Marktzugang für neue Arzneien in den USA offenbar leichter als in Deutschland

  • Michael Simm
  • Studien – kurz & knapp
Der Zugang zum gesamten Inhalt dieser Seite ist nur Angehörigen medizinischer Fachkreise vorbehalten. Der Zugang zum gesamten Inhalt dieser Seite ist nur Angehörigen medizinischer Fachkreise vorbehalten.

Kernbotschaften

Unter etwa 600 neuen Medikamenten, die seit dem Jahr 2004 in den USA und der EU zugelassen wurden, haben 92 % den US-Markt erreicht, aber nur 80 % den deutschen Markt. Dies geschah zudem mit einer Verzögerung von durchschnittlich 4 Monaten.

Hintergrund

Obwohl die Zulassungsverfahren für neue Arzneien in den USA und der EU sich ähneln, gibt es nationale Unterschiede bei der Erstattung und Bepreisung, die sich auf die Verfügbarkeit auswirken. Dies hat ein Dreier-Team aus deutschen, britischen und US-amerikanischen Ökonomen zum Anlass für eine Vergleichsstudie genommen.

Design

Retrospektive Kohortenstudie zur initialen Verfügbarkeit neuer Medikamente, für die von den Zulassungsbehörden in Deutschland und den USA zwischen den Jahren 2004 und 2018 insgesamt 599 Erstzulassungen erteilt wurden. Ausgeschlossen wurden dabei Generika, Biosimilars, Impfstoffe und Kombinationsarzneien.

Ergebnisse

  • Unter den 599 potenziellen Therapien waren in Deutschland 80 % verfügbar; in den USA waren es 92 %.
  • Die mediane Verzögerung bis zur Verfügbarkeit auf dem deutschen Markt betrug 4 Monate (95%-Konfidenzintervall -44,40 bis 44,76 Monate).
  • 49 Arzneien wurden in Deutschland zugelassen, nicht aber in den USA. 75 % dieser Arzneien waren von der US-Zulassungsbehörde FDA abgelehnt worden, der Antrag wurde zurückgezogen, oder es gab dafür in den USA äquivalente Wirkstoffe.
  • Größere Unterschiede gab es bei den Arzneien, die als Orphan Drugs klassifiziert wurden. Hier wurden von 57 in Deutschland abgelehnten Anträgen annähernd die Hälfte (46,34 %) in den USA bewilligt. Dagegen wurden von 9 in den USA abgelehnten Anträgen 7 in Deutschland ebenfalls abgelehnt.
  • Einen erheblichen Einfluss hatte offenbar das 2011 zur Kostendämpfung eingeführte Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG). Der Anteil der in Deutschland abgelehnten Arzneien unter den in den USA zugelassenen Präparaten stieg in der Folge von 20,33 auf 79,67 %.

Klinische Bedeutung

Ein beträchtlicher Anteil neuer Arzneien kommt in Deutschland im Gegensatz zu den USA nicht auf den Markt, und im Durchschnitt stehen neue Arzneien hierzulande erst später zur Verfügung. Andererseits sind in den USA weiterhin etwa 10 % aller Patienten nicht versichert, was die reale Verfügbarkeit auch zugelassener Arzneien schmälern dürfte. Die Frage, ob oder wieweit Patienten unter den verschiedenen Systemen benachteiligt werden – etwa durch eine erhöhte Morbidität und Mortalität oder auch durch eine geringere Lebensqualität - könnte im Fokus weiterer Analysen stehen.

Finanzierung: Open-Access-Publikationsfonds der Universität Duisburg-Essen.