Ein Jahrzehnt Typ-2-Diabetes verkürzt das Leben um 3,5 Jahre

  • Marlene Busko
  • Medizinische Nachrichten
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Jedes zusätzliche Jahrzehnt mit Typ-2-Diabetes verkürzt das Leben um etwa 3,5 Jahre im Vergleich zu Nicht-Diabetikern, schätzen Wissenschaftler auf der Grundlage von Daten aus Studien, die in 19 Ländern mit hohem Einkommen durchgeführt wurden.

Sie schätzen, dass die Lebenserwartung der 50-Jährigen, bei denen im Alter von 30 Jahren ein Typ-2-Diabetes diagnostiziert wurde, um 14 Jahre geringer ist als die ihrer Altersgenossen ohne Diabetes. Bei denjenigen, bei denen die Diagnose im Alter von 50 Jahren gestellt wird, ist die Lebenserwartung um 6 Jahre geringer.

Die Studie der Emerging Risk Factors Collaboration wurde kürzlich in The Lancet - Diabetes and Endocrinology veröffentlicht. 

Das Team analysierte Daten der Emerging Risk Factors Collaboration und der UK Biobank. Die Daten stammten aus 97 langfristigen, prospektiven Kohorten und umfassten 1,5 Millionen Teilnehmer, die 23,1 Millionen Personenjahre lang beobachtet wurden.

"Die stärksten Assoziationen mit einem früheren Alter bei der Diabetesdiagnose gab es für vaskuläre (z. B. Herzinfarkt und Schlaganfall) und andere Todesursachen - vor allem respiratorische, neurologische und infektiöse Erkrankungen sowie externe Ursachen", berichten sie. 

Ihre Ergebnisse stimmen mit früheren Studien überein, die darauf hinwiesen, dass jüngere Menschen mit Typ-2-Diabetes einen höheren Body-Mass-Index (BMI), einen höheren Blutdruck und höhere Blutfettwerte aufweisen und dass sich die Blutzuckereinstellung bei ihnen schneller verschlechtert als bei Menschen, die erst später an Diabetes erkranken. Dies könnte zu einer vorzeitigen Sterblichkeit führen.

Dr. med. Anne Peters, die nicht an dieser Studie beteiligt war, sagte auf Nachfrage: "Wir wissen seit langem, dass Diabetes die Lebenserwartung verringert, und je jünger man erkrankt, desto mehr Jahre verliert man. Diese Studie stützt sich jedoch auf eine breitere und größere Bevölkerungsbasis als frühere Studien." Peters arbeitet für Medscape und ist Direktorin der klinischen Diabetes-Programme an der University of Southern California in Los Angeles.

"In dieser Studie war die Haupttodesursache die Gefäßerkrankung, und bei jüngeren Menschen könnte eine Unterbehandlung der kardiovaskulären Risikofaktoren stattgefunden haben. Wir wissen auch nichts über die Blutzuckerkontrolle."

"Meiner persönlichen Meinung nach zeigen die Ergebnisse, dass wir kardiovaskuläre Risikofaktoren bei Menschen, die in ihren 30er und 40er Jahren mit [Typ 2]-Diabetes diagnostiziert werden, aggressiver behandeln sollten", forderte Peters.

Der Prävention sollte weltweit hohe Priorität eingeräumt werden 

"Früher wurde Typ-2-Diabetes als eine Krankheit angesehen, die ältere Erwachsene betrifft, aber wir sehen immer mehr Menschen, bei denen die Diagnose früher im Leben gestellt wird", erklärte der Hauptautor Dr. med. Emanuele Di Angelantonio von der University of Cambridge in einer Pressemitteilung. "Wie wir gezeigt haben, besteht für sie dadurch das Risiko einer viel kürzeren Lebenserwartung, als sie es sonst hätten."

Die Ergebnisse "legen nahe, dass der Entwicklung und Umsetzung von Maßnahmen für die Verhinderung oder Verzögerung des Ausbruchs von [Typ-2-Diabetes] hohe Priorität eingeräumt werden sollte, insbesondere da die Prävalenz in jüngeren Altersgruppen weltweit zunimmt", so das Team.

