EPA 2023 – Die Hoffnung steigt: Suizidraten in Europa sinken

  • Liam Davenport
  • Medizinische Nachrichten
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Kernbotschaften

Neue Forschungsergebnisse zeigen, dass die Raten der suizidbedingten Mortalität zwischen 2011 und 2019 in Europa signifikant gesunken sind, wobei 15 Länder eine signifikante Reduktion und 22 andere Länder stabilisierte Raten zeigen.

Eine Studie, die beim Kongress der European Psychiatric Association (EPA) 2023 in Paris vorgestellt wurde, deckte auch auf, dass die Suizidraten in der Türkei gestiegen sind und dass es Geschlechtsunterschiede gibt – einschließlich einer signifikanten Zunahme von suizidbedingten Todesfällen bei Frauen, die im Vereinigten Königreich leben.

Die Studienleiterin Dr. Anna Gimenez vom Department of Psychiatry der Clínic Barcelona in Barcelona, Spanien, sagte: „Die Unterschiede der Trends von Land zu Land spiegeln natürlich die lokale Gesellschaft wider, könnten aber auch die Einführung von Maßnahmen zur Verhinderung von Suiziden in jedem Land wiedergeben“.

„Vorausgegangene Forschungsarbeiten haben gezeigt, dass die Einführung dieser Maßnahmen wirksam sein kann. Daher ist unser nächster Schritt, zu bestätigen, dass die Verbesserung mit diesen direkten Maßnahmen verbunden ist“, fügte sie hinzu.

Dr. Giovanna Fico (Bipolar and Depressive Disorders Unit, Hospital Clínic Barcelona), merkte an, dass die Studie nur Daten bis 2019 erfasste, d. h. vor COVID und dem laufenden Krieg in der Ukraine, Ereignisse, die sich beide möglicherweise negativ auf die Suizidinzidenz auswirken. Trotzdem sei der Gesamttrend, dass in Europa weniger Suizide stattgefunden hätten.

Nationale Anti-Suizid-Pläne

Laut Fico  verfügen Länder wie Italien, Frankreich und das Vereinigte Königreich über strukturierte nationale Anti-Suizid-Pläne – Länder wie die Türkei jedoch nicht. Sie glaubt, dass dies „den Anstieg oder die Abnahme der Suizidraten beeinflussen könnte“.

Sie merkte jedoch an, dass die Studie durch die Tatsache eingeschränkt sei, dass viele europäische Länder keine detaillierten Suizidraten meldeten. So werden Suizide von Frauen in der Ukraine derzeit nicht im nationalen Register des Landes erfasst.

Die allgemeine Abnahme der Suizidraten in ganz Europa steht im starken Gegensatz zu den Raten in den USA, wo die Centers for Disease Control and Prevention (CDC) berichten, dass zwischen 2000 und 2018 die Suizidraten um 36 % angestiegen sind, bevor sie zwischen 2018 und 2020 um 5 % sanken.

Fico spekulierte, dass diese Differenz mit Unterschieden in den Gesundheitssystemen in Europa und den USA zusammenhängen könnte, und mit Problemen, Zugang zu erhalten, insbesondere bei Personen mit niedrigerem Einkommen. W. Vaughn McCall, M.D., Department of Psychiatry and Health Behavior, Medical College of Georgia, Augusta University, Augusta, Georgia, USA, vermutete, dass der einfachere Zugang zu Waffen einen erheblichen Anteil an dieser Differenz ausmachen könnte.

Fico sagte, Suizid sei „eine der Hauptursachen für einen vorzeitigen Tod“. Der Suizid fordert jedes Jahr das Leben von etwa 700.000 Personen auf der ganzen Welt, mit einer Rate von 10,7 pro 100.000 Personen im Jahr 2019. Der „überwältigende Anteil dieser Fälle“ sei mit psychiatrischen Erkrankungen verbunden, sagte sie.

