Mehr als 22 000 Kinder kommen jährlich in Deutschland durch künstliche Befruchtung zur Welt

  • Studien – kurz & knapp
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Von Dr. Nicola Siegmund-Schultze

Kernbotschaften

Die Zahl der durch künstliche Befruchtung gezeugten Kinder hat sich in den letzten 20 Jahren in Deutschland verdoppelt. Zur Zeit werden jährlich zwischen 22 000 und 22 500 Kinder nach In-vitro-Fertilisierung (IvF) geboren. Das entspricht der Bevölkerungszahl einer mittelgroßen Stadt. Die Geburtenrate pro Embryonentransfer im Frischzyklus liegt bei 23,5 % und im Kryozyklus bei 21,1 %. Aktuell sind die nach IvF geborenen Kinder zu circa 83 % Einlinge, die übrigen meist Zwillinge. Drillinge sind mit 0,3 % sehr selten.

Hintergrund

Im Sommer 1978 wurde das erste so genannte Retortenbaby geboren: im Allgemeinen Krankenhaus von Oldham im Nordwesten Englands. Die Gynäkologen Patrick C. Steptoe und Robert G. Edwards berichteten darüber in einem Brief an die Zeitschrift Lancet (1). Das Mädchen kam nach 38 Schwangerschaftswochen per Kaiserschnitt gesund auf die Welt. Im April 1982 wurde erstmals in Deutschland ein Kind nach IvF geboren, an der Universitätsklinik Erlangen. Schon damals wurde das Deutsche IVF-Register initiiert. Zum 40. Jahrestag gibt es nun umfangreiches Datenmaterial (2).

Design

  • Analyse der Daten aus dem Deutschen IVF-Register mit Schwerpunkt von 1997 bis 2020

Hauptergebnisse

  • 140 reproduktionsmedizinische Zentren stellen dem Register Daten zur Verfügung, die meisten also
  • Von 1997 bis zum Jahr 2020 wurden 363.940 Geburten nach IvF im Register erfasst, das entspricht etwa der Bevölkerungszahl von Bochum oder Wuppertal
  • 1997 waren 6.577 Kinder nach künstlicher Befruchtung geboren worden, im Jahr 1999 schon 10.100 Kinder und in 2020 dann 22.209 Babies. 62.431 Frauen wurden in 2020 reproduktionsmedizinisch behandelt.
  • Die Anzahl der Behandlungszyklen pro Frau beträgt durchschnittlich 1,9.
  • Die Geburtenrate pro Embryotransfer lag 2020 im Frischzyklus bei 23,5 % und im Kryozyklus bei 21,1 %.
  • In der Altersgruppe der Frauen von 30-34 Jahren beträgt die Geburtenrate pro Embryotransfer 30,0 %, in der Altersgruppe der 41-43jährigen Frauen aber nur 8,2 %.
  • Die Mehrlingsrate konnte kontinuierlich verringert werden: Sie lag im Jahr 1997 noch bei 41,3 % und im Jahr 2020 bei 16,6 % im Frischzyklus (16,3 % Zwillinge, 0,3 % Drillinge). Im Kryozyklus betrug die Mehrlingsrate 11,0 %.
  • Grund für die Abnahme sind vor allem mehr Single Embryo Transfers. Ziel ist, die Risiken für Mutter und Kind durch Mehrlingsschwangerschaften so niedrig wie möglich zu halten.
  • Das Risiko von Überstimulationen als Folge der Hormontherapie lag bei 0,5 %, Komplikationen bei der Eizellentnahme wie Blutungen traten bei 0,8 % auf.

Klinische Bedeutung

Die Zahl der nach IvF geborenen Kinder hat in Deutschland bis zum Jahr 2018 fast kontinuierlich zugenommen auf circa 22.000 Kindern jährlich.

Als qualitativ positive Entwicklung wird vor allem die sinkende Rate der Mehrlingsschwangerschaften gesehen. Ziel sei, diese wie in skandinavischen Ländern auf etwa 5 % zu senken.

Man warte auf die Umsetzung der im Koalitionsvertrag vereinbarten Änderungen der gesetzlichen Regelung zur Reproduktionsmedizin (3). Danach würde der elektive Single Embryo Transfer erlaubt, also die Auswahl eines besonders entwicklungsfähigen Embryos für den Transfer in die Gebärmutter. Außerdem sei eine Legalisierung der Spende von Vorkernstadien geplant und die Übernahme der Kosten für die IvF durch die gesetzlichen Krankenkassen.

Finanzierung: DIR