Intravaskuläre Bildgebung übertrifft Angiographie bei komplexen Koronarläsionen

  • Ted Bosworth
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Bei Patienten, die sich einer perkutanen Intervention (PCI) bei komplexen Koronarläsionen unterziehen, ist die intravaskuläre Bildgebung der Angiographie überlegen, wenn es darum geht, das Risiko eines Zielläsion-Versagens ("target lesion failure", TLF) zu verringern. Dies geht aus den Ergebnissen einer randomisierten Studie hervor.

Frühere Studien kamen zu dem selben Ergebnis, doch diesmal wurde der Vorteil in einer multizentrischen, gut gepowerten, randomisierten Studie nachgewiesen, wie Studienleiter Dr. Joo Yong Hahn auf dem Jahreskongress des American College of Cardiology und der World Heart Federation in New Orleans berichtete. Die Ergebnisse wurden gleichzeitig im "New England Journal of Medicine" veröffentlicht.

Die früheren Studien "waren nicht eindeutig", sagte Hahn weiter und wies darauf hin, dass selbst die randomisierten Studien keine ausreichende Dauer der Nachbeobachtung aufwiesen oder keine breite Palette von Arten komplexer PCI abdeckten.

In dieser auf klinische Ergebnisse ausgerichteten Studie mit der Bezeichnung RENOVATE-COMPLEX-PCI wurden 1639 Patienten, die in 20 südkoreanischen Kliniken eine "komplexe PCI" erhielten, im Verhältnis 2:1 randomisiert und entweder einer PCI mit intravaskulärer Bildgebung oder einer alleinigen Angiographie unterzogen. Für die Teilnahme an der Studie kamen neun Arten von komplexer Koronarläsionen in Frage, darunter bifurkierte Läsionen, lange Läsionen (erwartete Stentlänge ≥ 38 mm), totale Koronarverschlüsse, Läsionen, die mehrere Stents erfordern, stark verkalkte Läsionen und Läsionen in mehreren Gefäßen.

Die intravaskuläre Bildgebung im experimentellen Arm konnte entweder mit intravaskulärem Ultraschall (IVUS) oder optischer Kohärenztomographie (OCT) durchgeführt werden. Da die eine Methode für bestimmte Patienten- und Läsionen besser geeignet sein könnte als die andere, wurde die Art der intravaskulären Bildgebung in der Versuchsgruppe nach dem Ermessen des behandelnden Prüfarztes ausgewählt, wie Hahn (Sungkyunkwan University, Seoul) weiter berichtete.

Der primäre TLF-Endpunkt war definiert als Tod durch kardiovaskuläre Ursachen, MI im Zusammenhang mit dem Zielgefäß und Revaskularisierung des Zielgefäßes.

Risikoreduktion von > 35% beobachtet

Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 2,1 Jahren entsprach die geringere TLF-Inzidenz in der Gruppe mit PCI unter Einsatz intravaskulärer Bildgebung (7,7 % gegenüber 12,3 %) einer Risikoreduktion von 36 % (Hazard Ratio 0,64; P = 0,008).

Die intravaskuläre Bildgebung war mit einer numerischen Verringerung jeder Komponente des TLF verbunden. Beim Tod durch kardiovaskuläre Ursachen blieb das Konfidenzintervall unter der Einheitslinie (HR 0,47; 95% KI 0,24-0,93).

Dies galt zwar nicht für die zielgefäßbedingte MI (HR 0,74, 95% KI 0,45-1,22) oder die Zielgefäßrevaskularisation (HR 0,66; 95% KI 0,36-1,22), wohl aber für die TLF ohne verfahrensbedingte MI (HR 0,59; 95% KI 0,39-0,90) und den Herztod oder die zielgefäßbedingte MI (HR 0,63; 95% KI 0,42-0,93).

Mit wenigen Ausnahmen "bewegten sich alle sekundären Ergebnisse "n die richtige Richtung" zugunsten der intravaskulären Bildgebung, einschließlich Tod aus jeglicher Ursache (HR 0,71, 95% KI 0,44-1,15), berichtete  Hahn.

