ENDO 2022 – Welcher Faktor ist maßgeblich beim PCOS: Insulin oder Androgene?
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In einer fesselnden Diskussionssitzung wurden bei der ENDO 2022 von Ricardo Azziz, MD, MPH, MBA, von der University of Alabama in Birmingham, Alabama, und Andrea Dunaif, MD, von der Icahn School of Medicine in Mount Sinai, NY, gegensätzliche Ansichten darüber vorgestellt, welcher Faktor – Insulin oder Androgenen – beim polyzystischen Ovarialsyndrom (PCOS) maßgeblich ist, und es wurde versucht, die genauen Ursachen der Hormonstörung zu klären. Die Debatte wurde von Joop S. E. Laven vom Erasmus MC, University Medical Center, Niederlande, moderiert.
Ricardo Azziz (University of Alabama in Birmingham, Alabama)
Dr. Azziz hält Insulin für den maßgeblichen Faktor bei PCOS ein und erinnert das Publikum zu Beginn daran, dass der erste Nachweis einer messbaren Hyperinsulinämie und einer metabolischen Dysfunktion bei den meisten Frauen mit PCOS durch eine Studie aus dem Jahr 1980 erbracht wurde, die ursprünglich zur Beurteilung des Androgenüberschusses bei Frauen gedacht war, wobei dieser Zusammenhang später durch verschiedene andere Studien bestätigt wurde.
Zur Untermauerung der Rolle von Insulin als maßgeblichen Faktor bei PCOS zitierte er eine Studie von Nestler et al. aus dem Jahr 1998, die zeigte, dass die ovariellen Theka-Zellen von Frauen mit PCOS im Vergleich zu denen von Frauen ohne PCOS eine signifikant höhere insulinstimulierte Testosteron-Biosynthese aufwiesen und dass eine Diazoxid-vermittelte Insulinsuppression zu einem Abfall der Androgenspiegel und einer verbesserten Ovulation führte. Einige Jahre später zeigte eine multizentrische Studie eine dosisabhängige Abnahme der Spiegel des freien Testosterons mit Troglitazon, einem insulinsensibilisierenden Wirkstoff, wobei sich die Spiegel mit jeder Troglitazondosis signifikant von denen mit Placebo unterschieden. Eine weitere Studie zeigte einen engen Zusammenhang zwischen den phänotypischen Merkmalen des PCOS und einer Hyperinsulinämie.
Darüber hinaus stellte er molekulare Evidenzen zur Untermauerung seiner Argumente vor. Bei PCOS-Adipozyten ist die insulinstimulierte Glukoseaufnahme und GLUT-4-Expression im Vergleich zu Kontrolladipozyten signifikant verringert. Eine Studie aus dem Jahr 2013 enthüllte einen neuartigen Mechanismus zur Regulierung der insulinstimulierten Glukoseaufnahme durch miR-93 und zeigte eine hochregulierte miR-93-Expression bei allen Frauen mit Insulinresistenz, sowohl mit als auch ohne PCOS.
Genomweite Assoziationsstudien (GWA) haben einen der PCOS-Loci identifiziert, der sich in der Nähe des Insulinrezeptorgens befindet, was genetische Hinweise darauf liefert, dass Insulin bei PCOS tatsächlich maßgeblich ist.
Dr. Azziz kommt zu dem Schluss, dass PCOS ein heterogenes Syndrom ist und hohe Insulinspiegel allein möglicherweise nicht ausreichen, um einen PCOS-Phänotyp zu verursachen.
Andrea Dunaif (Icahn School of Medicine at Mount Sinai, NY)
Dr. Dunaif hält Androgene für den maßgeblichen Faktor und stellt den Beitrag der Androgene zu den Veränderungen der Körperzusammensetzung bei Frauen mit PCOS heraus. Sie stellt Evidenzdaten vor, die darauf hindeuten, dass pränatal androgenisierte weibliche nicht-menschliche Primaten im Erwachsenenalter reproduktiv und metabolisch PCOS-ähnliche Phänotypen aufweisen. Solche Krankheitsmodelle können auch bei Schafen, Ratten und Mäusen erzeugt werden.
Genetische Studien haben gezeigt, dass Hyperandrogenämie ein zugrunde liegender Phänotyp in PCOS-Familien ist, was stark darauf hindeutet, dass es sich um eine vererbte primäre Anomalie handelt. Jedoch ist eine Hyperandrogenämie mit einer Hyperinsulinämie gekoppelt. Mit sensitiven Techniken zur Messung der Spiegel von Fortpflanzungshormonen hat Dr. Dunaifs Gruppe nachgewiesen, dass Verwandte ersten Grades (in den Tanner-Staden 1–3) von Frauen mit PCOS signifikant höhere Spiegel von Gesamt- und bioverfügbarem Testosteron aufweisen. Zudem zeigte sie eine erhöhte Aktivität der 5α-Reduktase bei den Töchtern (im Alter von 1–3 Jahren) von Frauen mit PCOS, was zur Entwicklung von PCOS beiträgt, indem die Androgenwirkung im Zielgewebe verstärkt wird.
Darüber hinaus stellt Dr. Dunaif zusätzlich zu dem von ihrem Diskussionspartner angesprochenen Insulinrezeptorgen auch noch andere in GWA-Studien identifizierte PCOS-Loci ins Licht. DENND1A, das bei Han-Chinesen und in der europäischen Bevölkerung zu finden ist, ist ein wichtiger Regulator der Androgenbiosynthese und in den Theka-Zellen von Frauen mit PCOS stark exprimiert. Bemerkenswert ist, dass 50 % der Familien mit PCOS seltene Varianten von DENND1A aufweisen. Zum Abschluss ihrer Argumentation merkt Dr. Dunaiz an: „Genetisch determiniertes Testosteron ist kausal mit PCOS assoziiert.“
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