Hälfte der Menschheit hat keinen Zugang zu lebensrettenden OPs

  • Presseagentur Gesundheit (pag)
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Berlin (pag) – Fünf Milliarden Menschen – mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung – haben heute keinen Zugang zu chirurgischen Eingriffen. Das sagt Inga Osmers, Leiterin Berlin Medical Unit von Ärzte ohne Grenzen, anlässlich des 70-jährigen Jubiläums der Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf einer Veranstaltung des Zeitverlags in Berlin.

830 Frauen würden täglich im Rahmen von Schwangerschaft und Geburt sterben, etwa 90 Prozent könnten mit chirurgischen Operationen gerettet werden. „Dafür braucht es aber Krankenhäuser, Personal, ausgebildete Mediziner“, sagt Osmers. Ferner dürfe die Behandlung nicht so teuer sein, dass sich Patienten dafür lebenslang verschulden. Auch bei der Aufklärung etwa zum Thema Impfungen könne die WHO viel tun und eine Bereitschaft vor Ort schaffen, sich der Medizin anzuvertrauen. Durchgeführt werden müsse dies aber von lokalen Akteuren, von Nachbarn, so Osmers. 

Die Teilnehmer der Podiumsdiskussion loben Erfolge der WHO – die Ausrottung von Pocken, Polio, Kinderlähmung – fordern aber zugleich mehr Prävention, eine Stärkung der Gesundheitsstrukturen in Entwicklungsländern und weniger Einfluss von privaten Geldgebern. „Die WHO hat aus ihren Fehlern gelernt und ist heute schneller alarmiert“, sagt Schriftsteller Rainer Merkel mit Blick auf die Ebola-Epidemie 2014. Das System kranke aber daran, dass einzelne Krankheiten im Fokus stünden, Gesundheitsstrukturen in Entwicklungsländern nicht aufgebaut oder gestärkt und lokale Akteure nicht unterstützt würden. Beim Aufbau dieser Strukturen spiele Deutschland eine wichtige Rolle, meint Prof. Detlev Ganten, Präsident des World Health Summit. „Deutschland muss seinen Reichtum einsetzen, um gesundheitliche Stabilität der Länder um uns herum her- und sicherzustellen“, sagt er. 

Die Diskutanten kritisieren ferner die Mittelgebundenheit vieler WHO-Projekte. Dadurch sei die Einflussnahme von Ländern und privaten Geldgebern groß. „Gates und Co. müssen daher aus Projekten der WHO ausgeschlossen werden“, lautet Merkels radikale Forderung.

Anstelle von Infektionskrankheiten spielten künftig nicht ansteckende Volkskrankheiten der westlichen Industrienationen wie Fettleibigkeit, Diabetes, Bluthochdruck und Schlaganfall eine immer größere Rolle auch in den Entwicklungsländern, so die Einschätzung der Podiumsgäste.