Im Selbstbericht: Mehr Lebensqualität durch medizinisches Cannabis

  • Michael Simm
  • Studien – kurz & knapp
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Kernbotschaften

In einer Fallserie ohne Placebo-Kontrolle verbesserte sich die durchschnittliche, per Fragebogen erhobene, Lebensqualität von 3148 konsekutiven Patienten in Australien, die überwiegend wegen Schmerzen behandelt wurden. Die Nachbeobachtungszeit betrug aber nur 6 Wochen und die Effektgrößen waren gering bis moderat.

Hintergrund

Der Gebrauch von medizinischem Cannabis boomt. Behandelt werden damit eine Vielzahl von Beschwerden mit einer sehr großen Zahl von Produkten in unterschiedlicher Form und Dosierung. In diesem Umfeld könnte klinische Evidenz, die Patienten-Berichte einschließt, dabei helfen, die Sicherheit und Wirksamkeit der Präparate zu bestimmen, schreiben die Autoren der aktuellen Studie.

Design

Prospektive Studie an den Emerald-Kliniken in Australien anhand einer Fallserie mit 3148 Patienten, die zwischen Dezember 2018 und 2022 für medizinisches Cannabis erhalten hatten. Die Produkte und deren Cannabinoid-Gehalt variierten während der Behandlung gemäß dem Urteil des behandelnden Arztes. Gefragt wurde – bei einer Nachverfolgungszeit von durchschnittlich 44,6 Tagen – ob sich die selbst berichtete Lebensqualität der Patienten, gemessen mit dem 36-Item Short Form Health Survey (SF-36) und dessen 8 Unterbereichen, gebessert hat.

Ergebnisse

  • Die Patienten waren durchschnittlich 55,9 Jahre alt und zu 53,6 % weiblich. Die mit Abstand häufigste Indikation waren chronische (nicht-Krebs) Schmerzen bei 68,6 %, gefolgt von Krebsschmerzen (6 %), Insomnie (4,8 %) und Angststörungen (4,2 %). An zusätzlicher Medikation hatten 54,1 % einfache Analgetika genommen, 48,4 % Opioide, 44,5 % Antidepressiva und 34,4 % Benzodiazepine.
  • Nach Beginn der Cannabis-Einnahme berichteten die Patienten in allen 8 Unterbereichen des SF-36 signifikante Verbesserungen im Vergleich zum Ausgangswert. In den meisten Fällen blieben diese Zugewinne auch bis Ende der Nachbeobachtungszeit erhalten.
  • Nachdem in einem Regressionsmodell potenzielle Verzerrungen mit eingerechnet wurden, betrugen die Verbesserungen beim SF-36 zwischen 6,60 und 18,31 Punkten, was jeweils statistisch signifikant war (P< 0,001).
  • Die Effektgrößen waren allerdings gering bis moderat (Cohen d zwischen 0,21 und 0,72).
  • Der Anteil von Präparaten, die überwiegend Tetrahydrocannabinol (THC) bzw. Cannabidiol (CBD) enthielten, war anfangs ausgeglichen. Im Studienverlauf verschob sich dieses Gleichgewicht immer mehr in Richtung CBD-dominanter Formulierungen, die zuletzt einen Anteil von 80 % hatten.
  • Die Studienärzte verzeichneten 2919 Nebenwirkungen, von denen aber nur 2 als ernsthaft eingestuft wurden.

Klinische Bedeutung

Da es sich um eine Fallserie handelt und keine Placebo-Kontrolle erfolgte, ist das Ausmaß der berichteten Verbesserungen schwer einzuordnen. Den Forschern zufolge legen ihre Befunde nahe, dass eine Behandlung mit medizinischem Cannabis mit Verbesserungen bei der selbstberichteten Lebensqualität von Patienten assoziiert sein könnte, die an einer Vielzahl von Beschwerden leiden.

Finanzierung: Emyria.