Erhöhtes kardiales Risiko durch Süßungsmittel Erythrit?
- Michael Simm
- Studien – kurz & knapp
Kernbotschaften
Die Messung von Stoffwechselprodukten bei Patienten mit einem hohen Risiko für größere kardiovaskuläre Ereignisse (MACE) ergab einen linearen Zusammenhang zwischen dem Eintritt solcher Ereignisse und der Plasmakonzentration des künstlichen Süßstoffes Erythrit in den 3 Jahren davor. Nach Adjustierung war das Risiko beim Vergleich des oberen mit dem unteren Quartil annähernd verdoppelt.
Hintergrund
Obwohl künstliche Süßstoffe immer wieder unter Verdacht gerieten, Krebs auszulösen, konnte bisher kein erhöhtes Risiko nachgewiesen werden. In der aktuellen Arbeit ist man nun einem möglichen Zusammenhang zwischen dem Konsum von Erythrit mit Herz-Kreislauferkrankungen nachgegangen. Als Lebensmittelzusatzstoff trägt diese Verbindung die E-Nummer 968 und ist sowohl in Europa wie auch den USA ohne Mengenbeschränkung zugelassen. Erythrit ist zwar auch in Obst und Gemüse in geringen Konzentrationen enthalten, wurde aber in einer US-Untersuchung von manchen Teilnehmern in Mengen von bis zu 30 Gramm / Tag konsumiert.
Design
Die Assoziation zwischen Erythrit und Herz-Kreislauferkrankungen wurde nicht direkt gemessen, sondern es wurden stattdessen in einer nicht zielgerichteten Metabolomik-Studie zahlreiche Stoffwechselprodukte bei 1157 stabilen Patienten gemessen, die für eine kardiale diagnostische Evaluation vorstellig wurden. Neben Verbindungen mit bekannter Assoziation für das Risiko größerer kardiovaskuläre Ereignisse (MACE) wurden dabei im Plasma auch mehrere Polyole identifiziert, einschließlich solcher, die von künstlichen Süßstoffen abstammen. Diese Zusammenhänge wurden in 2 Validierungskohorten überprüft. Schließlich wurde auch der Einfluss von Erythrit auf die Blutplättchenfunktion bei Konzentrationen untersucht, die beispielsweise nach dem Konsum von Diät-Limonaden auftreten.
Ergebnisse
- In der ersten Metabolomik-Studie war Erythrit unter den Molekülen mit der stärksten Assoziation mit MACE. Das Chancenverhältnis HR betrug 3,22 bei einem 95%-Konfidenzintervall von 1,91 – 5,41 und war mit einem P von < 0,0001 statistisch hochsignifikant.
- In einer US-amerikanischen und einer europäischen Validierungskohorte mit zusammen 2982 Risikopatienten (kardiovaskuläre Erkrankungen und/oder Risikofaktoren wie Diabetes und Übergewicht) fanden sich signifikant erhöhte Plasmaspiegel von Erythrit bei bereits Erkrankten und bei jenen, die in 3 folgenden Jahren ein MACE erlitten (P jeweils < 0,0001). Die Ereignisrate nahm mit dem Erythrit-Spiegel zu.
- Nach Adjustierung für kardiovaskuläre Risikofaktoren ergab der Vergleich zwischen dem obersten und unterstem Quartil der Erythrit-Spiegel in den Validierungskohorten ein HR für MACE von 1,80 bzw. 2,21; die P-Werte reduzierten sich auf 0,007 bzw. 0,010.
- In-vitro-Experimente und Tierversuche zeigten eine beschleunigte Blutgerinnung bei Zugabe von Erythrit zu Vollblut. Schließlich gaben die Forscher je 30 Gramm Erythrit in Form gesüßter Getränke an 8 Freiwillige und fanden danach bei allen 2 – 3 Tage lang Blutspiegel der Verbindung, die jenseits der Konzentration lagen, ab der das Risiko von Blutgerinnseln zunimmt.
Klinische Bedeutung
Menschen mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse nehmen vermutlich häufiger künstliche Süßstoffe wie Erythrit ein. Ob hinter den aufgezeigten Assoziationen jedoch ein kausaler Zusammenhang steckt, ist unklar und kann mit derartigen Studien auch nicht beantwortet werden.
Finanzierung: National Institutes of Health, Leducq Foundation, Deutsche Forschungsgemeinschaft.
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