Mega-Analyse findet keinen großen Nutzen von Bewegung für die Kognition

  • Michael Simm
  • Studien – kurz & knapp
Der Zugang zum gesamten Inhalt dieser Seite ist nur Angehörigen medizinischer Fachkreise vorbehalten. Der Zugang zum gesamten Inhalt dieser Seite ist nur Angehörigen medizinischer Fachkreise vorbehalten.

Kernbotschaften

Die Behauptung, dass regelmäßige körperliche Übungen sich positiv auf die Kognition im Verlauf des Lebens auswirken, konnte in einem „Umbrella Review“ nicht belegt werden. Ausgewertet wurden 24 Meta-Analysen mit ausschließlich randomisierten Studien und 11266 Teilnehmern.

Hintergrund

Zahlreiche Forschungsarbeiten haben einen Zusammenhang zwischen lebenslanger regelmäßiger körperlicher Betätigung und einer verbesserten Kognition aufgezeigt. Dies hat auch vielerorts die Gesundheitspolitik beeinflusst, und – im Einklang mit Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation – zu Maßnahmen geführt, mit denen die sportliche Betätigung gefördert werden soll. Die Autoren der aktuellen Studie waren allerdings skeptisch, ob ein kausaler Zusammenhang besteht, und haben in einem „Umbrella Review“ die Ergebnisse systematischer Übersichtsarbeiten zusammengetragen und neu analysiert.

Design

Umbrella Review zum Nutzen regelmäßiger körperlicher Betätigung für die Kognition unter Berücksichtigung von Meta-Analysen randomisierter klinischer Studien. Durchsucht wurden die Literaturdatenbanken Scopus und PubMed. Von ursprünglich 2000 Referenzen blieben nach dem Screening noch 24 Meta-Analysen übrig, in denen wiederum 271 originäre Studien enthalten waren. Daraus wählten die Forscher 109 mit 11266 gesunden Teilnehmern aus, welche die Einschlusskriterien erfüllten, und berechneten jeweils die Effektstärken (Cohens d). Die Effektstärke ist ein Maß für den standardisierten Mittelwertsunterschied zweier Gruppen. Per Definition beträgt dieser Wert 1, wenn die Interventionsgruppe sich um eine Standardabweichung von der Kontrollgruppe unterscheidet.

Ergebnisse

  • 22 der 24 Meta-Analysen hatten einen positiven Effekt körperlicher Aktivitäten auf die Kognition der gesunden Teilnehmer gefunden. Die mediane Effektgröße (Cohens d) betrug 0,29.
  • Die Meta-Analysen hatten die Daten von jeweils median 78 Teilnehmern zusammengefasst, die aus 2 bis 63 Studien (median 11) extrahiert worden waren, wobei eine „Meta-Analyse“ auf Basis einer einzigen Studie in der aktuellen Arbeit nicht berücksichtigt wurde.
  • Die anfänglich noch statistisch signifikanten Unterschiede zwischen Interventions- und Kontrollgruppen schrumpften bei der Auswertung der primären Studien auf d = 0,22.
  • Nachdem in den Berechnungen Einflussgrößen wie aktive Kontrollen und unterschiedliche Anfangswerte berücksichtigt wurden, betrug d nur noch 0,13.
  • Als die Forscher schließlich auch noch Verzerrungen zugunsten positiver Ergebnisse bei der Publikation (Publication Bias) hineinrechneten, ergab sich eine „vernachlässigbare“ Effektgröße d = 0,05 mit einem 95%-Konfidenzintervall von – 0,09 bis 0,14.

Klinische Bedeutung

Die positiven Auswirkungen chronischer körperlicher Betätigung auf die Kognition waren bislang unumstritten, schreiben die Autoren. Mit ihrer Meta-Meta-Analyse zeigen sie indes, dass die diesbezüglichen öffentlichen Empfehlungen nicht durch harte wissenschaftliche Fakten gedeckt sind. Generell haben die Forscher aber keine Zweifel am Nutzen körperlicher Betätigung, denn deren Vorteile für die physische Gesundheit seien an sich schon ausreichend, um eine Evidenz-basierte Gesundheitspolitik zu rechtfertigen, die regelmäßige körperliche Übungen unterstützt.

Finanzierung: Individuelle Forschungsstipendien der Junta de Andalucía, des spanischen Bildungs- und Wirtschaftsministeriums, und der Universität Juan Carlos, Madrid.