Zudem merkte sie an, dass 2020 in den USA 12,2 Millionen Erwachsene einen Suizid ernsthaft in Betracht gezogen, 3,2 Millionen einen Suizidversuch geplant und 1,2 Millionen Suizidversuche unternommen hätten, von denen 45.979 starben. Die CDC berechnet, dass dies einem Todesfall alle 11 Minuten entspricht.

Um sich ein Bild der jüngsten Trends der suizidbedingten Mortalität über ganz Europa hinweg zu machen, gewannen die Forscher Daten für die Jahre 2011 bis 2019 aus den nationalen jährlichen Suizidstatistiken aus 38 europäischen Ländern aus der öffentlichen Eurostat-Datenbank.

Bei der Abschätzung der suizidbedingten Mortalität pro Jahr pro 100.000 Einwohner stellte das Team fest, dass es während des Studienzeitraums in ganz Europa eine signifikante Reduktion der Mortalitätsraten gegeben hat.

Die Suizidrate sank in der gesamten Region von 20 Todesfällen pro 100.000 Personen im Jahr 2011 auf 16 pro 100.000 Personen im Jahr 2019 – eine Reduktion von 19,4 Prozent. Der größte signifikante Rückgang der Suizidraten wurde in Litauen beobachtet, das anfangs die höchste Suizidrate in Europa aufwies. Danach folgten Lettland und Polen. Von den Ländern, in denen die Suizidraten sanken, meldete Italien die geringste signifikante Reduktion. Im Gegensatz dazu stiegen die Suizidraten in der Türkei signifikant an. Insgesamt wiesen 15 Länder eine Reduktion der jährlichen Suizidraten auf. In 22 Ländern, darunter Frankreich, Spanien und im Vereinigten Königreich, lagen keine Änderungen vor.

Die Stratifizierung der Ergebnisse nach Geschlecht ergab, dass die Raten der suizidbedingten Mortalität zwischen 2011 und 2019 in Ungarn, Serbien, Belgien und Österreich signifikant sanken, während sie im Vereinigten Königreich signifikant anstiegen.

In 17 Ländern sanken die Suizidraten bei Männern signifikant. Die größten Rückgänge wurden in Litauen und Ungarn berichtet, während die geringsten signifikante Rückgänge in Albanien verzeichnet wurden. In der Türkei stiegen die Suizidraten bei Männern signifikant an.

Laut Fico haben sich alle europäischen Länder darauf geeinigt, mit der Weltgesundheitsorganisation zusammenzuarbeiten, um Maßnahmen zur Suizidreduzierung umzusetzen, wie z. B. die Einschränkung des Zugangs zu den Mitteln zur Durchführung eines Suizids sowie die Förderung verantwortungsvoller Berichte über Suizid in den Medien.

Weitere Maßnahmen umfassen die Förderung der sozio-emotionalen Lebenskompetenzen bei Jugendlichen und die frühzeitige Identifizierung, Beurteilung und Behandlung von Personen, die von suizidalem Verhalten betroffen sind.

Dr. Philip Gorwood (Centre Hospitalier Sainte Anne, Paris) kommentierte: „Da die Länder unterschiedlich damit umgehen, die Belastung durch psychische Störungen zu reduzieren, ist es interessant zu erfahren, welche Maßnahmen effizient sind und tatsächlich zu etwas so Entscheidendem wie einer Reduktion der suizidbedingten Mortalität führen“.

„Diese europäische Studie ist sehr interessant und zeigt, dass eine große Heterogenität unter den Ländern herrscht, und dass es für eine relativ bedeutende Anzahl an Ländern tatsächlich möglich ist, die Zahl der Todesfälle durch Suizid pro Jahr zu reduzieren“, sagte er.

Fico wurde von der La Caixa Foundation durch einen Zuschuss unterstützt und unterhält Beziehungen zu Angelini, Janssen-Cilag und Lundbeck.