Fertilität der Frau: Genetische Einflussfaktoren für vorzeitige Menopause identifiziert

  • Dr. Nicola Siegmund-Schultze
  • Studien – kurz & knapp
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Kernbotschaften

Eine umfassende Analyse der Gendatensätze von 200.000 Frauen europäischer Abstammung belegt, dass 290 Gen-Allele den Beginn der Wechseljahre wesentlich bestimmen. Genetische Hochrisiko-Konstellationen für einen vorzeitigen Beginn der Menopause finden sich bei 1 % der Frauen, und die entsprechenden Genloci sind in die Regulation der Reparatur von DNA-Schäden involviert. Zum Teil sind es Loss-of-Function-Varianten.

Hintergrund
Als vorzeitig werden Wechseljahre gesehen, die vor dem 40. Lebensjahr beginnen. Circa 1 % der Frauen sind betroffen (1). Typische Wechseljahresbeschwerden wie Hitzewallungen, Schlafstörungen, psychische Instabilität, Gelenkschmerzen und Scheidentrockenheit sind ähnlich häufig wie bei Frauen, bei denen die Wechseljahre im typischen Alter um das 50. Lebensjahr herum (47-52 Jahre) beginnen. Die biologischen Mechanismen für den Beginn der Wechseljahre sind unzureichend bekannt. Nicht-genetische Faktoren sind zum Beispiel Fehlernährung und intensives Rauchen (früher Beginn), aber auch starkes Übergewicht (später Beginn). Der Einfluss genetischer Faktoren wird auf 50 % geschätzt. Aber welche Gene involviert sind, ist nur teilweise geklärt. Ein britisches Forscherteam hat die bislang umfangreichste Analyse zu dieser Fragestellung publiziert (2).

Design

  • Studienform: Untersuchung einer Assoziation von Genvarianten mit dem Beginn der Unfruchtbarkeit bei 200.000 Frauen europäischer Abstammung im Alter von 40-60 Jahren.
  • Datenbasis: Europäische Biodatenbanken wie die UK Biobank, eine große, populationsbasierte Datenbank mit detaillierten klinischen, biologischen und genetischen Informationen.

Hauptergebnisse

  • 290 gängige Genvarianten sind mit klinischen Extrembereichen der Ovarinsuffizienz assoziiert.
  • Die meisten dieser Gene sind in die Reparatur von DNA-Schädigungen involviert.
  • Der Einfluss einzelner Gene auf die Phase der Fertilität konnte gering sein (Differenzen von 3,5 Wochen) oder hoch (Differenzen von 1,5 Jahren).
  • Bei den Allelen, die an einem vorzeitigen Funktionsverlust der Eierstöcke beteiligt sind, handelt es sich zum Teil um Loss-of-Function-Varianten sehr wesentlicher DNA-Reparaturgene. Diese Reparaturprozesse sind über verschiedene Lebensphasen hinweg wichtig für die Regulation der ovariellen Reserve.
  • Über eine Manipulation der DNA-Reparatur-Signalwege im Tier ließ sich die Fertilitätsphase weiblicher Mäuse verlängern.

Klinische Bedeutung
Vorzeitige Wechseljahre – bei circa 0,3 % der Frauen beginnen diese sogar vor dem 35. Lebensjahr – können nicht nur mit der Familienplanung interferieren, sondern sich durch den viel zu frühen Hormonmangel negativ auf die Knochen-, Herzkreislauf- und Stoffwechselgesundheit auswirken und die kognitive Leistungsfähigkeit beeinträchtigen, sofern die Frauen keine Hormonersatztherapie erhalten (1). Eine lange reproduktive Phase allerdings erhöht das Risiko für hormonsensitive Malignome. Die Identifizierung der Gene und deren Gewichtung für den Alterungsprozess der Ovarien wird als Potenzial dafür gesehen, bei erhöhtem Risiko für vorzeitige ovarielle Dysfunktion die Fertilitätsphase individuell abzuschätzen, und als wesentliche Basis für neue therapeutische Ansätze, um eine vorzeitige Infertilität zu vermeiden.
 

Finanzierung: Mittel der Universitäten Exeter und Cambridge, UK