ESC 2023: Es geht voran bei der Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion
- Dr. med. Thomas Kron
- Medizinische Nachrichten
Kernbotschaften
Mit Semaglutid gibt es nun ein weiteres Antidiabetikum, zu dem positive Daten aus einer klinischen Studie bei Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion vorliegen. Positiv heißt: Die Patienten haben weniger Beschwerden und sind physisch leistungsfähiger.
Erfolg mit dem SGLT-2-Hemmer Empagliflozin
Die diastolische Herzinsuffizienz (HFpEF, HFmrEF) ist eine vergleichbar häufige und prognostisch ernste Erkrankung wie die systolische Herzinsuffizienz (HFrEF). Eine spezifische, die Prognose verbessernde medikamentöse Behandlung der HFpEF/HFmrEF steht daher seit vielen Jahren auf der Wunschliste von Kardiologen und betroffenen Patienten.
Vor rund zwei Jahren konnten schließlich die Autoren der EMPEROR-Preserved-Studie Erfreuliches zu dem SGLT-2-Hemmer Empagliflozin melden.
In der Doppelblindstudie wurden, wie berichtet, 5988 Patienten mit Herzinsuffizienz der Klassen II-IV und einer Ejektionsfraktion von mehr als 40 Prozent (im Mittel 54%); randomisiert auf eine Gruppe von Patienten, die zusätzlich zur üblichen Therapie Empagliflozin (10 mg einmal täglich) erhielten, und auf eine sogenannte Placebo-Gruppe. Das Durchschnittsalter der Teilnehmer betrug 72 Jahre, der Frauen-Anteil 45 Prozent. Der Anteil der Diabetes-Patienten betrug fast 50 Prozent. Der primäre Endpunkt war eine Kombination aus kardiovaskulärem Tod oder Krankenhausaufenthalt wegen Progredienz der Herzinsuffizienz.
Innerhalb von im Median 26,2 Monaten gab es ein primäres Endpunktereignis bei 415 von 2997 Patienten (13,8 %) in der Empagliflozin-Gruppe und bei 511 von 2991 Patienten (17,1 %) in der Placebo-Gruppe. Dies entspricht einer signifikanten relativen Risikoreduktion von 21 Prozent (Hazard Ratio 0,79). Der Effekt des SGLT-2-Hemmers auf den kombinierten Endpunkt war hauptsächlich auf ein geringeres Risiko für Krankenhausaufenthalte wegen Herzinsuffizienz zurückzuführen (8,6 versus 11,8 Prozent, HR 29 Prozent).
Das Ergebnis der Studie stelle einen großen Sieg gegen eine schwierig zu behandelnde Krankheit dar, kommentierte damals der US-Kardiologe Professor Mark H. Drazner von der Universität von Texas in Dallas. Letztendlich dürfte die EMPEROR-Preserved-Studie angesichts des Mangels an therapeutischen Optionen für Patienten mit Herzinsuffizienz und erhaltener Ejektionsfraktion zu einer Änderung der klinischen Praxis beitragen, so Drazner im „New England Journal of Medicine“.
Erfolg mit dem SGLT-2-Hemmer Dapagliflozin
Positive Studien-Daten wurden 2021 auch zu dem SGLT-2-Hemmer Dapagliflozin gemeldet. Laut den Autoren einer im Fachmagazin „Nature Medicine“ reduzierte eine 12-wöchige Behandlung mit Dapagliflozin die von den herzinsuffizienten Patienten angegebenen Symptome sowie physischen Einschränkungen und verbesserte die Leistungsfähigkeit. Das Ausmaß dieses Nutzens war nach Angaben der Autoren klinisch relevant, statistisch signifikant und über alle vordefinierten Untergruppen hinweg konsistent, einschließlich Patienten mit und ohne Typ-2-Diabetes und Patienten mit einer Ejektionsfraktion von über sowie unter 60 Prozent. Bei den mit Dapagliflozin behandelten Patienten war darüber hinaus auch eine signifikante, klinisch bedeutsame Zunahme der 6-MWT-Distanz um 20 Meter festzustellen.
Beurteilt wurde der primäre Endpunkt anhand des „Kansas City Cardiomyopathy Questionnaire Clinical Summary Score“ (KCCQ-CS), einem krankheitsspezifischen Messinstrument zur Erfassung der Lebensqualität bei chronischer Herzinsuffizienz. 324 Patienten erhielten im Verhältnis von 1 zu 1 Dapagliflozin oder Placebo. Von den 162 Patienten der Dapagliflozin-Gruppe beendeten 146 die Studie, von den 162 der Placebo-Gruppe 145 Patienten. Das mediane Alter betrug 70 Jahre, 57 Prozent waren Frauen. Die mediane Dauer der Herzinsuffizienz betrug drei Jahre. 36 Prozent der Patienten erhielten Mineralokortikoid-Antagoniste), 62 Prozent ACE-Hemmer, Sartane oder einen Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitor und 88 Prozent Schleifendiuretika (der Rest Thiaziddiuretika, kaliumsparende Diuretika oder beides).
