risikofaktor, schreiben die Autoren einer systematischen Studienanalyse. Ergebnis der Studienauswertung war ein signifikanter Zusammenhang zwischen Temperaturzunahme und Mortalität sowie Herz-Kreislauferkrankungen. Nach den Ergebnissen einer Metaanalyse der australischen Arbeitsgruppe, könnte bereits eine Temperaturerhöhung von nur einem Grad zu einem deutlichen Anstieg von Todesfällen aufgrund von Herz-Kreislauferkrankungen führen, berichtet „Coliquio“. Die weit verbreitete Hitze-Exposition in Verbindung mit einem Anstieg des Anteils älterer Menschen könnte zu einer Zunahme von Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen, schreiben die Autoren. Es seien daher evidenzbasierte Präventionsmaßnahmen erforderlich, um die weltweite Gesamtbelastung durch hitzebedingte Morbidität und kardiovaskuläre Mortalität zu senken.
Auch Deutschland betroffen
Die Sorgen sind nicht neu: Schon seit Jahren warnen Klimaforscher vor der Zunahme gefährlicher Hitzewellen, so etwa Dr. Camilo Mora von der Universität von Hawaii in Honolulu. Gegenwärtig seien rund 30 Prozent der Weltbevölkerung an wenigstens 20 Tagen im Jahr potenziell tödlicher Hitze ausgesetzt, so der Klimaforscher. 2100 könnten es sogar 48 Prozent und mehr sein, selbst dann, wenn die Treibhausgas-Emissionen drastisch reduziert würden. Auch Deutschland soll zunehmend betroffen sein: Es gebe in Deutschland immer mehr Hitzetote, berichtete zum Beispiel Ende 2020 die „Tagesschau“.
Dass das Thema Gesundheitsrisiken durch extreme Hitze an Bedeutung gewinne, habe auch ein Bericht der Arbeitsgruppe I des Weltklimarats IPCC gezeigt, so das „Science Media Center“ letztes Jahr; in dem Bericht sei abermals eine direkte Verbindung des menschengemachten Klimawandels und der Häufigkeit von Extremwetter-Ereignissen hergestellt worden.
Welche Folgen extreme Hitze haben kann, ist in Europa und auch Deutschland im „Jahrhundert-Sommer“ 2003 deutlich geworden: In Europa seien mehr als 50 000 und in Deutschland etwa 5000 Menschen zusätzlich an den Folgen der Hitzebelastung gestorben, berichteten vor wenigen Jahren Dr. Maxie Bunz und Dr. Hans-Guido Mücke vom Umweltbundesamt in Berlin („Bundesgesundheitsblatt“).
„Eine Schlüsselstellung in der Prävention hitzebedingter Gesundheitsgefährdungen könnten niedergelassene Ärztinnen und Ärzte einnehmen, erklärte Dr. Henny Annette Grewe, Professorin am Fachbereich Pflege und Gesundheit der Hochschule Fulda, gegenüber dem „Science Media Center“. Niedergelassene Ärzte und Ärztinnen wüssten, „welcher ihrer Patientinnen und Patienten welche Krankheiten und damit Risikofaktoren hat, wer welche Medikamente einnimmt, wo diese Menschen wohnen und – im Idealfall – wie es um deren sozialen Netzwerke bestellt ist und welche Ressourcen ihre Patientinnen und Patienten haben“.
Ein Leitfaden für den Schutz alter Menschen
„Hitze kann erhebliche gesundheitliche Schäden bei Seniorinnen und Senioren hervorrufen“, erinnert auch Professor Dr. Nils Schneider, Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin und Palliativmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Gemeinsam mit einem geriatrisch-allgemeinmedizinischen Expertenteam hat er daher einen Leitfaden „Hilfe bei Hitze in Heimen“ erstellt. Der Leitfaden enthält zahlreiche Tipps für die Leiter und das Pflegepersonal von Pflegeheimen, für Hausärzte sowie für Angehörige von Heimbewohnern. Viele der praktischen Maßnahmen seien aber auch außerhalb von Heimen, beispielsweise bei der Betreuung älterer Menschen zu Hause, anwendbar, heißt es in einer Mitteilung der MHH.
Für ältere Menschen und Personen mit chronischen Vorerkrankungen besteht bei hohen Temperaturen die Gefahr von Stürzen, Austrocknung, Verwirrtheit und Kreislaufkollaps oder -stillstand. In dem Leitfaden „Hilfe bei Hitze in Heimen“ finden sich fachliche Hinweise zur Vermeidung von Gesundheitsrisiken. Thematisiert werden unter anderem Hitzewarnstufen, Symptome einer Austrocknung und Flüssigkeitszufuhr und -kontrolle. Darüber hinaus erinnert der Leitfaden daran, was bei älteren Patientinnen und Patienten mit bestimmten Erkrankungen sowie bei der Gabe und Dosis von Medikamenten wie beispielsweise Diuretika, Antihypertensiva und Neuroleptika bedacht werden muss. „Besonders gefährdet sind Menschen, die eine Vielzahl an Medikamenten einnehmen. Hier kann nach ärztlicher Rücksprache eine Reduktion der Dosis von bestimmten Medikamenten nützlich sein“, sagt Privatdozent Dr. Olaf Krause, Geriater im DIAKOVERE Henriettenstift und Leiter des interdisziplinären Expertenteams der MHH.
„Das Fachpersonal in Heimen hat viele Möglichkeiten, die Auswirkungen hoher sommerlicher Temperaturen abzuwenden“, sagt Krause. „Es gibt aber auch ganz einfache Maßnahmen, die älteren Menschen helfen, Hitzeperioden gut zu überstehen, egal ob im Heim oder zu Hause.“ Zu diesen Maßnahmen zählen zum Beispiel:
- Jalousien/Vorhänge in den Zimmern
- Ventilatoren in den Zimmern
- Taschenventilatoren für Luftstrom ins Gesicht
- Umstellung des Essens (etwa Kaltschale statt Suppe)
- Ausreichende Flüssigkeitsaufnahme (ca. 1,5 Liter pro Tag, Mineralwasser mit wenig Kohlensäure, Schorle).
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