Intensivtherapie bei COVID-19: Jeder dritte Patient bekommt unter ECMO zerebrale Blutungen
- Dr. Nicola Siegmund-Schultze
- Studien – kurz & knapp
Kernbotschaften
Zerebrale Blutungen sind bei Patienten, deren Lungenfunktion wegen eines schweren Verlaufs von COVID-19 durch extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO) unterstützt wird, mehr als doppelt so häufig wie bei Patienten unter ECMO wegen anderer Ursachen eines akuten respiratorischen Distress-Syndroms (ARDS). COVID-19-Patienten haben damit ein deutlich höheres Risiko für diese schwer zu behandelnde Komplikation als andere Patienten.
Hintergrund
Die ECMO ist eine venovenöse (vv) mechanische Lungenunterstützungstherapie mit einem Oxygenator bei Patienten mit schwerer Hypoxie und sie ist potenziell lebensrettend. Intrakranielle Hämorrhagien (ICRH) und dabei vor allem die intraparenchymatösen Hirnblutungen sind auf der anderen Seite bekannt als lebensbedrohliche Komplikationen einer ECMO-Behandlung. Deren Anwendung bedarf der Gabe von Gerinnungshemmern. In einer Beobachtungsstudie eines großen universitären Zentrums in Deutschland (Hamburg-Eppendorf) ist die Häufigkeit von ICRH unter ECMO bei ARDS-Patienten aus der Ära vor der SARS-CoV-2-Pandemie mit der ICRH-Häufigkeit von COVID-19-Patienten unter ECMO verglichen worden (1).
Design
- Studienform: Langzeit-Beobachtungsstudie an einem einzelnen klinischen Zentrum (Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf; UKE)
- Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer: Patienten, die im Zeitraum von Januar 2011 bis April 2021 mit ECMO wegen eines ARDS behandelt wurden und entweder während der ECMO-Therapie oder bis zu 72 Stunden nach Beendigung ein Schädel-CT erhalten hatten
- Studienhypothese: ICRH sind häufiger unter vvECMO von COVID-19-Patienten als bei Patienten unter ECMO wegen eines ARDS anderer Ätiologie; die Auswertung erfolgte unter anderem mit Cox-Regressions-Analyse, um Parameter zu identifizieren, die mit ICRH assoziiert waren.
Hauptergebnisse
- 204 Patienten erfüllten die Einschlusskritieren, davon 48 intensivpflichtige COVID-19-Patienten und 156 Patienten mit ARDS anderer Ursache.
- Intrakranielle Blutungen fanden sich bei 35,4 % (n = 17/48) der COVID-19-Patienten und 16,7 % (n = 26/156) der Patienten mit ARDS anderer Ursache.
- Dies bedeutet eine Verdoppelung des Risikos für intrazerebrale Blutungskomplikationen durch ECMO bei COVID-19-Patienten und dieser Unterschied war mit einem p = 0,035 statistisch signifikant.
- Mit einem höheren Risiko für intrazerebrale Hämorrhagien während ECMO waren der multivariaten Cox-Regressionsanalyse zufolge niedrige Carboxyhämoglobinwerte assoziiert. Carboxyhämoglobin war in dieser Studie ein Surrogatmarker für Hämolyse.
Klinische Bedeutung
Intrakranielle Hämorrhagien sind bei vvECMO im Rahmen einer Intensivtherapie von COVID-19-Kranken doppelt so häufig wie bei vvECMO aus anderen Ursachen. Zu den Gründen könne eine intensivere Gerinnungsprophylaxe bei COVID-19-Patienten gehören, so die UKE-Mediziner. Es könnten auch der vaskuläre Stress durch COVID-19, durch ECMO und die medikamentöse Antikoagulation zusammenwirken.
Zerebrale Blutungen im Kontext einer ECMO sind gefürchtete Komplikationen, da die therapeutischen Möglichkeiten - auch die chirurgischen - wegen der intensiveren Gerinnungsprophylaxe stark eingeschränkt sind. Die Prognose unter ECMO verschlechtert sich durch ICRH generell erheblich. Einer repräsentativen Registeranalyse zufolge liegt die Krankenhausmortalität bei COVID-19-Patienten unter ECMO in Deutschland bei 68 % (2).
Weitere Studien seien notwendig, so die Autoren, um spezifische Risikofaktoren zu eruieren.
Finanzierung: J. und F. Buch-Gedächtnisstiftung
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