ENDO 2022 — Nicht-Statin-Therapien zur LDL-C-Senkung: Neue Akteure

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In einer Plenarsitzung mit dem Titel „Neue Nicht-Statin-Therapien zur Senkung des LDL-Cholesterins“ diskutierten bei der ENDO 2022 mehrere Experten unter der Leitung von Anne Goldberg, MD, FACP, und Lisa Tannock, MD, den aktuellen klinischen Status neuartiger Nicht-Statin-Wirkstoffe zur Senkung des Low-density-Lipoprotein-Cholesterins (LDL-C).

PCSK9-Inhibitoren (John Stafford, Vanderbilt University Medical Center, Tennessee)

Dr. Staffords Vortrag konzentriert sich auf die von der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) zugelassenen monoklonalen Antikörper (mAks) gegen Proproteinkonvertase Subtilisin/Kexin Typ 9 (PCSK9).

Die Studie ODYSSEY OUTCOMES zeigte, dass von Patienten mit einem vorausgegangenen akuten Koronarsyndrom (ACS) und erhöhtem atherogenem Lipoproteinspiegel nach einer hochintensiven Statintherapie diejenigen, die Alirocumab im Vergleich zu Placebo erhielten, ein geringeres Risiko für schwerwiegende unerwünschte kardiovaskuläre Ereignisse aufwiesen und der mittlere LDL-C-Spiegel nach 12 Monaten um 61,0 % niedriger war. Evolocumab erbrachte nahezu identische kardiovaskuläre Vorteile.

Er betont weiterhin, dass PCSK9-Inhibitoren in den folgenden Bereichen größeren Nutzen bringen:

  • Periphere Gefäßerkrankung (PVD): In der FOURIER-Studie verringerte Evolocumab das Risiko für schwerwiegende unerwünschte Ereignisse in den Extremitäten bei PVD-Patienten.
  • Kürzlicher Myokardinfarkt (MI): Bei Patienten mit kürzlich vs. vor einiger Zeit aufgetretenem MI verringerte Evolocumab das Risiko für den primären Endpunkt um 19 % vs. 8 %.
  • Schlaganfall: Alirocumab verringerte das Schlaganfallrisiko bei Patienten mit kürzlich aufgetretenem ACS und Dyslipidämie.
  • Diabetes: Evolocumab verursachte größere absolute Verringerungen des Risikos für das Auftreten des primären Endpunkts bei Patienten mit vs. ohne Diabetes.
  • Erhöhte Lipoprotein(a)-Spiegel: Alirocumab senkte den Lipoprotein(a)-Spiegel bei Patienten mit erhöhten Werten.

Dr. Staffords schloss seinen Vortrag, indem er betont, dass PCSK9-Inhibitoren zwar als sicher gelten, ihre potenziellen unerwünschten Wirkungen jedoch weiter untersucht werden sollten.

Bempedoinsäure: Hoffnung oder falscher Alarm? (Vinaya Simha, Mayo Clinic, Minnesota)

Dr. Simha erörterte, ob Bempedoinsäure (BS), von der FDA zur Behandlung von Hyperlipidämie zugelassen, dem Hype um sie herum gerecht wird. BS erwies sich in Tiermodellen bzw. Mendelschen Randomisierungen bezüglich der Senkung der atherogenen Lipidwerte und des Risikos für atherosklerotische kardiovaskuläre Erkrankungen (ASCVD) als sicher und wirksam - mit einem ähnlichen Wirkmechanismus wie Statine.

Hinsichtlich der Leistung von BS in klinischen Studien diskutierte er zwei große Patienten-Gruppen, die in vier Studien untersucht wurden:

  • Patienten mit ASCVD oder heterozygoter familiärer Hypercholesterinämie (HeFH) mit hohem kardiovaskulärem Risiko und unter maximal verträglicher Statintherapie: CLEAR Harmony und CLEAR Wisdom.
  • Statinintolerante Patienten, die wegen ASCVD und/oder HeFH oder zur Primärprävention behandelt wurden: CLEAR Serenity und CLEAR Tranquility

In diesen Studien senkte BS im Vergleich zu Placebo die LDL-C-Werte innerhalb von 12 Wochen signifikant, unabhängig von der Patienten-Population. Die Gichtinzidenz war jedoch deutlich höher, mit einem leichten Anstieg des Blutharnstoff-Stickstoffes, des Kreatinins und der Harnsäure und einem Rückgang der Hämoglobinwerte. Bemerkenswerterweise war das Neu-Auftreten von Diabetes/Hyperglykämie weniger häufig.

