Krebs-Prävention bei Senioren: Ein Triumvirat macht Hoffnungen
- Dr. med. Thomas Kron
- Medizinische Nachrichten
Von Nadine Eckert
Eine Kombination aus hochdosiertem Vitamin D, Omega-3-Fettsäuren und einem einfachen Trainingsprogramm für zu Hause kann offenbar das Krebsrisiko gesunder Menschen über 70 Jahre um bis zu 61% verringern. Zu diesem Ergebnis kommt eine exploratorische Analyse der internationalen DO-HEALTH-Studie, für die mehr als 2000 Senioren über drei Jahre nachbeobachtet wurden.
Das Risiko, an Krebs zu erkranken, steigt mit dem Alter. Und abgesehen von allgemeinen Maßnahmen wie Sonnenschutz oder Nichtrauchen gibt es kaum weitere Möglichkeiten, sich vor Krebserkrankungen zu schützen. „Bei Erwachsenen mittleren Alters und älteren Menschen beschränken sich [krebspräventive Maßnahmen] heute weitgehend auf Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen“, erklärt DO-HEALTH-Studienleiterin Prof. Dr. Heike Bischoff-Ferrari, Direktorin der Klinik für Altersmedizin am Universitätsspital Zürich.
Uneindeutiger Effekt als Einzelmaßnahmen
Vitamin D, Omega-3-Fettsäuren und Sport gelten als vielversprechende Kandidaten für die Krebs-Prävention. Es gibt Hinweise, dass Vitamin D das Wachstum von Krebszellen hemmt und Omega-3-Fettsäuren die Umwandlung gesunder Zellen in Krebszellen bremst. Sport wiederum kann die Immunfunktion verbessern und Entzündungen verringern, was ebenfalls zur Krebsprävention beitragen kann.
„Als Einzelmaßnahmen zur Prävention von Krebs wurden die Einnahme von Vitamin D, die Einnahme von Omega-3-Fettsäuren oder mehr sportliche Betätigung bereits in diversen Studien untersucht, die aber zu uneindeutigen Ergebnissen kamen“, kommentiert Privatdozet Dr. Valentin Goede, Leitender Oberarzt am Altersmedizinischen Zentrum des St. Marien-Hospitals in Köln und dort auch Leiter des Departments für Onkologische Geriatrie, auf Nachfrage von "Medscape". „Deshalb ist es interessant zu sehen, dass es die Kombination dieser Maßnahmen sein könnte, die etwas bewirkt.“
Krebsprävention ist exploratorischer Endpunkt
Die DO-HEALTH-Studie war ursprünglich nicht aufgelegt worden, um herauszufinden, ob eine Kombination aus hochdosiertem Vitamin D, Omega-3-Fettsäuren und einem Trainingsprogramm vor Krebs schützen könnte. Primär sollte untersucht werden, ob diese Maßnahmen bei älteren Menschen einen Effekt auf Blutdruck, körperliche Leistungsfähigkeit, Kognition, Frakturen und Infektionen haben.
Dafür wurden 2.157 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der Schweiz, Frankreich, Deutschland, Österreich und Portugal über 3 Jahre nachbeobachtet. Sie waren bei Studienbeginn mindestens 70 Jahre alt, wiesen keine schweren Komorbiditäten auf, waren mobil und geistig fit.
Randomisierung auf acht Gruppen
Sie wurden randomisiert in acht verschiedene Gruppen eingeteilt, um den individuellen und kombinierten Nutzen der drei Maßnahmen zu testen:
-
Gruppe 1: 2.000 IE Vitamin D3 pro Tag plus 1 g Omega-3-Fettsäuren pro Tag und 3-mal pro Woche ein einfaches Kraft-Trainingsprogramm für zu Hause
-
Gruppe 2: Vitamin D3 plus Omega-3-Fettsäuren
-
Gruppe 3: Vitamin D3 plus Trainingsprogramm
-
Gruppe 4: Omega-3-Fettsäuren plus Trainingsprogramm
-
Gruppe 5: Vitamin D3
-
Gruppe 6: Omega-3-Fettsäuren
-
Gruppe 7: Trainingsprogramm
-
Gruppe 8: Placebo.
Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen wurden alle drei Monate angerufen, unter anderem um die Adhärenz gegenüber den Maßnahmen zu kontrollieren. Außerdem fanden zu Studienbeginn und danach einmal im Jahr standardisierte Gesundheits- und Funktionsuntersuchungen in den Studienzentren statt.
Letztlich doch noch ein positiver Effekt?
