ESC 2022 – Die erste ESC-Leitlinie für die Kardio-Onkologie: Was ist zu tun und was nicht?
- Univadis
- Conference Report
In einer Veranstaltung mit dem Titel „2022 ESC Guidelines on Cardio-Oncology“ (ESC-Leitlinien für die Kardio-Onkologie 2022) besprechen vier Mitglieder der Arbeitsgruppe unter der Leitung von Alexander Lyon aus dem Vereinigten Königreich und Teresa Lopez Fernandez aus Spanien verschiedene Abschnitte der Leitlinien mit neuen Empfehlungen zum Umgang mit kardiovaskulären (KV) Ergebnissen bei Krebspatienten und Überlebenden.
Vor Beginn der Krebstherapie (Evandro de Azambuja, Belgien)
Dr. Azambuja betont zunächst, dass sich das KV Risiko von Patient zu Patient unterscheidet, da sie sich unterschiedlichen Krebsbehandlungen unterziehen, wobei das Risiko selbst durch die Wahrscheinlichkeit des Auftretens und den Schweregrad der Komplikation definiert wird. Vor Beginn einer Krebstherapie ist es wichtig, die Ausgangslage in Bezug auf Risikofaktoren der Patienten zu beurteilen, einschließlich Alter, Geschlecht, Genetik, früherer kardiotoxischer Therapien und früherer KV Erkrankungen (CVD). Die Übernahme eines systematischen Ansatzes für die Risikobewertung ohne Verzögerung der Krebsbehandlung ist etwas, das von den Ärzten angestrebt werden sollte. Eine Überweisung an einen Kardiologen wird für Patienten mit hohem bzw. sehr hohem Risiko für eine krebstherapiebedingte KV Toxizität (KTB-KVT) zur Baseline empfohlen, während Patienten mit mäßigem Risiko möglicherweise eine engmaschigere Überwachung der Herzfunktion usw. benötigen. Patienten mit geringem Risiko können in das Onkologieprogramm aufgenommen und im Falle des Auftretens einer KTB-KVT an die Kardio-Onkologie überwiesen werden. Herzuntersuchungen (Elektrokardiogramm [EKG], Biomarker und Bildgebung) sollten anhand des KV Risikos und der geplanten Krebsbehandlungen für den jeweiligen Patienten ausgewählt werden. Die Messung von natriuretischen Peptiden (NP) und/oder kardialem Troponin (cT) zur Baseline wird für alle Patienten mit Krebs empfohlen, bei denen ein Risiko für eine krebstherapiebedingte kardiale Dysfunktion (KTB-KD) besteht, wenn diese Biomarker während der Behandlung gemessen werden, um eine KTB-KD festzustellen.
Offenlegungen: Beiratsmitglied verschiedener Unternehmen und/oder Honorare, Reisezuschüsse und Forschungsmittel aus verschiedenen Quellen, einschließlich AstraZeneca und Roche/GNE.
Verhinderung von KV Komplikationen während der Krebstherapie (Jutta Bergler-Klein, Österreich)
Die Primärprävention besteht im Versuch, KTB-KVT bei Patienten ohne CVD zu vermeiden/minimieren, während die Sekundärprävention Strategien für Patienten mit vorbestehenden CVD umfasst. Dr. Klein weist auf eine interessante Empfehlung hin, Statine zur Primärprävention bei erwachsenen Krebspatienten zu erwägen, die ein hohes bzw. sehr hohes Risiko für KV Toxizität aufweisen. Darüber hinaus hebt sie die Protokolle zur Überwachung auf KTB-KVT für die häufigsten Krebstherapien und Strahlentherapien hervor, die in den Leitlinien enthalten sind. Zum Beispiel umfasst das empfohlene Überwachungsprotokoll während einer Anthracyclintherapie gemäß dem KTB-KD-Risiko zur Baseline eine klinische Beurteilung in Kombination mit kardialen Biomarkern (cT und NP) und einem EKG. Desgleichen bespricht sie die Empfehlungen für eine Risikobewertung zur Baseline und eine Überwachung während einer auf den humanen epidermalen Wachstumsfaktorrezeptor 2 (HER-2) abzielenden Therapie mit einem VEGF-Inhibitor (Hemmstoff des vaskulären endothelialen Wachstumsfaktors), einem Medikament gegen multiples Myelom und einem Immuncheckpoint-Inhibitor (ICI). Zusammenfassend lässt sich sagen, dass detaillierte Strategien zur Prävention und Überwachung während jeder Krebstherapie bereitgestellt werden (u. a. 3D-Echokardiographie, globaler longitudinaler Strain und kardiale Biomarker), um die KV Toxizität infolge spezifischer Krebstherapien und das Risiko für eine KV Toxizität zur Baseline zu erkennen. Bei Patienten mit hohem KV Risiko sollte eine präventive Behandlung gegen KV Risikofaktoren bereits zur Baseline sowie als Reaktion auf irgendwelche Anzeichen einer KTB-KVT während der Krebstherapie eingeleitet werden.
