Koronare Herzkrankheit: Zielwertstrategie der Lipidsenkung ist Fix-Dosis nicht unterlegen
- Nicola Siegmund-Schultze
- Studien – kurz & knapp
Kernbotschaften
Bei Patienten mit chronischer koronarer Herzkrankheit und erhöhten Lipidwerten werden durch eine Statintherapie nach der Strategie „Treat-to-Target“ schwere kardiovaskuläre und zerebrale Ereignisse ebenso effektiv verhindert wie mit einer Strategie der festen Hochdosis von Statinen. Das ergibt eine große randomisierte Studie aus Südkorea, die in der Zeitschrift JAMA publiziert worden ist ( doi:10.1001/jama.2023.2487). Die beiden Strategien werden nach wie vor auch von deutschen Fachgesellschaften kontrovers diskutiert.
Hintergrund
Die chronische koronare Herzkrankheit (chronische KHK) steht in der Todesursachenstatistik westlicher Ländern inklusive Deutschland weit oben, ebenso akuter Myokard- und Hirninfarkt. Die Hypercholesterinämie ist ein wesentlicher Risikofaktor dafür. Durch Senkung des Cholesterins mit HMG-CoA-Reduktasehemmern, den Statinen, vermindern sich die Risiken und die Sterblichkeit jeglicher Ursache. Für die Lipidsenkung bei chronischer KHK gibt es den Empfehlungen internationaler, aber auch deutscher Fachgesellschaften zufolge zwei Strategien:
Die Strategie der festen Dosis, wonach allen Patienten mit KHK eine feste Hochdosis-Statintherapie empfohlen werden sollte, sofern keine Kontraindikationen vorliegen (weitere Lipidbestimmungen oder Adjustierungen entfallen), und die
Zielwertstrategie, wonach der LDL-Cholesterinspiegel bei Patienten mit chronischer KHK auf einen Zielwert < 70 mg/dl (< 1,8 mmol/l) gesenkt oder – wenn der Ausgangswert zwischen 70 und 135 mg/dl (1,8 und 3,5 mmol/l) liegt – um mindestens 50 % reduziert werden sollte (1).
Südkoreanische Forscher haben diese beiden Strategien in einer großen, prospektiv randomisierten offenen Studie direkt miteinander verglichen (2).
Design
Studienform: prospektiv randomisierte, multizentrische, offene klinische Untersuchung mit der Hypothese, dass die Zielwertstrategie der Strategie der festen Hochdosis nicht unterlegen ist (Nicht-Unterlegenheits-Studie)Teilnehmerinnen und Teilnehmer: KHK, symptomatisch bei 81 %, 56 % perkutane Koronarintervention in der Anamnese, 73 % Männer, durchschnittliches Alter der Gesamtgruppe: 65,1 Jahre, durchschnittlicher Body Mass Index: 24,7, kg/m2, 67 % mit Hypertonie, 33 % mit Diabetes mellitus, Gesamtcholesterin: durchschnittlich 156,5 mg/dl, LDL-Cholesterin: durchschnittlich 86,5 mg/dl
Randomisierung: 4400 Probanden (3172 Männer) im Verhältnis 1 : 1 in eine Gruppe mit
Zielwert-Strategie (Titration des Statins bis zum Erreichen eines LDL-Werts zwischen 50-70 mg/dl) oder in die Gruppe mit
fester Statin-Hochdosis (20 mg Rosuvastatin oder 40 mg Atorvastatin täglich)
Primärer Endpunkt: Tod, Myokardinfarkt, Schlaganfall oder perkutane koronare Revaskularisation nach 3 Jahren (Nicht-Unterlegenheitsgrenze: Unterschied ≤ 3 Prozenpunkte)
Hauptergebnisse
In die beiden Studienarme wurden jeweils 2200 Probanden randomisiert.
Den primären Endpunkt erreichten nach 3 Jahren 8,1 % der Patientinnen und Patienten mit der Strategie „Treat-to-Target“ und 8,7 % mit der Strategie „feste Hochdosis“.
Die Sterblichkeit jeglicher Ursache betrug in den Gruppen jeweils 2,5 %.
Auch in den übrigen Komponenten des Endpunkts gab es keine signifikanten Unterschiede, sie lagen jeweils unter der 3-%-Grenze.
Den Zielwert des LDL-C von < 70 mg/dl hatten zwar nach 3 Monaten mehr Patienten unter fester Hochdosis erreicht als mit der Zielwertstrategie. Dies wirkte sich aber nicht negativ auf die Endpunkte aus.
Klinische Bedeutung
Die Ergebnisse der LODESTAR-Studie favorisieren nach Meinung der Autorinnen und Autoren die Zielwert-Strategie der Lipidsenkung mit Statinen gegenüber der Strategie der festen Dosis bei KHK.
Die Vorteile seien Einsparungen der kumulativen Medikamentenmenge, denn nicht alle Patienten benötigten auf Dauer eine hohe Dosis Statine. Diese seien zwar insgesamt gut verträglich. Potenzielle unerwünschte Effekte aber seien statinassoziierte Muskelschmerzen, die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes und Hepato- und Nephrotoxizitäten.
Ein regelmäßiges Monitoring der Lipide, wie es die Treat-to-Target-Strategie erfordere, erhöhe vermutlich auch die Adhärenz. Die Zielwertstrategie werde außerdem durch Daten zweier früherer größerer Studien gestützt (3, 4).
Die Zielwertstrategie wird von der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin zum Beispiel empfohlen, aber auch von der DGK, die Strategie der festen Dosis von der DEGAM (1).
Finanzierung: öffentliche Mittel
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