Erster Fall von Affenpocken in Deutschland nachgewiesen

  • Dr. med. Thomas Kron
  • Medizinische Nachrichten
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Von Michael van den Heuvel

Seit Mai breiten sich Affenpocken mehr und mehr in Europa (Großbritannien, Spanien und Portugal) sowie in Nordamerika aus. Das Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr hat nun auch in Deutschland den 1. Fall nachgewiesen. Bei einem Patienten kam es am 19. Mai zu den typischen Hautveränderungen. Was Virologen bisher wissen.

Wo kommen Affenpocken her?

Affenpocken (Monkeypox virus, Genus Orthopoxvirus) wurden von Virologen bislang vor allem in West- und Zentralafrika bei Nagetieren nachgewiesen. Affen gelten wissenschaftlich als Fehlwirte, wie auch Menschen. Affenpocken wurden erstmalig 1958 bei Affen in einer Versuchstierhaltung beobachtet.

1970 berichteten Ärzte von einem Fall in der Demokratischen Republik Kongo. Die meisten Fälle werden seither aus Nigeria, aus der Demokratischen Republik Kongo, aus Kamerun, aus der Zentralafrikanischen Republik, der Elfenbeinküste, aus Liberia, aus Sierra Leone, Gabun und aus dem Südsudan gemeldet.

Wie werden Affenpocken übertragen?

Laut Robert Koch-Institut (RKI) werden Affenpocken vermutlich von Nagetieren auf Menschen übertragen. Hier ist auch der Verzehr von nicht ausreichend gegartem Fleisch bedeutsam. Das RKI hält Übertragungen von Mensch zu Mensch für möglich, etwa bei engem Kontakt. Dies gilt derzeit als seltener Infektionsweg.

Übertragungen sind über Tröpfchen in der Luft oder über den Kontakt mit Material aus veränderten Hautstellen möglich. In Pustel- und Schorfmaterial ist das Virus noch lange überlebensfähig.

Wie ist der klinische Verlauf?

Die Inkubationszeit liegt zwischen 7 und 21 Tagen. Zu den frühen Symptomen zählen Fieber, Kopf-, Muskel- und Rückenschmerzen und geschwollene Lymphknoten. Bald darauf entwickelt sich ein anfangs stark juckender, fleckiger Ausschlag. Oft treten die Läsionen zuerst im Gesicht auf, später auch in anderen Regionen.

Die Läsionen durchlaufen verschiedene Stadien, wie es Ärzte noch von den – nach jetzigem Wissensstand – deutlich schlimmeren Windpocken kennen. Flüssigkeitsgefüllte Bläschen entstehen. Sie können eitern und aufplatzen. Schließlich bleibt ein Schorf zurück, der aber immer noch replikationsfähige Viren enthält.

Im Vergleich zu den ausgerotteten Menschenpocken ist der Krankheitsverlauf deutlich milder. Innerhalb von einigen Wochen erholen sich die meisten Erkrankten. Die Prognose ist also insgesamt gut. Schwere Verläufe sind jedoch möglich. Das trifft insbesondere auf die zentralafrikanischen Virusvarianten zu, die deutlich virulenter sind als die westafrikanischen. Laut RKI beträgt die Letalität bei Kindern unter 16 Jahren, die mit der zentralafrikanischen Virusvariante infiziert sind, bis zu elf Prozent.

Wie wird die Erkrankung nachgewiesen?

Symptome, allen voran die typischen Hautläsionen, können einen ersten Anhaltspunkt liefern. Auch die Reiseanamnese ist wichtig, wobei nicht nur die typischen Risikogebiete von Bedeutung sind. Auch Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), gelten als Risikogruppe. Bei entsprechendem Verdacht ist eine Labordiagnostik angezeigt.

Wichtige Differentialdiagnosen sind Windpocken, Zoster, Scharlach, Herpes Simplex und andere Pockenvirus-Infektionen, im präeruptiven Stadium Influenza, Malaria, Typhus abdominalis, Syphilis, Leptospirose und viral-hämorraghische Fieber.

Welche Therapien gibt es?

Die Behandlung orientiert sich an den vorherrschenden Symptomen. Ein wichtiges Ziel ist, bei Hautläsionen bakterielle Superinfektionen zu verhindern. Außerdem wurde in der EU Tecovirimat zur Behandlung von Orthopockenvirus-Infektionen zugelassen.

Gibt es Möglichkeiten der Prävention?

In der EU wurde ein Pocken-Impfstoff auf Grundlage des modifiziertes Vacciniavirus Ankara (MVA) zugelassen. In den USA und Kanada gilt die Zulassung auch für die Impfung gegen Affenpocken.

 

Dieser Artikel ist im Original erschienen auf Medscape.de.