Homöopathie: Verzerrte Darstellung der Datenlage durch nicht registrierte Studien
- Michael Simm
- Studien – kurz & knapp
Kernbotschaften
Die positiven Effekte der Homöopathie werden substanziell überschätzt, weil viele negative Studien nicht registriert wurden und bei den registrierten Studien häufig Unregelmäßigkeiten zu finden sind.
Hintergrund
In wissenschaftlichen Journalen werden bevorzugt solche Studien veröffentlicht, die positive oder signifikante Ergebnisse erbringen. Dieses Problem einer verzerrten Berichterstattung („Reporting bias“) oder verzerrter Darstellung der Datenlage („Publication bias“) habe auf dem Gebiet der Homöopathie bisher zu wenig Aufmerksamkeit erfahren, weil die Behörden hier keine Wirkungsnachweise verlangen, argumentieren die Autoren der aktuellen Untersuchung.
Design
Ziel der aktuellen Studie war eine umfassende Bewertung der Zustände bei der Registrierung und Veröffentlichung von Studien zur Homöopathie anhand von 4 Punkten:
- Anteil der Studien, die registriert, aber nicht publiziert wurden,
- Prüfung, ob die registrierten primären Studienziele auch veröffentlicht wurden,
- Bestimmung des Anteils publizierter, randomisierter, kontrollierter Studien (RCTs) unter den Einträgen zur Homöopathie in öffentlichen Studienregistern, sowie
- Abschätzung der Auswirkungen eines Reporting bias auf die Evidenz-Synthese in Studien zur Homöopathie.
Ergebnisse
- In den Studienregistern der USA und der EU, sowie im Metaregister ICTRP, das 17 Länder erfasst, wurden insgesamt 116 Homöopathiestudien registriert, von denen 90 die Einschlusskriterien der aktuellen Untersuchung erfüllten. 72 % waren RCTs, 27 % nicht kontrollierte Studien. Von 25 Studienautoren, die um weitere Informationen gebeten wurden, antworteten 5.
- Unter den registrierten Studien wurden 57,8 % publiziert und in den Literaturdatenbanken PubMed, Embase oder Google Scholar erfasst. Weitere 4,4 % wurden als „graue Literatur“ (Master-Arbeiten) veröffentlicht, und 37,8 % blieben unpubliziert.
- Nach Inkrafttreten der Deklaration von Helsinki im Jahr 2008 erfüllten nur 24 von 78 Arbeiten (30,7 %) deren Forderung, wonach alle klinischen Studien registriert und veröffentlicht werden müssen.
- Unter den 56 registrierten und veröffentlichten Studien waren 14 (25 %), bei denen das primäre Studienziel nicht wie in der Registrierung vorgesehen publiziert wurde. Am häufigsten wurden in diesen Publikationen andere Parameter als angeblich primäre Studienziele dargestellt.
Klinische Bedeutung
Die Autoren illustrieren die potenziellen Verzerrungen durch unterbliebene Registrierungen anhand einer Meta-Analyse von Mathie et al., die basierend auf 54 RCTs der Homöopathie über alle Indikationen hinweg eine signifikant größere Wirkung als Placebo attestiert hatte. Zwar bestätigte sich das Ergebnis für die unregistrierten Studien; bei exklusiver Betrachtung der registrierten RCT indes war kein signifikanter Vorteil der Homöopathie mehr nachzuweisen. Das Problem der „selektiven Berichterstattung“ betrifft allerdings die ganze Medizin, wie die Autoren einräumen. Sie zitieren gleich 2 Studien, wonach in Deutschland und den USA ein Drittel aller registrierten Studien nach 5 Jahren noch unveröffentlicht waren.
Finanzierung: Keine
Dieser Volltext ist leider reserviert für Angehöriger medizinischer Fachkreise
Sie haben die Maximalzahl an Artikeln für unregistrierte besucher erreicht
Kostenfreier Zugang Nur für Angehörige medizinischer Fachkreise