Mastozytosen - Folge 2: vom Symptom zur Diagnose
- Dr. med. Thomas Kron
- Medizinische Nachrichten
Die Mastozytose umfasst ein breites Spektrum klinischer Manifestationen mit vielen unterschiedlichen Symptomen. Die am häufigsten genannten Symptome sind Juckreiz, Rötungen und Schwellungen der Haut, Flush-Episoden, abdominelle Schmerzen und Diarrhö, muskuloskelettale Schmerzen, allgemeine Abgeschlagenheit, anfallsartige Kopfschmerzen und Konzentrationsstörungen.
Drei Fallgeschichten
Welche Symptome Mastozytose-Patienten haben können, zeigen auch ein paar Fallgeschichten, so etwa die Krankengeschichte eines 61-jährigen Mannes, die US-Ärzte um Dr. Annia Cavazos vom „Texas Tech University Health Sciences Center“ in Lubbock geschildert haben.
Danach stellte sich der Patient mit einem seit zehn Jahren chronisch fortschreitenden genitalen Hautausschlag vor. Eine familiäre Vorgeschichte von allergischen Reaktionen oder Hautmanifestationen habe er verneint. Die körperliche Untersuchung ergab den Autoren zufolge ausgedehnte braune Papeln und Flecken, vor allem am Rumpf und den oberen Extremitäten. Das Reiben der Läsionen führte zu urtikariellen Quaddeln, die mit einem positiven Darier-Zeichen übereinstimmt (das Darier-Zeichen gilt als ein charakteristisches Zeichen bei einer Mastozytose. Um es auszulösen, streicht man mit einem Holzspatel mehrmals über eine Papel. Bei Quaddelbildung und Rötung gilt das Zeichen als positiv).
Die Ergebnisse eines kompletten Blutbildes, eines peripheren Abstrichs und eines kompletten Stoffwechselpanels waren unauffällig; die Tryptase war mit 13,9 mcg/l leicht erhöht (normal <11,0 mcg/l). Die histologische Untersuchung einer Papel zeigte eine deutlich erhöhte Zahl von Mastzellen in der oberflächlichen Dermis, eine Hyperpigmentierung der Basalschicht mit verstreuten Lymphozyten und Eosinophilen und CD-117-positive Mastzellen im Infiltrat, was die Diagnose einer Mastozytose bestätigte.
Eine andere Krankengeschichte haben kürzlich Ärzte der Universität Tehran geschildert. Dabei handelte es sich, wie von Univadis bereits berichtet, um die Krankengeschichte einer 63-jährigen Frau, die über zunehmend starke chronische Unterleibsschmerzen ohne Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, Hautausschläge oder Rötungen klagte. Die bildgebende Diagnostik ergab eine unklare Masse im Zökum. Die postoperative histologische Untersuchung ergab den seltenen Befund einer isolierten Mastozytose im Gastrointestinaltrakt.
Die Krankengeschichte einer weiteren Mastozytose-Patientin, und zwar einer 23-jährigen Frau, haben taiwanesische Ärzte geschildert. Die junge Patientin litt nach Angaben der Autoren seit zwei Monaten an intermittierend auftretenden Gesichtsrötungen und Herzklopfen sowie Tachypnoe. Vier Monate später habe sie über zusätzlich aufgetretene Bauchschmerzen und einen Gewichtsverlust von 5 kg innerhalb von zwei Wochen geklagt. Untersuchungen ergaben als Ursachen eine systemische Mastozytose und ein retroperitoneales Mastzellensarkom.
So werden Mastozytosen diagnostiziert
Wie sollte nun die Diagnose geklärt werden, wenn Verdacht auf eine Mastozytose besteht? Außer einer ausführlichen Anamnese, in der vor allem auch anaphylaktische Ereignisse, etwa nach Hymenopterenstichen und Nahrungsmittel, gezielt erfragt werden sollten, sei ein kompletter Status inklusive Begutachtung der gesamten Haut, Tastbefund von Lymphknoten und inneren Organen wie Leber und Milz wichtig, erklären Dr. Karin Jäger und Professor Tamar Kinaciyan von der Klinik für Dermatologie der Medizinischen Universität Wien.
Gebe es Anhaltspunkte für Allergien sei eine weitere Abklärung indiziert. Initial sollten nach Angaben der Dermatologin und ihres Mitautoren bei Verdacht auf Mastozytose stets ein Differenzialblutbild, Leber- und Nierenfunktionsparameter, Kalzium, alkalische Phosphatase und die Serum-Tryptase bestimmt werden. Bei Erwachsenen und Verdacht auf systemische Mastozyose seien zusätzlich indiziert eine Knochenmarkstanze bzw. -ausstrich, eine KIT-Mutationsanalyse aus dem Knochenmark, eine Abdomen- und Lymphknotensonographie und eine Knochendensitometrie.
Ein wichtiger Laborwert ist der Serum-Spiegel der Tryptase. Das Enzym werde hauptsächlich von Mastzellen ausgeschüttet und korreliere mit der Mastzell-Last, erklären Karin Jäger und Tamar Kinaciyan weiter. Der Referenzwert liege für die meisten Laboratorien zwischen 1–11,4 ng/ml. Wichtig für die Bestimmung des Tryptase-Basiswertes sei, dass nach einer Anaphylaxie mit der Blutabnahme mindestens 48 Stunden gewartet werde. Ein Wert über 20 ng/ml gelte als pathologisch. Bei einem erhöhten Wert sollte die Untersuchung immer wiederholt werden. Bei anhaltendem Werten über 20 ng/ml sei eine Knochenmarkbiopsie auch dann indiziert, wenn Hautläsionen fehlten. Bei Kindern sei eine Knochenmarkbiopsie bei Serum- Tryptase-Werten > 100 ng/ml, ausgeprägter Zytopenie, Lymphopenie und/ Splenomegalie vorzunehmen. Zu beachten sei allerdings, dass erhöhte Tryptasewerte auch bei anderen myeloischen Neoplasien, bei schwerer chronischer Niereninsuffizienz, chronischer Helminthose oder bei hereditärer Hyper-α-Tryptasämie vorkommen könnten.
Das Hauptkriterium für eine kutane Beteiligung bei einer Mastozytose seien typische Hautläsionen mit positivem Darier-Zeichen. Liege es vor, sei eine Hautbiopsie bei Kindern nicht erforderlich. Bei nicht auslösbarem Darier-Zeichen und bei Erwachsenen sollte eine Hautbiopsie vorgenommen werden und auf Nebenkriterien (erhöhte Anzahl von Mastzellen in den histologischen Schnitten der Biopsie, aktivierende KIT-Mutation in läsionaler Haut) untersucht werden.
Zur Diagnose einer systemischen Mastozytose werde das Knochenmark (KM) mittels Histologie, Ausstrich und ggf. Durchflusszytometrie des Aspirats untersucht. Bei einer systemischen Mastozytose fänden sich in der Regel dichte multifokale Mastzellinfiltrate im Knochenmark. Ein Nebenkriterium für die Diagnose einer systemischen Mastozytose sei eine KIT-Mutation; sie sei bei mindestens 80–90 % der Patienten nachweisbar nachweisbar (in über 95 Prozent der Fälle KIT-D816V9). Empfohlen werde die Bestimmung in Knochenmark und peripherem Blut.
In der dritten und letzten Folge wird beschrieben, welche neuen Therapien für Patienten mit Mastozytosen verfügbar sind.
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