Infektionen mit den früheren Omikron-Varianten schützen kaum vor dem aktuell dominierenden Virus

  • Dr. Nicola Siegmund-Schultze
  • Studien – kurz & knapp
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Kernbotschaften

Die aktuell in Deutschland dominierende Omikron-Untervariante BA.5 ist eine Immunflucht-Variante, so dass der Immunschutz nach Impfung oder nach Infektion im Frühjahr geringer ist als gegen die damals dominierenden Omikron-Subvarianten BA.1 und BA.2. Außerdem hemmen die meisten derzeit verfügbaren therapeutischen Antikörper die Omikron-Untervarianten BA.4 und BA.5 lediglich schwach oder gar nicht.

Hintergrund
Seit gut 5 Monaten dominiert in Deutschland und in anderen europäischen Ländern die Omikron-Variante von SARS-CoV-2 (1), im Frühjahr diesen Jahren waren es in Deutschland die Untervarianten BA.1 und BA.2. Nun werden sie durch neue Untervarianten verdrängt. In Deutschland hat die Untervariante BA.5 in den letzten Wochen zu einem Anstieg der Fallzahlen geführt. Bislang war unklar, ob die Omikron-Untervarianten BA.4 und BA.5 – ihre Spike-Proteine sind identisch - die früher vorherrschenden Varianten wegen einer gesteigerten Übertragbarkeit verdrängten oder ob sie durch Antikörper weniger gehemmt werden. Dieser Frage sind Forscher aus Deutschland nachgegangen (2).

Design

  • Untersuchung der neutralisierenden Kapazitäten von
    • 10 therapeutischen Antikörpern gegenüber den S-Proteinen der Omikron-Untervarianten B.1, BA.1, BA.2, BA.2.12.1, BA.4 und BA.5
    • und von Antikörpern, die durch COVID-19-Impfungen und Infektionen induziert worden waren, inklusive Durchbruchinfektionen nach kompletter Impfung plus Booster
  • Referenz: Neutralisationskapazität der Antikörper (50-%-ige Hemmung) gegen die SARS-CoV-2-Variante B.1, die sich in der frühen Phase der Pandemie entwickelt hatte und als Vorläuferin der globalen „Variants of Concern“ (VOC) gilt

Hauptergebnisse

  • 6 der 10 therapeutischen Antikörper hatten einen geringen wachstumhemmenden Effekt auf die untersuchten Omikron-Varianten.
  • Sotrovimab, von dem in früheren Studien ein neutralisierender Effekt auf Omikron BA.1 berichtet worden war, hemmte in dieser Studie zwar B.1, die anderen untersuchten Varianten inklusive BA.1 aber nur moderat oder schwach
  • Lediglich Bebtelovimab neutralisierte alle untersuchten Omikron-Subvarianten mit hoher Effektivität
  • Die Seren von Patienten, die zwischen März und Mai 2022 von milden Infektionen genesen waren, hatten gegen Omikron BA.1 eine um den Faktor 2,9 erhöhte Neutralisierungskapazität verglichen mit B.1
  • Bei der Omikron-Subvariante BA.2 lag die Neutralisierungskapazität um den Faktor 27,2 höher als gegenüber der Referenz-Variante B.1, die meisten Probanden hatten sich also mit BA.2 infiziert.
  • Dagegen neutralisierten die Genesenen-Seren die Omikron-Subvarianten BA.4 und BA.5 vergleichsweise schwach (Faktor 1,6 vs. Referenz-Variante B.1).
  • Die Antikörper von dreifach geimpften Probanden (BioNTech/Pfizer-Vakzine) hatten gegenüber den Subvarianten BA.1 und BA.2 eine 4 Mal niedrigere Neutralisierungskapazität als gegenüber B.1.
  • Auf die derzeit dominierenden Omikron-Subvarianten BA.4/BA.5 war der Neutralisierungseffekt der Seren sogar noch schlechter, nämlich um den Faktor 8,1 geringer als gegenüber der Referenz B.1.

Klinische Bedeutung
Eine Infektion mit SARS-CoV-2 im Frühjahr dieses Jahres, als die Omikron-Untervarianten BA.1 und BA.2 dominierten, vermittelt vermutlich nur wenig Schutz vor den Subvarianten BA.4 und BA.5, Die Impfung mit der BioNTech-Vakzine plus Booster hat einen gewissen Schutzeffekt auch gegenüber den neuen Subvarianten, allerdings ist er deutlich geringer als gegenüber dem Vorläufer der Varianten, B.1..

Dies gilt auch für Antikörper von Genesenen inklusive Personen mit Durchbruchinfektionen.

Bebtelovimab ist von 10 therapeutischen Antikörpern der mit der höchsten Neutralisierungskapazität gegenüber 5 untersuchten SARS-CoV-2-Varianten.

Finanzierung: öffentliche Mittel