Erdnussallergie: Allergenpflaster schützt Kleinkinder vor schweren allergischen Reaktionen

  • Nicola Siegmund-Schultze
  • Studien – kurz & knapp
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Kernbotschaften

Für Kleinkinder mit Erdnussallergie hat sich ein neues Konzept zur Toleranzinduktion als sicher und wirksam erwiesen: die epikutane Immuntherapie. Zwei Drittel der Kinder, denen täglich ein Pflaster zwischen die Schulterblätter geheftet wurde, erreichten in einer prospektiv randomisierten, placebokontrollierten Phase-3-Studie nach 12 Monaten eine Desensibilisierung, in der Placebogruppe war es ein Drittel (N Engl J Med 2023; 388: 1755-66). Damit halbierte sich das Risiko für anaphylaktische Reaktionen auf unbeabsichtigt verzehrte Erdnussbestandeile, welches Eltern und Kinder besonders ängstigt. Die Prophylaxe mit dem Allergenpflaster wird als sicher bewertet. Schwere unerwünschte Therapieeffekte waren selten und mit Epinephrin schnell kontrollierbar.

Hintergrund

Erdnüsse sind die häufigsten Auslöser nahrungsmittelinduzierter Anaphylaxien im Kindesalter. Ernussallergien entwickeln sich typischerweise in den ersten Lebensjahren und halten bei 70-80 % der Betroffenen bis ins Erwachsenenalter an. Das bedeutet für Jahrzehnte, erdnusshaltige Lebensmittel vermeiden zu müssen, da es bislang keine etablierte langzeitwirksame Desensibilisierungstherapie gibt. Außer oralen Immuntherapien werden auch epikutane Konzepte geprüft. In der Phase-3-Studie EPITOPE ist das Peanut-Patch Viaskin von DBV Technologies bei Kindern zwischen 1 und 3 Jahren untersucht worden (1).

Design

  • Studienform: internationale, prospektiv randomisierte, placebokontrollierte und doppelblinde Phase-3-Studie
  • Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer: pädiatrische Patienten zwischen 1-3 Jahren mit Erdnussallergie, die in einem placebkontrollierten, doppelt verblindeten Setting diagnostisch abgesichert wurde (Provokationstest mit 1-300 mg Protein)
  • Randomisierung: im Verhältnis 2 : 1 in eine Gruppe mit epikutaner Immuntherapie (Allergenpflaster Viaskin® Peanut 250 µg zwischen die Schulterblätter geklebt mit ein Mal täglichem Wechsel) oder mit Placebo (Pflaster in identischer Form und Größe ohne Wirkstoff)
  • Primärer Endpunkt: Provokationstest zu Monat 12 mit bis zu 2000 mg Erdnussprotein, der einen sicheren Verzehr von mindestens 1000 mg Erdnussprotein belegte, die kumulative Dosis betrug 3444 mg maximal

Hauptergebnisse

  • 362 Probanden im durchschnittlichen Alter von 2,4 Jahren wurden randomisiert, gut zwei Drittel von ihnen waren Mädchen. 307 Patienten beendeten die Studie, davon waren 208 in der Verumgruppe und 99 im Placeboarm.
  • 67,0 % in der Verumgruppe erreichten nach 12 Monaten den primären Endpunkt und 33,4 % waren es im Placeboarm (p < 0,001). 1000 mg Erdnussprotein entspricht 3-4 Erdnüssen, die beim Erreichen des Endpunkts sicher aufgenommen werden konnten.
  • 37 % der Probanden in der EPITOPE-Studie vertrugen auch mindestens 10 Erdnüsse ohne allergische Reaktion und 10 % waren es im Placeboarm.
  • Der Anstieg des Anteils der Patienten mit Desensibilisierung im Placeboarm wird auf einen spontanen Rückgang der Allergie zurückgeführt.
  • 1,6 % der Probanden in der Verumgruppe (n = 4) hatten behandlungsassoziierte anaphylaktische Reaktionen, bei 3 von ihnen ließen sich diese mit einer Epinephrin-Dosis lösen und der 4. Patient benötigte kein Epinephrin.

Klinische Bedeutung

Eine epikutane Densensibilierungstherapie reduziert bei Kleinkindern mit Erdnussallergie das Risiko für allergische Reaktionen in einem klinisch relevanten Ausmaß, so das Fazit des Studienteams (1). Außerdem sei die Behandlung sicher. Allerdings sei in der Studie nicht geprüft worden, ob und wenn ja, wie lang der Schutzeffekt über die Behandlungsdauer von 12 Monaten hinaus anhalte.

Das Fehlen von längerfristigen Daten zur Effektivität des Allergenpflasters wird auch im Kommentar kritisch angemerkt, schließlich sei das Ziel einer Desensibilisierung die anhaltende Toleranzinduktion (2). Im Vergleich mit den bisherigen Studien zur oralen Immuntherapie von Erdnussallergien im Kindesalter aber induziere die epikutane Applikation seltener allergische Reaktionen, die einer Epinephrin-Behandlung bedürften. Dies sei ein Vorteil und es sei außerdem denkbar, dass sich das epikutane System zur Toleranzinduktion auch bei verschiedenen anderen Nahrungsmittelallergien eigne.

Die Pflaster enthalten ein Depot mit dem Allergen. Durch das Tragen auf der Haut entwickelt sich eine kleine feuchte Kammer, aus der das Allergen in die Epidermis eindringt. Es wird dann von migratorischen Langerhans- und/oder dendritischen Zellen aufgenommen, die in die Lymphknoten wandern und eine Immunmodulation auslösen. 

Finanzierung: DBV Technologies