Dapagliflozin verbesserte signifikant den KCCQ-CS (68,6 versus 62, 8, Effektgröße: 5,8, p = 0,001) und erfüllte damit den vordefinierten primären Endpunkt. Dapagliflozin verbesserte signifikant auch die 6MWT (262 m versus 242 m).
Und nun: Erfolg mit dem GLP-1-Rezeptor-Agonisten Semaglutid
Nun sind beim aktuellen Kongress der europäischen Kardiologen-Gesellschaft (ESC) in Amsterdam positive Studien-Daten zu dem Antidiabetikum Semaglutid vorgestellt und zeitgleich im „New England Journal of Medicine“ veröffentlicht worden. Hauptresultat der vom Unternehmen Novo Nordisk finanzierten Studie: Durch eine gewichtsreduzierende Therapie mit Semaglutid konnten bei adipösen Patienten Symptome einer Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion gelindert werden.
Der Hintergrund: Epidemiologische Daten weisen nach Angaben der Autoren darauf hin, dass die Mehrheit der Patienten mit Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion adipös ist; zudem gebe es immer mehr Hinweise darauf, dass adipöses Gewebe eine zentrale Rolle bei der Entstehung, dem Fortschreiten und den Folgen der Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion spiele. Trotz dieser Zusammenhänge und trotz früherer Daten, die darauf hindeuten, dass sich Gesundheitszustand und körperliche Leistungsfähigkeit bei adipösen Patienten mit Herzinsuffizienz und erhaltener Ejektionsfraktion verbessern lassen, fehlten den Autoren zufolge bisher prospektive Studien zur Pharmakotherapie des Adipositas-Phänotyps dieser Herzerkrankung.
In die nun veröffentlichte Studie wurden mindestens 18 Jahre alte Patienten mit einer linksventrikulären Auswurffraktion von mindestens 45 % und einem Body-Mass-Index von mindestens 30 aufgenommen; Patienten mit Diabetes oder einem HbA1c-Wert ≥ 6,5 % wurden ausgeschlossen, ebenso Patienten mit einer früheren oder geplanten bariatrischen Operation. 529 Teilnehmer erhielten wöchentlich entweder Semaglutid (2,4 mg) oder Placebo; die Dauer der Prüfphase betrug 52 Wochen. Die beiden primären Endpunkte waren die Veränderung des klinischen Gesamtscores des Kansas City Cardiomyopathy Questionnaire (KCCQ-CSS) und die Veränderung des Körpergewichts. Zu den sekundären Endpunkten gehörten die Veränderung der 6-Minuten-Gehstrecke, ein zusammengesetzter Endpunkt, der Tod, Herzinsuffizienzereignisse und Unterschiede in der Veränderung des KCCQ-CSS und der 6-Minuten-Gehstrecke umfasste, sowie die Veränderung des CRP-Werts.
Wie die Autoren berichten, betrug die mittlere Veränderung des KCCQ-CSS unter Semaglutid 16,6 Punkte und unter Placebo 8,7 Punkte; die mittlere prozentuale Reduktion des Körpergewichts lag unter Semaglutid bei rund 13 Prozent, in der Placebo-Gruppe bei 2,6 Prozent.
Auch beim Parameter ‚Veränderung der 6-Minuten-Gehstrecke‘ schnitten Studienteilnehmer mit Semaglutid signifikant besser ab als die Patienten mit Placebo (21,5 m versus 1,2 m). Dies galt den Autoren zufolge auch beim zusammengesetzten Endpunkt und bei der Abnahme des CRP-Spiegels (43,5 % versus 7,3 %). Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse wurden bei 35 Teilnehmern (13,3 %) der Semaglutid-Gruppe und 71 (26,7 %) der Placebo-Gruppe gemeldet.
Das Ausmaß der mit Semaglutid beobachteten Reduktion der Symptome und körperlichen Einschränkungen sei beträchtlich und deutlich besser als bei anderen pharmakologischen Behandlungen von Patienten mit Herzinsuffizienz und erhaltener Ejektionsfraktion, so Studienautor Dr. Mikhail Kosiborod (Saint Luke’s Mid America Heart Institute, Kansas City, MO). Und: Diese mit Spannung erwarteten Ergebnisse sollten dem Glucagon-like Peptide-1 (GLP-1)-Rezeptor-Agonisten eine Rolle als wertvoller therapeutischer Ansatz bei der Behandlung von HFpEF-Patienten verschaffen.
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