Influenza-Impfung: Schutzwirkung verbessern durch Neuraminidase-Antigen

  • Andrea Hertlein
  • Medizinische Nachrichten
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Kernbotschaft

Antigene des Oberflächenproteins Neuraminidase könnten künftig als Bestandteil der Impfstoffe die Schutzwirkung der heutigen Grippevakzine deutlich verbessern. Tierversuche an Frettchen sprechen für ein hohes immunologisches Potential der bislang unterschätzten Neuraminidase. Dies zeigen die aktuellen Forschungsergebnisse von Wissenschaftlern des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), die jüngst in der Online-Ausgabe des Journal of Virology publiziert wurden. 

Hintergrund

Auch wenn in den Influenzaviren Typ A und B sowohl Hämagglutinin als auch Neuraminidase als Oberflächenproteine vorkommen, sind die aktuell zugelassenen Impfstoffe vor allem auf die Immunantwort gegenüber Hämagglutinin ausgerichtet. Dabei hat dieses Antigen einen entscheidenden Nachteil: Es verändert seine Oberflächenstruktur sehr schnell, meist noch im Verlauf einer Grippesaison. Impfstoffe erfordern deshalb jährlich eine Anpassung an die zirkulierenden Stämme und eine erneute Impfung. Neuraminidase sei dagegen stärker konserviert, verändere sich also weniger häufig als Hämagglutinin, heißt es in einer Pressemitteilung des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI). Dennoch konzentriere man sich bei der Zulassung von Grippeimpfstoffen bislang auf eine definierte Menge Hämagglutinin-Antigen, definierte Mengen der Neuraminidase werden dagegen aktuell nicht gefordert.

Design

Ein Forscherteam des Paul-Ehrlich-Instituts, des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) und des Instituts für Virologie und Immunologie untersuchte erstmals das immunogene Potenzial der Neuraminidase im Tierversuch. Dazu nutzten sie das "Vesikuläre Stomatitis Virus" (VSV) als Überträger- oder Vektorimpfstoff, um eine Immunantwort gegen Hämagglutinin- und Neuraminidase-Proteine verschiedener Influenzavirusstämme hervorzurufen. Mit diesen Hämagglutinin- bzw. Neuraminidase-spezifischen VSV impften die Wissenschaftler Mäuse und Frettchen. 

Hauptergebnisse

Die Tiere, die gegen Neuraminidase geimpft wurden, waren gegenüber den Influenzaviren mit dem identischen Neuraminidase-Subtyp ebenso gut geschützt wie die Tiere, deren Impfung sich gegen das exakt passende Hämagglutinin-Protein gerichtet hatte. Die Neuraminidase-basierten Impfstoffe führten sogar zur Immunität gegenüber Influenzaviren mit einem anderen Hämagglutinin-Subtyp (Kreuzprotektion), solange sie weiterhin den gleichen Neuraminidase-Subtyp trugen. Dieser Schutz ließ sich über den Blutspiegel kreuzreaktiver Neuraminidase-hemmender Antikörpertiter vorab prognostizieren. 

Klinische Bedeutung

"Unsere Ergebnisse legen nahe, dass Neuraminidase-Antigene durchaus das Potenzial besitzen, einen Beitrag zur Entwicklung von Grippeimpfstoffen mit einem breiteren Schutz zu leisten", erläuterte Professor von Messling, Leiterin der Abteilung Veterinärmedizin des Paul-Ehrlich-Instituts die Ergebnisse. Im nächsten Schritt wolle man versuchen, das Neuraminidase-Protein so zu verändern, dass es eine schützende Immunantwort gegen alle Viren des gleichen Subtyps erzeugt und so möglicherweise die Schutzwirkung der heutigen Grippeimpfstoffe verbessert.