Intravenöses Ketamin oder intranasales Esketamin: Was ist die beste Lösung?
- Megan Brooks
- Medizinische Nachrichten
Kernbotschaften
Intravenöses Ketamin und intranasales Esketamin sind beide gleich wirksam bei der Verbesserung der Symptome behandlungsresistenter Depressionen (TRD) bei Erwachsenen. Zugleich scheinen aber die Möglichkeit eines schnelleren Einsatzes und die geringeren Kosten in der klinischen Praxis i.v. Ketamin zu begünstigen. Das ist das Resultat einer monozentrischen Beobachtungsstudie. Aufgrund versicherungsrechtlicher Beschränkungen für Esketamin-Nasenspray könne der Beginn der Behandlung sich mehrere Wochen länger hinauszögern als bei intravenösem Ketamin. Außerdem seien die Kosten für den gleichen klinischen Nutzen bei Esketamin etwa sechsmal höher als bei Ketamin, so der Studienleiter Dr. Thomas Scott (Scott Integrated Pain Management, Philadelphia). Scott und sein Kollege Blake Gilbert-Bono (University of Pennsylvania Perelman School of Medicine, Philadelphia) haben die Studie auf der Jahrestagung 2023 der American Psychiatric Association (APA) vorgestellt.
Lasst die Patienten entscheiden?
Sowohl Ketamin als auch Esketamin haben sich bei Erwachsenen mit TRD als schnell wirkende Antidepressiva erwiesen. Anhand von Daten auf Patientenebene verglichen die Forscher die Wirksamkeit und die Kosten der beiden Medikamente in einer realen Umgebung.
Von den 89 in ihrer Klinik behandelten TRD-Patienten erhielten 19 intranasales Esketamin in einer Anfangsdosis von 56 mg bis zu einer Höchstdosis von 84 mg und 70 Patienten intravenöses Ketamin in einer Anfangsdosis von 0,5 mg/kg Körpergewicht bis zu einer Maximaldosis von 1 mg/kg. Alle Patienten bekamen außerdem ein orales Antidepressivum verabreicht.
Bei jeder Behandlung wurde die Stimmung der Patienten mit dem Quick Inventory of Depressive Symptomatology - Self Reported (QIDS-SR) bewertet. Auch fand bei jeder Behandlung eine Bewertung der Suizidgefährdung anhand einer binären Skala statt.
Laut Scott ergaben die Vergleiche aller Wirksamkeitsendpunkte "keine zuverlässigen oder statistisch signifikanten" Unterschiede zwischen nasalem Esketamin und intravenösem Ketamin.
Auf der Grundlage dieser Analyse "sollten die Patienten innerhalb der ersten 6 Behandlungen (3 Wochen) mit beiden Medikamenten eine relativ schnelle Verringerung von 5,57 Punkten auf der QIDS-Skala erreichen", so die Forscher.
Darüber hinaus stellten die Wissenschaftler bei den 44 Patienten, die anfänglich Suizidgedanken hatten, keine Unterschiede zwischen den beiden Medikamenten bei der Verringerung der Suizidgefahr fest. Auch beim Nebenwirkungsprofil gab es keinen signifikanten Unterschied.
Die Kosten für intranasales Esketamin liegen allerdings nach den Berechnungen der Wissenschaftler etwa sechsmal so hoch wie diejenigen für intravenöses Ketamin. Außerdem könne die Zeit bis zum Beginn der Behandlung aufgrund von Versicherungsauflagen für Esketamin "mehrere Wochen" länger dauern als bei Ketamin, so Scott.
"In meiner Praxis lasse ich den Patienten die Wahl zwischen intranasalem Esketamin und intravenösem Ketamin", sagte Scott. "Der Vorteil von intravenösem Ketamin ist, dass ich in der Regel schneller mit der Behandlung starten kann und meist sind die Patienten sehr begierig darauf, zu beginnen. Manchmal dauert es länger, bis wir mit Esketamin loslegen können, weil wir die Patienten erst in das REMS-Programm aufnehmen müssen", fügte Scott hinzu.
Positive Daten, aber große randomisierte kontrollierte Studie sind erforderlich
Gerard Sanacora, Professor für Psychiatrie an der Yale School of Medicine und Direktor des Yale Depression Research Program in New Haven, kommentierte die Studie. Er bewertete die Ergebnisse dieser Studie als "interessant" und wies darauf hin, dass sie einer kürzlich veröffentlichten Studie seiner eigenen Forschungsgruppe ähnelten.
In der Yale-Studie mit 210 TRD-Patienten konnten sowohl intravenös verabreichtes Ketamin als auch intranasales Esketamin die Symptome der Depression lindern. Allerdings gebe es bei der Studie von Scott wie auch bei der Yale-Studie einige Einschränkungen, so Sanacora. Die Studie wurde nicht randomisiert durchgeführt, so dass es "wahrscheinlich ist, dass die Patienten, die eine oder andere Behandlung aufgrund von anderen Faktoren erhalten haben", wie z. B. Versicherungsschutz oder persönliche Vorlieben. "Das bedeutet, dass es wahrscheinlich eine gewisse Verzerrung bei der Auswahl der beiden Gruppen gibt. Wir wissen nur nicht, wie stark sich diese Verzerrung auf das Ergebnis auswirkt. Dies ist mein größtes Bedenken und daher sollte unbedingt eine echte randomisierte kontrollierte Studie durchgeführt werden", sagte Sanacora.
Dieser Beitrag ist im Original erschienen auf Medscape.com und von Dr. Petra Kittner übersetzt worden.
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