Die Ergebnisse "unterstützen die Idee, dass die Schäden für den Körper aufgrund des gestörten Stoffwechsels umso größer sind, je jünger eine Person ist, wenn sie an Typ-2-Diabetes erkrankt", fügte Co-Autor Dr. med. Naveed Sattar von der University of Glasgow hinzu.

Peters stimmt zu: "Menschen, die in jüngeren Jahren an Typ-2-Diabetes erkranken, haben möglicherweise einen anderen, potenziell aggressiveren Typ von Typ-2-Diabetes und brauchen vielleicht niedrigere Behandlungsziele als Menschen, die in höherem Alter an Typ-2-Diabetes erkranken".

"Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine frühzeitige Erkennung von Diabetes durch ein Screening, gefolgt von einem intensiven Blutzuckermanagement, zur Vermeidung langfristiger Komplikationen beitragen könnte", riet Sattar.

Peters fügte hinzu: "Ein Problem für einige ist die Schwangerschaft". Sie wies darauf hin, dass "viele der Medikamente, die zur Behandlung von Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen eingenommen werden, in der Schwangerschaft kontraindiziert sind (ebenso wie viele der Medikamente [zur Behandlung von Typ-2-Diabetes])."

"Wir müssen auf die Reduzierung des Risikos achten, aber auch den ganzen Menschen im Auge behalten und im gebärfähigen Alter die sichersten Ansätze für ein gesundes Management in Betracht ziehen", betonte sie.

Studienergebnisse: Typ-2-Diabetes mit Diagnose im Alter von 30, 40 und 50 Jahren 

Frühere Studien schätzten, dass Erwachsene mit Typ-2-Diabetes im Durchschnitt 6 Jahre früher sterben als ihre Altersgenossen ohne Diabetes. Damals war jedoch nicht bekannt, wie sich die Diabetesdauer auf die Lebenserwartung auswirkt.

Um dies zu untersuchen, analysierte das Team individuelle Aufzeichnungen aus der Emerging Risk Factors Collaboration und der UK Biobank.

Der primäre Endpunkt war die Gesamtmortalität. Weitere Endpunkte waren Todesfälle aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und anderen Ursachen.

Über eine mediane Nachbeobachtungszeit von 12,5 Jahren gab es 246.670 Todesfälle: 84.443 durch kardiovaskuläre Ursachen, 150.972 durch nicht kardiovaskuläre Ursachen und 11.255 durch unbekannte/unbestimmte Ursachen.

Im Vergleich zu Teilnehmern ohne Typ-2-Diabetes in der Vorgeschichte waren die für Alter und Geschlecht adjustierten Hazard Ratios für die Gesamtmortalität wie folgt:

  • 2,69 für Teilnehmer, bei denen die Diagnose im Alter von 30 bis 39 Jahren gestellt wurde;
  • 2,26 für diejenigen, bei denen die Diagnose im Alter von 40 bis 49 Jahren gestellt wurde;
  • 1,84 für diejenigen, bei denen die Diagnose im Alter von 50 bis 59 Jahren gestellt wurde;
  • 1,57 für diejenigen. bei denen die Diagnose im Alter von 60 bis 69 Jahren gestellt wurde;
  • und 1,39 für diejenigen, bei denen die Diagnose im Alter von 70 Jahren und älter gestellt wurde.

Diese Hazard Ratios waren nach Adjustierung für BMI, systolischen Blutdruck und Gesamtcholesterin ähnlich, wurden jedoch nach weiterer Adjustierung für Nüchternglucose oder A1c-Wert erheblich abgeschwächt.
Ähnliche Muster wurden für die ursachenspezifische Sterblichkeit beobachtet.

"Jedes Jahrzehnt früher mit einer Diabetesdiagnose war mit einer um drei bis vier Jahre geringeren Lebenserwartung assoziiert. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, Maßnahmen zur Verhinderung oder Verzögerung des Ausbruchs von Diabetes zu entwickeln und umzusetzen und die Behandlung von Risikofaktoren bei jungen Erwachsenen mit einer Diabetesdiagnose zu intensivieren", so die Wissenschaftler weiter.