Masern-Impfpflicht: Ethikrat fordert Debatte auch auf Erwachsene auszuweiten

  • Andrea Hertlein
  • Medizinische Nachrichten
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Kernbotschaft

Der Deutsche Ethikrat fordert eine differenziertere Debatte zur Erhöhung der Impfquote. Im Hinblick auf Forderungen nach einer Impfpflicht gegen Masern kritisierte das Gremium vor allem eine "unzulässige Verengung der Diskussion auf Kinder" sowie den „unscharfen Umgang“ mit dem Begriff der Impfpflicht. Zeitgleich begann am Mittwoch die europäische Impfwoche.

Debatte kreist ausschließlich um Kinder

Zu Recht wird derzeit nach Ansicht des Deutschen Ethikrates intensiv über Maßnahmen zur Erhöhung der Impfquote für Masern diskutiert. Allerdings werde die Debatte verkürzt geführt und der Fokus zu sehr auf Kinder gelegt, heißt es in einer aktuellen Erklärung des Gremiums. Dabei seien fast die Hälfte aller an Masern Erkrankten in Deutschland Erwachsene, mit in den letzten Jahren ansteigender Tendenz. Entsprechende Maßnahmen zur Erhöhung der Masernimpfquote müssten daher sowohl Kinder als auch Erwachsene einbeziehen, da ein wirksamer Gemeinschaftsschutz eine bevölkerungsweite Quote für beide Masernimpfungen von 95 Prozent voraussetzt. Diese könne nur erreicht werden, wenn sich insgesamt mehr Erwachsene impfen lassen. Vor allem Menschen, von denen, etwa berufsbedingt, ein erhöhtes Infektionsrisiko für andere ausgeht, stünden laut Gremium in einer besonderen Verantwortung.

Unzureichende Berücksichtigung der Datenlage

Nach Ansicht des Ethikrates werde zudem die Datenlage nur „unzureichend berücksichtigt“. Danach haben relativ viele Kinder eine Erstimpfung gegen Masern erhalten. Zum Zeitpunkt der Einschulung seien sogar 97,1 Prozent von ihnen geimpft. Probleme entstünden vielmehr durch die unzureichende Quote von 92,9 Prozent bei den Zweitimpfungen, sowie aufgrund beträchtlicher regionaler Unterschiede.

Die Wissenschaftler beklagen zudem eine "Unschärfe" des Begriffs Impfpflicht, da unklar sei, wie sie durchgesetzt werden solle. "Denkbare Sanktionen wären je nach Adressaten etwa Bußgelder, Ausschluss aus Kindertagesstätten oder Schulen, Einschränkungen der ärztlichen Berufsfreiheit oder sogar körperliche Zwangseingriffe", heißt es in der Mitteilung. Erst die Präzisierung der Ausgestaltung einer Impfpflicht und ihrer Durchsetzung ermögliche eine angemessene ethische und rechtliche Abwägung.

Während der Ethikrat nach eigenen Angaben noch vor der im Juli beginnenden Sommerpause des Bundestages eine umfangreichere Stellungnahme zu dem Thema vorlegen will, begann am Mittwoch die Europäische Impfwoche. Europäische Union und die Weltgesundheitsorganisation WHO nahmen dies zum Anlass und warben gemeinsam für das Impfen.