Hemmung des Angiopoetin-ähnlichen Proteins 3 (Savitha Subramanian, University of Washington)

Dr. Subramanian enthüllte ein in der Leber sezerniertes Protein, das den Lipoproteinstoffwechsel reguliert, Angiopoetin-ähnliche Protein 3 (ANGPTL3). Personen mit homozygoten Loss-of-Funktion(LOF)-Mutationen von ANGPTL3 haben reduzierte Plasma-Spiegel der Triglyceride (TG), des LDL-C und des HDL-C (High-Density Lipoprotein-Cholesterin). Dies bekräftigt das Konzept der antikörpervermittelten ANGPTL3-Hemmung, durch die wiederum die LDL-C-Spiegel in einer vom LDL-Rezeptor unabhängigen Art und Weise gesenkt werden.

Evinacumab, ein rein humaner mAk, hemmt ANGPTL3. In einer Phase-III-Studie erhielten Patienten mit homozygoter familiärer Hypercholesterinämie (HoFH), die eine stabile lipidsenkende Therapie erhielten, Evinacumab oder Placebo. Nach 24 Wochen wurde im Gruppenvergleich der Patienten in der Evinacumab- und der Placebo-Gruppe eine mittlere Differenz der kleinsten Quadrate von -49,0 Prozentpunkten (p < 0,001) festgestellt, bei ähnlichen unerwünschten Ereignissen. Evinacumab erhielt 2021 die Zulassung der US-amerikanischen FDA zur Behandlung von HoFH, hat aber einen Orphan-Drug-Status.

Ein weiterer, eine ANGPTL3-Hemmung verursachender Wirkstoff, Vupanorsen, senkte die Nicht-HDL-C-Werte (22–27 %) und die TG-Werte (41–57 %) bei Statin-behandelten Erwachsenen. Aufgrund signifikanter Nebenwirkungen wie Transaminitis und Reaktionen an der Injektionsstelle brachen Pfizer und Ionis das klinische Entwicklungsprogramm jedoch ab.

Einige Fragen zum Nutzen der ANGPTL3-Hemmung seien jedoch noch unbeantwortet, räumte Dr. Subramanian abschließend ein.

Therapien, die auf bestimmte Patientenpopulationen abzielen (Zahid Ahmad, UT Southwestern Medical Center)

Dr. Ahmad diskutierte die Anwendung neuartiger LDL-C-senkender Nicht-Statin-Wirkstoffe in der klinischen Praxis.

Fall 1 war der einer 23-jährigen Frau mit HoFH, Sehnenxanthomen und vorzeitigem Arcus senilis, homozygoten Deletionen in den Exons 11–14 und einem LDL-C-Spiegel von 767 mg/dl, die eine wöchentliche LDL-Apherese benötigte. Nach ihrer Aufnahme in die Studie ELIPSE HoFH wurde mit Evinacumab (15 mg/kg Körpergewicht) eine beeindruckende Senkung des LDL-C-Werts um 49 % erreicht. Dies ermöglichte es ihr, gelegentlich das LDL-C-Ziel von < 100 mg/dl zu erreichen und die Apheresehäufigkeit auf einmal monatlich zu reduzieren.

Fall 2 war der eines 55-jährigen Mannes mit HeFH, rezidivierender ASCVD und einem LDL-C-Wert von 172 mg/dl, der alle 2 Wochen eine LDL-C-Apherese erhielt, die eine Senkung des LDL-C-Spiegels auf 30–40 mg/dl bewirkte. Nach Erhalt von 180 mg BS/Tag lagen seine Werte fast immer unter dem LDL-C-Zielwert von 70 mg/dl, bemerkenswerterweise auch noch 4 Wochen nach dem Absetzen der Apherese.

Das in der Prüfung befindliche Therapeutikum in Fall 3 war Inclisiran, eine Small interfering RNA, die die Synthese von PCSK9 in der Leber reduziert. Eine 70-jährige Frau mit HeFH, ASCVD und LDL-C von 400–500 mg/dl vor der Behandlung konnte mit 150 mg Alirocumab alle 2 Wochen einen LDL-C-Wert von < 70 mg/dl erreichen, kann sich das Medikament jedoch nicht mehr leisten. Sie hat die Inclisiran-Therapie noch nicht wieder aufgenommen und deren Auswirkungen auf den LDL-C-Spiegel werden in zukünftigen Diskussionen präsentiert.