Falsche Kontraindikationen: Wann Impfen trotzdem möglich ist

  • Andrea Hertlein
  • Medizinische Nachrichten
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Kernbotschaften

Grundsätzlich könnten fast alle Menschen geimpft werden. Zum Teil unterbleiben jedoch wichtige Immunisierungen, weil bestimmte Umstände irrtümlich als Kontraindikationen angesehen werden. Das Robert Koch-Institut (RKI) widerlegt in dem aktuell publizierten Faktenblatt zum Thema Impfen falsche Annahmen und erläutert, in welchen Fällen eine Impfung tatsächlich kontraindiziert ist.

Erkältung kein Ausschlusskriterium

Zu den klassischen Annahmen, wann nicht geimpft werden sollte, zählen banale Infekte. Wenn die Temperatur unter 38 °C bleibt, sei laut Faktenblatt eine Immunisierung ohne weiteres möglich; genauso wenn im Vorfeld der Impfung Kontakt zu Personen mit ansteckenden Erkrankungen bestanden hatte. Auch bei chronischen Erkrankungen ohne Immunsuppression, wie neurologischen Erkrankungen, Krebserkrankungen oder Nierenerkrankungen steht einer Impfung nichts im Weg, so das RKI. Gleiches gilt für Menschen mit Gerinnungsstörungen, Krampfanfällen in der Familie oder Fieberkrämpfen in der Vorgeschichte sowie beim Vorliegen lokaler Hautreaktionen, Ekzeme und Dermatosen.

Auch Menschen mit angeborenen oder erworbenen Immundefekten können mit Totimpfstoffen (keine Lebendimpfstoffe!) geimpft werden, so das RKI. Gleiches gilt für immungeschwächte Personen. Außerhalb entzündlich aktiver Phasen ist eine Immunisierung auch für Menschen mit Autoimmunkrankheiten, chronisch entzündlichen Erkrankungen und rheumatologischen Erkrankungen möglich.

Immunisierung ab dem zweiten Schwangerschaftsdrittel

Schwangere Frauen können sich ab dem zweiten Schwangerschaftsdrittel ebenfalls impfen lassen, müssen aber Lebensimpfstoffe meiden, heißt es im Faktenblatt. Eine Immunisierung gegen COVID-19, Pertussis und Influenza wird den werdenden Müttern sogar explizit empfohlen. Bei der Gelbfieber-Impfung sollte eine sorgfältige Risiko-Nutzen- Abwägung getroffen werden. Auch Säuglinge können laut RKI in der Regel geimpft werden, darunter auch Frühgeborene unabhängig von ihrem Reifealter und aktuellem Gewicht oder Säuglinge mit Neugeborenen-Ikterus.

Auch bestimmte Medikamente werden dem RKI zufolge häufig irrtümlicherweise als Kontraindikation angesehen. Dazu zählen die medikamentöse Gerinnungshemmung , die Behandlung mit Antibiotika, die Therapie mit niedrigen Dosen von Kortikosteroiden (Cortison) sowie lokal angewendeten steroidhaltigen Präparaten (z. B. Cortisonsalben). Auch anstehende Operationen schließen nicht per se das Impfen aus. Hier sollten empfohlene Zeitabstände zur Immunisierung beachtet werden; bei Totimpfstoffen 3 Tage, bei Lebendimpfstoffen 14 Tage.

Echte Gründe gegen eine Impfung 

Richtige Kontraindikationen sind medizinische Ausschlusskriterien für eine Impfung mit einem bestimmten Impfstoff oder zu einem bestimmten Zeitpunkt, heißt es im Faktenblatt. So sollte eine Impfung bei schweren akuten Erkrankungen erst nach der Genesung erfolgen. Postexpositionelle Impfungen (z. B. gegen Tollwut, Tetanus und Hepatitis B) sollten laut RKI dagegen auch bei akuten schweren Erkrankungen unverzüglich durchgeführt werden.

Auch bei schweren Allergien gegen Bestandteile eines Impfstoffes besteht eine echte Kontraindikation. Für viele Impfstoffe seien jedoch inzwischen Alternativen ohne Allergene erhältlich, wie z. B. Hühnereiweiß-freie Präparate, so das RKI.

Lebendimpfstoffe sind grundsätzlich kontraindiziert bei angeborener, erworbener oder medikamentös induzierter Immunsuppression sowie in der Schwangerschaft, wie das Faktenblatt auflistet.