Intensivmediziner ziehen Lehren aus der Pandemie

  • Dr. med.Thomas Kron
  • Medizinische Nachrichten
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Kernbotschaften

Was lässt sich aus der Corona-Pandemie für den Umgang mit möglichen neuen viralen Bedrohungen lernen? Die Deutsche Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin e.V. (DGIIN) sieht vor allem die Gewinnung von Fachkräften als dringende Aufgabe an, um auf zukünftige Pandemien vorbereitet zu sein. Außerdem müssten Behandlungsdaten von  Patienten besser für die Forschung nutzbar gemacht werden, heißt es in einer Mitteilung der Fachgesellschaft. Die Frage, wie das Gesundheitssystem "aufgestellt sein muss, um auf zukünftige Anforderungen vorbereitet zu sein", diskutieren Experten der DGIIN auf ihrer diesjährigen Jahrestagung, die vom 14. bis 16. Juni 2023 in Berlin stattfindet. 

 „Die Corona-Pandemie hat einerseits gezeigt, wie leistungsfähig unsere Notfall- und Intensivmedizin ist“, so Professor Dr. Christian Karagiannidis, Präsident der DGIIN. „Sie hat aber auch den gravierenden Personalmangel in der Intensiv- und Notfallpflege demaskiert“, betont Victoria König, Tagungskoordination Pflege der DGIIN Jahrestagung. Hier müssten neue Konzepte entwickelt werden, um den Bedarf an Intensivbetten decken zu können, der allein schon durch den demographischen Wandel stark ansteigen werde. „Um dem Fachkräftemangel entgegenzutreten, müssen die Arbeitsbedingungen in der Intensiv- und Notfallpflege besser werden“, betont Karagiannidis.

Auch im Bereich der Digitalisierung hat die Pandemie bestehende Defizite deutlich sichtbar gemacht. Teilweise archaische Meldewege, uneinheitliche Datenformate und eine mangelhafte Datentransparenz standen einer zeitnahen Einschätzung des Pandemieverlaufs entgegen. „Sowohl die Erhebung von Daten als auch die Möglichkeiten, sie zu Forschungszwecken zu nutzen, müssten dringend verbessert werden“, sagt Professor Dr. Stefan Kluge, Tagungskoordinator der DGIIN. Veraltete Technik und ein überzogener Datenschutz behinderten die rasche Umsetzung klinischer oder epidemiologischer Studien, auch zentrale Impf- und Erkrankungsregister gebe es bis heute nicht. „Vor diesem Hintergrund überrascht es leider nicht, dass die wichtigsten klinischen Studien während der Pandemie nicht aus Deutschland kamen“, so der Intensivmediziner.

Fragen des Datenschutzes tragen nach Angaben der Fachgesellschaft auch dazu bei, dass die bereits seit Langem geplante Einführung der elektronischen Patientenakte nur schleppend vorankommt. Auch hier sehen die Intensivmedizinerinnen und Intensivmediziner dringenden Nachholbedarf – ganz unabhängig von einer pandemischen Bedrohung. „Als Intensiv- und Notfallmediziner wissen wir, dass die elektronische Patientenakte Leben retten kann“, so Karagiannidis. Gerade in der Intensivmedizin habe man es häufig mit bewusstlosen Patientinnen und Patienten zu tun, die nicht über ihre eigene Krankengeschichte Auskunft geben könnten. Wichtige Angaben, etwa zu Vorerkrankungen, zu aktuell eingenommenen Medikamenten oder zu Allergien müssten dann mühsam über Tests eruiert werden, oder es müsse versucht werden, den Hausarzt zu kontaktieren. „Das kostet Zeit, die wir in der Notsituation oft nicht haben."