„Es handelte sich insgesamt um eine qualitativ hochwertige Studie von ordentlicher Größe und mit einem guten Design, das allenfalls in wenigen Einzelpunkten methodisch kritisiert werden kann“, urteilt Goede. Dennoch sei sie hinsichtlich ihrer primären Endpunkte negativ ausgefallen. „Diese ursprünglichen Ergebnisse wurden bereits 2020 im JAMA publiziert, und es zeigten sich keine signifikanten Effekte. Die Prävention von Krebs war ein explorativer Endpunkt, der anschließend bearbeitet wurde.“
Und hierbei zeigte die DO-HEALTH-Studie erstmals ein positives Ergebnis. Die exploratorische Analyse ergab nämlich, dass Vitamin D3, Omega-3-Fettsäuren und das einfache Trainingsprogramm für zu Hause bei gesunden und aktiven Menschen über 70 Jahren tatsächlich mit einem geringeren Krebsrisiko assoziiert waren.
Reduktion des Krebsrisikos um 61%
Insgesamt kam es in der Studienpopulation über 3 Jahre zu 119 Krebserkrankungen. Im Fachjournal "Frontiers in Aging" berichtet die Forschungsgruppe um Bischoff-Ferrari, dass jede der drei Maßnahmen für sich genommen das Erkrankungsrisiko ein wenig reduzierte. „Aber erst in Kombination wurde der Effekt der drei Maßnahmen statistisch signifikant.“ Das Krebsrisiko war in der Studiengruppe 1, die sowohl Vitamin D als auch Omega-3-Fettsäuren einnahm als auch das Trainingsprogramm absolvierte, um 61% niedriger als in der Placebogruppe.
Die Number-needed-to-treat (NNT), um eine Krebserkrankung zu verhindern, betrug nach drei Jahren mit allen drei Maßnahmen kombiniert 35. „Das ist im Vergleich zu dem, was wir sonst an NNT in der Prophylaxe in der Altersmedizin haben, wirklich ein ziemlich guter Wert“, so Goede.
Replikation in größerer Studie erforderlich
„Neuartige Krebstherapien zielen darauf ab, verschiedene Wege der Krebsentstehung zu blockieren, indem mehrere Wirkstoffe kombiniert werden. Wir haben dieses Konzept auf die Krebsprävention übertragen“, sagt Bischoff-Ferrari. „Obgleich unsere Ergebnisse in einer längerfristigen und noch größeren Studie repliziert werden sollten, qualifizieren die drei Maßnahmen anhand ihrer hohen Sicherheit und den geringen Kosten bereits heute, um die hohe Last von Krebserkrankungen bei älteren Erwachsenen zu reduzieren.“
„Es ist bemerkenswert, dass nach drei Jahren in einer für eine epidemiologische Studie auch wieder überschaubaren Patientenzahl mit der Kombination aus drei Präventionsmaßnahmen tatsächlich eine Reduktion der Krebsinzidenz zu beobachten war“, sagt Goede.
Noch nicht ausreichend für generelle Empfehlung …
Goede stimmt den Autoren dahingehend zu, dass die Ergebnisse in einer größeren Studie und mit längerer Nachbeobachtung reproduziert werden müssen. „Aber jedem gesunden Menschen über 70, der einfach zum Check-up in eine Arztpraxis kommt, diese 3 Präventionsmaßnahmen ungefragt und aktiv dringend ans Herz zu legen, würde ich heute noch nicht“, betont er.
Über die Replizierbarkeit der Ergebnisse hinaus, gelte es, noch weitere wichtige Fragen zu klären. „In der DO-HEALTH-Studie war es zum Beispiel nicht möglich zu zeigen, ob die drei Maßnahmen vielleicht nur das Risiko für ein Auftreten bestimmter Krebserkrankungen senken“, so Goede. Auch was den optimalen Beginn solcher Maßnahmen angehe oder ob sich die Ergebnisse auch auf kränkere ältere Menschen ausdehnen ließen, liefere sie keine Informationen.
… aber durchaus als individuelle Maßnahme
Allerdings: „Sollte mich eine fitte Person jenseits der 70 ganz direkt fragen, ob sie selbst etwas tun kann, um sich vor Krebs zu schützen, dann würde ich mit Verweis auf diese Studie auch durchaus diese drei Maßnahmen mit vorschlagen. Dafür würde mir die Evidenz dieser Studie wiederum ausreichen“, so Goede.
Dieser Artikel ist im Original erschienen auf Medscape.de.
Dieser Volltext ist leider reserviert für Angehöriger medizinischer Fachkreise
Sie haben die Maximalzahl an Artikeln für unregistrierte besucher erreicht
Kostenfreier Zugang Nur für Angehörige medizinischer Fachkreise