Diagnose und Behandlung von KV Toxizität während der Krebstherapie (Dimitrios Farmakis, Griechenland)
Dr. Farmakis beginnt mit einer Erörterung des dynamischen Charakters des KTB-KVT-Risikos, das während der aktiven Phase einer kardiotoxischen Krebstherapie zunimmt, und der Wechselwirkung der Hauptfaktoren, die zu Herzerkrankungen führen: (i) des zugrunde liegenden KV Status des Patienten, (ii) der Krebserkrankung selbst und (iii) der Krebstherapie. Gemäß den Leitlinien wird „für eine optimale diagnostische Abklärung und Behandlung von Krebspatienten, bei denen während und nach der Krebsbehandlung eine neue KV Toxizität eintritt, eine KV Beurteilung durch einen Facharzt empfohlen“. Im Hinblick auf die Behandlung einer kardialen Dysfunktion, die auf eine Chemotherapie mit Anthracyclinen zurückzuführen ist, werden Angiotensin-Converting-Enzyme-Inhibitoren, Angiotensinrezeptor-Blocker und/oder Betablocker bei einer leichten, asymptomatischen KTB-KD empfohlen, ohne die Anthracyclin-Chemotherapie zu unterbrechen. Eine ähnliche Überwachung des Herzens wird bei Patienten mit KTB-KD empfohlen, die auf HER2 abzielende Therapien fortsetzen, ebenso wie bei Patienten, die diese nach einer Unterbrechung nach dem Abklingen von klinischen Symptomen eines Herzversagens wieder aufnehmen. Die Behandlung von Myokarditis, einer schweren Komplikation der ICI-Therapie, sollte die Klassifizierung der Patienten nach dem Schweregrad der Myokarditis umfassen. Serumelektrolyte und andere Risikofaktoren sollten bei Patienten unter Medikamenten, mit denen das QT-Intervall verlängert wird, engmaschig überwacht und korrigiert werden. Darüber hinaus sollte ein strukturierter Algorithmus verwendet werden, um das Antikoagulationsmanagement bei Krebspatienten mit Vorhofflimmern oder venöser Thromboembolie zu steuern.
Offenlegungen: Vortrags-/Beratungshonorare aus verschiedenen Quellen.
Nach Beendigung der Krebstherapie (Thomas Suter, Schweiz)
Dr. Suter hebt die zwei Hauptziele der Risikobewertung zum Ende der Krebstherapie hervor, welche die ersten 12 Monate nach der letzten kardiotoxischen Krebsbehandlung abdeckt: (a) frühzeitige Identifizierung von Patienten mit krebsbehandlungsbedingter Kardiotoxizität und (b) Identifizierung von Patienten mit einem Risiko für späte krebsbehandlungsbedingte Komplikationen. Krebspatienten, die sich kardiotoxischen Krebstherapien unterzogen haben, werden untersucht, um ihr KV Toxizitätsrisiko zu beurteilen, was wiederum die Planung ihrer langfristigen Überwachung erleichtert. Auf der Grundlage dieser Beurteilung sollten asymptomatische Patienten mit einem hohen oder sehr hohen Risiko 3 Monate sowie 1 Jahr nach Abschluss der Krebstherapie einer Messung der kardialen Biomarker im Serum und einem EKG unterzogen werden. Darüber hinaus sollten medizinische KV Therapien, die während einer Krebstherapie eingeleitet wurden, beurteilt werden. Die Leitlinien bieten auch einen neuen Algorithmus, um das Absetzen von KV Medikamenten bei Krebsüberlebenden zu steuern, die ein erhöhtes Risiko für spät einsetzende KV Komplikationen aufweisen könnten, selbst wenn sie asymptomatisch sind oder am Ende der Krebstherapie eine normale Herzfunktion haben. Die langfristige Nachbeobachtung zielt darauf ab, diese Probleme zu identifizieren und die Prognose zu verbessern. Bei schwangeren Krebspatientinnen sollte die kardiale Beurteilung vor der Chemotherapie die klinische Vorgeschichte, eine körperliche Untersuchung, ein EKG, die Beurteilung der kardialen Biomarker und eine transösophageale Echokardiographie umfassen.
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