Grippe bei Kindern: Frühe Oseltamivirgabe ist bei stationärer Therapie sinnvoll
- Dr. Nicola Siegmund-Schultze
- Studien – kurz & knapp
Kernbotschaften
Bei Kindern, die wegen einer Grippe im Krankenhaus behandelt werden, verkürzt eine rasche Behandlung mit dem Neuraminidasehemmer Oseltamivir die Dauer des Krankenhausaufenthalts und verringert die Wahrscheinlichkeit, dass Patienten, die bereits aus der Klinik entlassen wurden, erneut stationär aufgenommen werden müssen. Das ergibt eine große Kohortenstudie aus den USA mit 55.800 pädiatrischen Patienten, davon mehr als die Hälfte Kleinkinder bis 5 Jahre.
Hintergrund
Die Therapie der Influenza im Kindesalter basiert im Wesentlichen auf der Behandlung der Symptome mit einigen Tagen Bettruhe und schmerzlindernden und fiebersenkenden Medikamenten wie Paracetamol oder Ibuprofen. Bei einigen Kindern gibt es schwere Verläufe: akute respiratorische Insuffizienz durch eine virale Bronchiolitis zum Beispiel oder ein systemisches inflammatorisches Response-Syndrom oder hämodynamische Symptome bei viraler Peri- oder Myokarditis. In den USA wird bei stationär zu behandelnder Influenza im Kindesalter die frühe Gabe des Neuraminidasehemmers Oseltamivir empfohlen. Er blockiert die Freisetzung neugebildeter Viruspartikel, und zwar sowohl von Influenza A als auch von Influenza B. In den meisten bisherigen Studien wurden Wirkamkeit und Sicherheit von Oseltamivir bei ambulanter Therapie untersucht. Nun liegen Daten für stationär behandelte Kinder mit aus einer großen, US-amerikanischen Kohortenstudie vor.
Design
- Studienform: multizentrische, Propensity-Score-gewichtete retrospektive Analyse der Daten von 55 799 Kindern, die zwischen 2007 und 2020 wegen Influenza stationär behandelt worden waren (Datenbank: Pediatric Health Information System (PHIS)
- Intervention: frühe Gabe von Oseltamivir am Tag der Klinkaufnahme oder 1 Tag später (n = 33.207) vs. spätere oder keine Gabe von Oseltamivir (n = 22.592)
- Altersverteilung: 37 % < 2 Jahren, 21 % zwischen 2 und 5 Jahren, 41 % > 5 Jahre; median: 3,6 Jahre
- Endpunkte: Dauer des Krankenhausaufenthalts und Wiederaufnahme innerhalb von 7 Tagen
Hauptergebnisse
- Unter früher Oseltamivirtherapie verkürzte sich der Krankenhausaufenthalt um median einen Tag, nämlich von median 4 Tage ohne Oseltamivir auf median 3 Tage mit früher Neuraminidasehemmung.
- Auf eine intensivmedizinische Abteilung mussten 2,4 % in der Oseltamivirgruppe verlegt werden und 5,5 % in der Gruppe ohne Oseltamivir oder mit erst später erfolgter Gabe des Virustatikums (adjustierte Odds Ratio [aOR]: 0,41).
- Eine stationäre Wiederaufnahme jeglicher Ursache innerhalb von 7 Tagen war bei 3,5 % in der Gruppe mit früher Gabe des Neuraminidaseinhibitors erforderlich und bei 4,8 % ohne Oseltamivirtherapie (aOR: 0,72)
- Den zusammengesetzten Endpunkt aus ECMO-Therapie und Tod erreichten 0,9 % bei früher Virustatikatherapie und 1,4 % ohne oder mit später Oseltamivirtherapie (aOR: 0,63).
- Die Unterschiede im klinischen Outcome bestanden über alle Subgruppen hinweg, also auch bei Berücksichtigung von Alter, positiver Anamnese für komplexe chronische Krankheiten, frühem schwerem Verlauf oder Asthma. Bei Asthmapatienten war lediglich die mediane Dauer des Krankenhausaufenthaltes mit 3 Tagen nicht unterschiedlich zwischen den beiden Gruppen.
Klinische Bedeutung
Die frühzeitige Gabe eines Neuraminidasehemmers ist medizinisch sinnvoll bei Kindern, die eine stationäre Behandlung wegen Influenza benötigen, so das Fazit der Autoren. In Deutschland wird eine Behandlung mit Oseltamivir vor allem bei Kindern mit erhöhtem Risiko erwogen, zum Beispiel durch chronische Krankheiten.
Finanzierung: keine Angaben
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