Hochdosiertes Vitamin D und MS-Rezidive: Neue Phase-3-Daten 

  • Eve Bender
  • Medizinische Nachrichten
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Kernbotschaften

Die Ergebnisse einer randomisierten Kontrollstudie zeigen, dass hochdosiertes Vitamin D Rückfälle bei Patienten mit schubförmiger, remittierender Multipler Sklerose ("relapsing, remitting multiple sclerosis", RRMS) nicht verhindert. Mindestens ein Experte ist jedoch der Ansicht, dass die Ausschlusskriterien der Studie möglicherweise zu weit gefasst waren.

Die Untersuchung zu Vitamin D zur Vorbeugung von MS-Schüben basiert auf älteren Beobachtungsstudien mit Menschen, die bereits einen höheren Vitamin-D-Spiegel im Blut hatten und weniger wahrscheinlich an MS erkrankten, erklärte Studienleiterin Dr. Ellen Mowry, Professorin für Neurologie an der Johns Hopkins University School of Medicine in Baltimore (Maryland). Spätere Untersuchungen, bei denen die Teilnehmer Vitamin D als therapeutische Option für MS erhielten, "waren enttäuschend, da das Vitamin D nur eine minimale Wirkung hatte", sagte sie. Und: "Wir waren zwar begeistert von den frühen Daten, die einen wichtigen Einfluss von Vitamin D auf die MS nahelegten, aber es ist unerlässlich, dass diesen Assoziationsstudien der klinische Goldstandard folgt, den wir hier haben."

Kein Unterschied im Rezidivrisiko

An der multizentrischen klinischen Phase-3-Studie "Vitamin D to Ameliorate MS (VIDAMS)" nahmen zwischen 2012 und 2019 172 Teilnehmer im Alter von 18 bis 50 Jahren mit RRMS aus 16 neurologischen Kliniken teil. Die Einschlusskriterien umfassten Personen mit einer oder mehreren klinischen Episoden von MS im letzten Jahr und mindestens einer Hirnläsion im MRT im letzten Jahr sowie Personen mit zwei oder mehr klinischen Episoden im letzten Jahr. Die in Frage kommenden Teilnehmer mussten außerdem einen Wert von ≤ 4 auf der Kurtzke Expanded Disability Status Scale aufweisen.

Insgesamt 83 Teilnehmer wurden nach dem Zufallsprinzip für die Einnahme von niedrig dosiertem Vitamin D3 (600 IE/Tag) und 89 für die Einnahme von hoch dosiertem Vitamin D3 (5.000 IE/Tag) ausgewählt. Jeder Teilnehmer nahm das Vitamin mit einer Tablette mit Glatirameracetat ein, einem synthetischen Protein, das Myelin simuliert.

Alle 12 Wochen wurde der 25(OH)D-Serumspiegel der Teilnehmer gemessen, und alle 24 Wochen wurden eine Reihe von Bewegungs- und Koordinationstests sowie zwei klinische 3T-MRT-Untersuchungen des Gehirns zur Feststellung von Läsionen durchgeführt.

Am Ende der Studie, nach 96 Wochen, fanden die Wissenschaftler keine Unterschiede im Rückfallrisiko zwischen der hoch- und der niedrigdosierten Gruppe (P = 0,57). Auch bei den MRT-Ergebnissen gab es keine Unterschiede zwischen den beiden Gruppen.

Laut Mowry wurde sie von einigen Leuten gefragt, ob sie von den Ergebnissen der VIDAMS-Studie enttäuscht sei. "Ich antworte ihnen: Nein, das bin ich nicht - wir sind Wissenschaftler und Kliniker, und es ist unsere Aufgabe zu verstehen, was sie tun können, um ihre Krankheit zu bekämpfen. Und wenn die Antwort nicht Vitamin D ist, dann ist das in Ordnung - wir haben viele andere Ideen." Dazu gehört auch, den Patienten bei der Minimierung kardiometabolischer Begleiterkrankungen wie Herzkrankheiten und Bluthochdruck zu helfen, sagte sie.

Sind die Ausschlusskriterien zu weit gefasst?

Dr. Alberto Ascherio, Professor für Epidemiologie und Ernährung an der Harvard T.H. Chan School of Public Health in Boston (Massachusetts), sagte in einem Kommentar zu den Ergebnissen, dass ein Schlüsselprinzip bei der Empfehlung von Vitaminpräparaten darin besteht, dass sie im Allgemeinen nur für Personen mit Vitaminmangel von Nutzen sind. Er wies darauf hin, dass "Patienten mit Vitamin-D-Mangel (25(OH)D < 15 ng/ml, was 37,5 nmol/l entspricht) von dieser Studie ausgeschlossen wurden. Vor allem aber lag der durchschnittliche 25(OH)D-Ausgangsspiegel bei etwa 30 ng/ml (75 nmol/l), was als ausreichender Spiegel gilt (das IOM betrachtet 20 ng/ml = 50 nmol/l als ausreichenden Spiegel)", wobei der Spiegel im Laufe der Studie durch die Supplementierung weiter anstieg. "Es wäre ein schwerwiegender Fehler, aus dieser Studie (oder einer der früheren Studien) zu schließen, dass eine Vitamin-D-Supplementierung bei MS-Patienten nicht wichtig ist", sagte Ascherio.

Er fügte hinzu, dass viele MS-Patienten einen Serum-Vitamin-D-Spiegel von weniger als 20 ng/ml (50 nmol/l) haben und dass dies der mittlere Serumwert in Studien mit MS-Patienten in Europa war. "Diese Patienten würden mit ziemlicher Sicherheit von moderaten Dosen von Vitamin-D-Präparaten oder einer vernünftigen UV-Lichtexposition profitieren. Höchstwahrscheinlich würden sogar Patienten mit ausreichenden, aber suboptimalen 25(OH)D-Werten (zwischen 20 und 30 ng/ml bzw. 50 und 75 nmol/l) von einer Erhöhung profitieren", sagte er.

Die Studie wurde von der National Multiple Sclerosis Society, Teva Neuroscience Inc. und dem National Institute of Health finanziert.

 

Der Beitrag ist im Original erschienen auf  Die Ergebnisse wurden am 13. April online in eClinicalMedicine veröffentlicht.und von Dr. Petra Kittner übersetzt worden.