Intrazerebrale Blutungen: Womöglich bessere Resultate bei Transport ins regionale Zentrum?

  • Michael Simm
  • Studien – kurz & knapp
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Kernbotschaften

Die Sekundäranalyse einer Schlaganfallstudie in Katalonien hat ergeben, dass bei Patienten mit intrazerebralen Blutungen die Wahrscheinlichkeit für bleibende Behinderungen nach 90 Tagen geringer war, wenn sie in das nächstgelegen regionale Schlaganfallzentrum transportiert wurden, als bei direktem Transport in ein Zentrum mit der Kapazität für endovaskuläre Eingriffe.

Hintergrund

Beim Transfer von Patienten mit einem ischämischen Schlaganfall sind die Protokolle darauf ausgerichtet, dass die Betroffenen möglichst schnell eine Reperfusionstherapie erhalten. Welches Protokoll für jene Patienten am besten ist, die final mit einer intrazerebralen Blutung diagnostiziert werden, ist unbekannt, schreiben die Autoren der aktuellen Studie. 

Design

Präspezifizierte Sekundäranalyse der populationsbasierten, Cluster-randomisierten Schlaganfall-Studie RACECAT in Katalonien. Unter den ursprünglich 1401 Patienten wurden jene 302 mit einbezogen, die einen Verschluss eines großen Hirngefäßes mit einem RACE-Wert > 4 und die finale Diagnose einer intrazerebralen Blutung erhalten hatten. 137 dieser Patienten waren mit dem Rettungswagen direkt in ein Schlaganfallzentrum mit der Kapazität für endovaskuläre Eingriffe (EVT) gebracht worden, 165 hatte man ins nächstgelegene lokale Schlaganfallzentrum transportiert. Primäres Studienziel war die Veränderung der Behinderung auf der modifizierten Rankin-Skala binnen 90 Tagen, sekundär wurde unter anderem die Mortalität bestimmt, nachfolgende neurochirurgische Eingriffe, und die Komplikationsrate.

Ergebnisse

  • Die Studienpopulation bestand zu 67,5 % aus Männern, das Durchschnittsalter betrug 71,7 Jahre, und der mediane RACE-Wert war 7.
  • Patienten, die direkt zu einem Zentrum mit endovaskulärer Therapiemöglichkeit gefahren wurden, hatten nach 90 Tagen einen mittleren mRS-Wert von 4,93 und damit ein schlechteres funktionales Ergebnis als die Vergleichsgruppe, die (zuerst) in das nächstgelegene lokale Schlaganfallzentrum gebracht wurde (mRS 4,66). Das adjustierte Chancenverhältnis aOR betrug 0,63 und hatte ein 95%-Konfidenzintervall von 0,41 – 0,96.
  • Eine 90-Tages-Mortalität von 48,9 % in EVT-fähigen Zentren gegenüber 37,6 % in lokalen Zentren „legte eine potenziell höhere Mortalität“ in der ersten Gruppe nahe, allerdings wurde bei einem adjustierten Chancenverhältnis von 1,40 und einem 95%-KI von 0,99 – 1,99 die Signifikanz knapp verfehlt.
  • Ebenfalls zuungunsten der EVT-fähigen Zentren war die Bilanz bei den medizinischen Komplikationen während des ersten Transports (22,6 versus 5,6 %; aOR 5,26), und bei den im Krankenhaus erworbenen Pneumonien (35,8 versus 17,6 %; aOR 2,61).

Klinische Bedeutung

Bei der Versorgung von Schlaganfallpatienten, denen post hoc eine intrazerebrale Blutung diagnostiziert wurde, könnte das Auslassen lokaler Schlaganfallzentren zugunsten von EVT-fähigen Zentren zu schlechteren funktionalen Ergebnissen führen, befürchten die Autoren der aktuellen Studie. Dieses Ergebnis dürfte allerdings auch stark abhängig von der Distanz zum EVT-fähigen Zentrum sein – und in dieser Studie wurden nur Patienten aus Regionen eingeschlossen, die nicht primär durch ein EVT-fähiges Zentrum versorgt wurden. Die meisten regionalen Schlaganfallzentren in Katalonien waren mehr als 30 Minuten von solch einem Zentrum entfernt, ist einem begleitenden Editorial zu entnehmen. Dies erkennen auch die beteiligten Forscher an, denn sie schreiben, ihr Befund müsse in anderen Umgebungen repliziert werden.

Finanzierung: Medtronic (ohne Einschränkungen) und spanisches Gesundheitsministerium, Europäischer Regionalentwicklungsfonds, Katalonisches Gesundheitsamt.