Bei den 1.092 Patienten, bei denen die PCI mittels intravaskulärer Bildgebung durchgeführt wurde, gab es im Vergleich zu den 547 Patienten, bei denen eine Angiographie durchgeführt wurde, keine wesentlichen Unterschiede in der Ausgangssituation. Der Altersmedian lag bei 65,5 Jahren. Die meisten (79 %) waren männlich. Etwa die Hälfte (51 %) hatte ein akutes Koronarsyndrom, der Rest eine stabile ischämische Herzerkrankung. Der Anteil der Patienten mit Bluthochdruck (61 %), Dyslipidämie (51 %) und Diabetes (38 %) war erheblich. Etwa 18 % der Patienten waren Raucher, 24 % hatten bereits eine PCI hinter sich, und 7 % hatten bereits einen Herzinfarkt erlitten.

Die Stenttypen waren in beiden Gruppen ähnlich und wurden über einen radialen Zugang eingebracht. In beiden Gruppen wurde in etwa 98 % der Fälle ein erfolgreicher Eingriff durchgeführt. Fast alle Patienten wurden mit einem Statin, Aspirin und einem P2Y12-Inhibitor entlassen, und auch die anderen spezifischen postprozeduralen Medikamente waren in beiden Gruppen vergleichbar.

Vorteil der intravaskulären Bildgebung konsistent

Bei den komplexen Läsionen handelte es sich in den meisten Fällen (55 %) um diffuse Läsionen langer Koronararterien, aber auch andere Arten komplexer PCI, einschließlich bifurkierter Läsionen (22 %), chronischer Totalverschlüsse (20 %), stark verkalkter Läsionen (14 %) und ostialer Läsionen einer Hauptkoronararterie (15 %) waren vertreten. Bei all diesen Läsionstypen wurde die intravaskuläre Bildgebung der Angiographie hinsichtlich TLF zumindest zahlenmäßig vorgezogen. Mögliche Ausnahmen waren Läsionen, die mindestens drei Stents erforderten (HR 1,24; 95% KI 0,49-3,18), aber die Konfidenzintervalle waren breit.

Die Studie war unverblindet, aber  Hahn berichtete, dass die Bildgebungsanalysen in einem Kernlabor durchgeführt und die Ereignisse von einem Ausschuss beurteilt worden seien, dessen Mitglieder nichts über die Zugehörigkeit zur Studiengruppe gewusst hätten.

Eine unbeantwortete Frage ist die der Kosten. Da die intravaskuläre Bildgebung die PCI im Vergleich zur Angiographie verteuert, sind Kosten-Wirksamkeits-Analysen erforderlich, um die Entscheidung, diesen Ansatz bei allen komplexen PCI-Patienten anzuwenden, zu untermauern. Diese Analysen sind geplant.

Aufgrund der Übereinstimmung dieser Studienergebnisse mit früheren Studien, die fast alle das Gleiche zeigten, "hat die Welt der intravaskulären Bildgebung gesprochen", sagte Dr. Wayne B. Batchelor, Direktor der interventionellen Kardiologie, Inova Heart and Vascular Institute, Fairfax. "Die einzige Frage ist jetzt, wann die interventionelle Gemeinschaft zuhören wird".

Batchelor sagte voraus, dass diese Daten die Denkweise vieler Ärzte ändern werden, "um die Debatte von der Frage, warum man es tut [intravaskuläre Bildgebung], auf die Frage, warum man es nicht tut, zu verlagern. In den Vereinigten Staaten werden nur etwa 15 % der PCI mit intravaskulärer Bildgebung durchgeführt, und diese [Ergebnisse] sprechen dafür, dass diese Zahl erhöht werden muss". Obwohl es ihm zufolge technische Gründe gibt, z. B. diffuse Läsionen oder kleine Gefäße, die verhindern, dass die intravaskuläre Bildgebung bei jedem komplexen Patienten eingesetzt wird, sind die Daten seiner Meinung nach überzeugend.

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf MDedge.com, Teil des Medscape Professional Network. Er wurde von Dr. Petra Kittner übersetzt.