Kein neuroprotektiver Effekt durch Erythropoietin bei Optikus-Neuritis
- Michael Simm
- Studien – kurz & knapp
Kernbotschaften
Die bislang größte Studie zur Möglichkeit der Neuroprotektion bei Patienten mit Optikus-Neuritis durch die intravenöse Gabe von Erythropoietin ergab keine bessere Wirkung als die Gabe von Placebo.
Hintergrund
In Tiermodellen der Optikus-Neuritis konnte für das humane Zytokin Erythropoietin eine neuroprotektive Wirkung gezeigt werden. Die Ergebnisse aus mehreren Phase-2-Studien waren jedoch ambivalent.
Design
Randomisierte, placebo-kontrollierte, doppelblinde Studie der Phase 3 in 12 deutschen Zentren mit 108 Teilnehmern zwischen 18 und 50 Jahren. Die Patienten hatten eine Sehschärfe von maximal 0,5 und zuvor keine Diagnose einer Multiplen Sklerose erhalten. Sie bekamen binnen 10 Tagen nach der Diagnose hochdosiertes Methylprednison sowie entweder 33.000 IU Erythropoietin i.v. oder Placebo. Primäres Studienziel war die Atrophie der peripapillären retinalen Nervenfaserschicht (pRNFL), die mit optischer Kohärenztomographie bestimmt und als Differenz zwischen dem Ausgangswert des nicht betroffenen Auges und dem Wert des betroffenen Auges nach 26 Wochen erfasst wurde. Zweites primäres Studienziel war die visuelle Funktion des betroffenen Auges nach 26 Wochen, die anhand der Sloan low contrast letter acuity (SLCLA) gemessen wurde.
Ergebnisse
- Die mittlere pRNFL-Atrophie betrug mit Erythropoietin 15,93 (Standardabweichung 14,91) und unter Placebo 14,65 (15,60). Die adjustierte mittlere Differenz zwischen den Gruppen betrug 1,02 und war mit einem 95%-Konfidenzintervall von 5,51 – 7,55 statistisch nicht signifikant (p = 0,76).
- Das Kontrastsehen war mit Werten von 49,60 und 49,06 zwischen beiden Gruppen ebenfalls nicht unterschiedlich (mittlere adjustierte Differenz – 4,03; 95%-KI – 13,06 bis 5,01).
- Nebenwirkungen waren in beiden Gruppen mit 81 % gleich häufig; vor allem wurde Kopfweh bei 28 bzw. 25 % der Patienten festgestellt. Schwere Nebenwirkungen gab es unter Erythropoietin bei 8 Patienten (15%), mit Placebo bei 4 Patienten (8 %). Unter Erythropoietin entwickelte ein Patient eine Sinusvenenthrombose, die nach Behandlung mit Antikoagulantien aber folgenlos blieb.
Klinische Bedeutung
Die in kleineren Studien geweckte Hoffnung, dass die Gabe von Erythropoietin bei einer Optikus-Neuritis zu einer funktionalen oder strukturellen Neuroprotektion führen könnte, hat sich in dieser bislang vermutlich größten Studie nicht bestätigt. Die Frage, ob eine Konversion zur Multiplen Sklerose möglicherweise beeinflusst wird, ist aber noch offen.
Finanzierung: Bundesministerium für Bildung und Forschung.
Dieser Volltext ist leider reserviert für Angehöriger medizinischer Fachkreise
Sie haben die Maximalzahl an Artikeln für unregistrierte besucher erreicht
Kostenfreier Zugang Nur für Angehörige medizinischer Fachkreise