ENDO 2022 — Typ-1-Diabetes: Technologie ist der Retter

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In der ersten, am 11. Juni abgehaltenen Plenarsitzung der „ENDO 2022 Annual Conference“, sprach Moshe Phillip, MD, vom „Schneider Children's Medical Centre“ in Petah Tikva, Israel, darüber, wie die Technologie das Management von Typ-1-Diabetes (T1D) in den letzten Jahren geprägt hat.

Technologische Fortschritte im Verlauf der Jahre

„Bis wir für T1D ein Heilmittel finden, besteht unsere beste Option darin, bei der Diabetesversorgung die fortschrittlichsten Technologien einzusetzen“, so Dr. Phillip.

Insulin wurde 1922 in die klinische Anwendung eingeführt und seitdem haben wir einen langen Weg zurückgelegt. Die in der Erprobung befindlichen/zukünftigen Insuline umfassen ultralang wirksame Basalinsuline und ultraschnell wirkende Insuline sowie „intelligente Insuline“, die Insulin auf Basis des Blutzuckerspiegels abgeben. Zudem werden im Technologiebereich verschiedene Versuche unternommen, nichtinvasive Wege der Insulinverabreichung zu entwickeln, einschließlich inhalativer, nasaler, transdermaler und oraler Verabreichungswege.

Insulinpens haben sich im Laufe der Jahre von einfachen Insulinabgabegeräten zu Geräten entwickelt, die jetzt Daten sammeln und diese an Mobiltelefone und Cloud-Plattformen übertragen können.

Dr. Phillip sagt: „Die wichtigste Erfindung der letzten 17 Jahre war die Einführung der kontinuierlichen Glukosemessung (CGM) bei der Versorgung von T1D-Patienten.“ Er nennt dies den „archimedischen Punkt der Diabetes-Technologie“, der weiterhin als Grundlage für fortschrittlichere Technologien dient.

Im Jahr 2005 wurde die erste prospektive randomisierte kontrollierte Studie (RCT, „GuardControl“) durchgeführt, um den Nutzen der Echtzeit-CGM zu untersuchen. Obwohl die Zielwerte für die Senkung des glykierten Hämoglobins (HbA1c) nicht erreicht wurden, zeigte die Studie der ganzen Welt die Leistungsfähigkeit der CGM.

Im Jahr 2017 gab es einen internationalen Konsens, über den HbA1c-Wert hinauszugehen und CGM-Messwerte zur Verbesserung der Diabetesversorgung zu nutzen. Im Jahr 2019 definierte ein anderer internationaler Konsens die „Time in Therapeutic Range (TTR)“-Ziele für das CGM.
Laut Dr. Phillip stellt das CGM einen Hauptbestandteil einer „digitalen virtuellen Diabetesklinik“ dar. Vor Kurzem befasste sich eine internationale Expertengruppe zudem mit der Entwicklung einer CGM-Metrik für klinische Studien.

Die technologischen Fortschritte haben jedoch auch die Belastung für Patienten und Ärzte erhöht. Einem T1D-Patient werden viele verschiedene Entscheidungen hinsichtlich täglicher Aktivitäten, Insulininjektionen, Glukosemessungen und Arztbesuche aufgebürdet. Ärzte wiederum müssen eine große Menge an Patientendaten analysieren, um Behandlungsempfehlungen zu geben. Dr. Philip hebt zwei auf künstlicher Intelligenz (KI) basierende Technologien hervor, die diese Belastung verringern könnten, nämlich Closed-Loop-Systeme und Clinical Decision Support Systems (CDSS).

Senken der T1D-bedingten Belastung

Ein Closed-Loop-System umfasst einen Sensorarm, der kontinuierlich die Glukosewerte misst und die Daten an einen Computer sendet. Dieser gibt dann dem Abgabearm vor, wie viel Insulin injiziert werden soll. Prospektive RCTs haben gezeigt, dass Closed-Loop-Systeme den HbA1c-Wert senken und die TTR verbessern. Dies wurde durch mehrere Real-World-Studien weiter untermauert.

Allerdings konnten wir bisher nur hybride Systeme mit geschlossenem Regelkreis konstruieren, bei denen die Patienten immer noch mitunter einen Insulinbolus injizieren müssen. Dr. Phillip stellt sich für die Zukunft ein vollautomatisches Insulinabgabesystem mit weiteren Sensoren vor, die das Makronährstoffprofil von Nahrungsmitteln, die körperliche Aktivität, den Standort und andere physiologische und emotionale Parameter bewerten.

Trotz des Erfolgs der CGM fällt vielen Patienten die eigenständige Entscheidungsfindung schwer. Dies macht die Verwendung eines robusten CDSS erforderlich, das „Ärzten, Mitarbeitern, Patienten und anderen Personen Wissen und personenspezifische Informationen liefert, die intelligent gefiltert werden, um die Gesundheit und die medizinische Versorgung zu verbessern.“

Der Ablauf bei einem typischen KI-basierten CDSS-System ist wie folgt: Daten aus verschiedenen aktiven und passiven Quellen, z. B. aus der CGM, von Insulinpens, aus der Selbstüberwachung des Blutzuckers und von Insulinpumpen, werden gesammelt und an die Cloud gesendet, wo sie integriert werden. Der Arzt erhält dann spezifische individualisierte Empfehlungen aus der Cloud. Nach der Freigabe durch den Arzt werden die Empfehlungen an das Mobiltelefon des Patienten weitergeleitet.

Dr. Phillip stellt einige der Vorteile von CDSS heraus, wie z. B.:

  • Die geringere arzt- und praxisbedingte Variabilität der Versorgungsqualität.
  • Mehr Zeit mit Patienten, um verhaltensbezogene Fragen und andere Themen zu besprechen.
  • Die Möglichkeit einer zeitnahen und häufigeren Insulin-/Medikamentenanpassung.
  • Die Reduzierung der therapeutischen Trägheit.
  • Eine personalisierte Versorgung.
  • Eine einfache Einführung neuer Technologien.
  • Die Verhinderung von Arzneimittelwechselwirkungen.
  • Die Fähigkeit, Blutuntersuchungen und Bildgebung zu individualisieren.
  • Einen verbesserten Datenaustausch zwischen Ärzten und Patienten.