Geburtseinleitung hat möglicherweise Auswirkung auf spätere Schulleistung
- Andrea Hertlein
- Medizinische Nachrichten
Kernbotschaften
Die Einleitung einer Geburt ist im Vergleich zu spontan einsetzenden Wehen möglicherweise mit schlechteren schulischen Leistungen der Kinder im Alter von zwölf Jahren verbunden. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die jüngst im Journal Acta Obstetricia et Gynecologica Scandinavic erschienen ist. Mediziner aus Deutschland äußern gegenüber dem Science Media Center jedoch Zweifel am Effekt.
Für die Studie wertete ein Forschungsteam um Anita Ravelli vom Amsterdam University Medical Center (UMC), Daten von 226.684 Kindern aus den Niederlanden aus, die in den Jahren 2003 bis 2008 in der 37. bis 42. Schwangerschaftswoche geboren wurden und bei denen keine Komplikationen auftraten. Sie verglichen die Schulleistungen im Alter von zwölf Jahren von Kindern, die nach einer Geburtseinleitung geboren wurden, mit denjenigen, die ohne Intervention geboren wurden.
Die Ergebnisse zeigten, dass bei jeder Schwangerschaftswoche bis zur 41. Woche die Geburtseinleitung im Vergleich zur spontanen Geburt zu einer verringerten schulischen Leistung der Kinder führte. Dabei wurde festgestellt, dass bei jeder induzierten Geburt die schulischen Leistungen im Vergleich zu spontan geborenen Kindern um etwa 0,05 Standardabweichungen niedriger waren. Darüber hinaus erreichten nach einer Geburtseinleitung weniger Kinder eine höhere Schulbildung.
Studie liefert keine Kausalität
„Diese Studie hat wie jede Studie ihre Stärken und Schwächen“, sagt Sven Kehl, Oberarzt der Frauenklinik und Koordinator des Universitäts-Perinatalzentrums Franken, Universitätsklinikum Erlangen gegenüber dem Science Media Center. Zu den Stärken gehören u.a. eine große Anzahl von untersuchten Daten, die mit den Kindern verknüpft sind, ein hoher Stichprobenumfang und die Berücksichtigung von Störfaktoren, wie dem Bildungsniveau der Mutter. Es sei aber keine Studie, aus der eine Kausalität abgeleitet werden könne, betont Kehl.
Dennoch hält der Mediziner die Untersuchung für beachtenswert: „In Anbetracht des Trends der vergangenen Jahre einer häufigeren Geburtseinleitung ab 39 Schwangerschaftswochen – auch ohne Vorliegen von Risiken – sind die Ergebnisse dieser Studie ein schlagkräftiges Argument gegen dieses Vorgehen“.
Wenig Einfluss auf deutsche Geburtskliniken
Auf das Vorgehen in deutschen Geburtskliniken habe diese Studie jedoch nur einen geringen Einfluss, räumt der Mediziner ein, da die routinemäßige Geburtseinleitung ab 39 Schwangerschaftswochen in den deutschsprachigen Ländern stets kritisch gesehen wurde. Es gilt weiterhin, dass bei Vorliegen von Risiken eine Risiko-Nutzen-Analyse durchgeführt und die Beendigung der Schwangerschaft unter Berücksichtigung der mütterlichen und/oder kindlichen Risiken in Betracht gezogen werden muss. Wenn keine medizinischen Gründe für eine vorzeitige Beendigung vorliegen, sollten die Frauen auch über die möglichen Langzeitfolgen und nicht nur über die kurzfristigen Risiken aufgeklärt werden, fordert Kehl.
Wunscheinleitungen ohne Indikation sollten unterbleiben
Auch wenn der gefundene Effekt der Einleitung auf die schulische Leistung sehr fraglich sei, erinnert die Studie daran, dass mögliche Nebenwirkungen einer Einleitung existieren können, äußert auch Michael Abou-Dakn, Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe am St. Joseph Krankenhaus in Berlin-Tempelhof. Er betont, dass es zurecht zu kritisieren sei, dass auch in Deutschland über 20 Prozent der Geburten eingeleitet werden. Wunscheinleitungen oder solche ohne evidente Indikation sollten daher unterbleiben.
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