Elektronische Patientenakte, Mandel-Operationen und Long COVID

  • Dr. med. Thomas Kron
  • Medizinische Nachrichten
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Eine Widerspruchslösung scheint laut einer Umfrage ein entscheidender Faktor für den Erfolg der elektronischen Patientenakte (ePA) für alle Versicherten zu sein.

Nach dem Willen der Bundesregierung soll künftig für alle Bürger eine elektronische Patientenakte (ePA) eingerichtet werden. Versicherte, die das nicht wollen, können widersprechen. Dieses sogenannte Opt-out-Verfahren trifft einer Befragung zufolge auf großen Rückhalt in der Bevölkerung. Zudem wollen drei von vier Befragten die ePA selbst nutzen. Die Akzeptanz für die ePA sei also vorhanden, heißt es in einer Mitteilung

In der repräsentativen, von der Bertelsmann Stiftung und der Stiftung Münch beauftragten Studie haben zwei Drittel der Befragten an, dass sie die Widerspruchslösung bei der ePA befürworten. Selbst unter denen, die die ePA für sich ablehnen, äußerten 42 Prozent Zustimmung zum sogenannten Opt-out-Verfahren. Bisher muss die ePA vor der Einrichtung vom Versicherten aktiv freigeschaltet werden (Opt-in). Das weitaus größte Vertrauen beim Umgang mit den Gesundheitsdaten genieße der Umfrage zufolge die Ärzteschaft, deutlich vor den Krankenkassen. 40 Prozent der Befragten würden ihre Daten generell für alle behandelnden Ärztinnen und Ärzte freigeben. Etwa die Hälfte möchte jedoch gern selbst entscheiden, wer was zu sehen bekommt. 

Für die repräsentative Befragung hat das Befragungsinstitut Kantar im August und September 2022 insgesamt 1871 Menschen im Alter ab 14 Jahren in Privathaushalten persönlich befragt. Dabei wurden ausschließlich Personen berücksichtigt, die auch das Internet nutzen.

Bei Mandel-Operationen gibt es je nach Klinik große Unterschiede bei der Häufigkeit von Blutungen und weiteren Komplikationen, die nach dem Eingriff auftreten können. Laut einer bundesweiten Auswertung auf Basis des Verfahrens zur „Qualitätssicherung mit Routinedaten“ (QSR) des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) kommen Eingriffe wegen Nachblutungen innerhalb von 30 Tagen nach der Mandel-Operation in der Gruppe der Kliniken, die bei der Auswertung am schlechtesten abschneiden, etwa drei Mal häufiger vor als in den Kliniken mit den besten Ergebnissen. 

Die Auswertung zur Häufigkeit erneuter Eingriffe wegen Nachblutungen binnen 30 Tagen nach der Operation zeigt einer Mitteilung zufolge ein Spektrum von bis zu 2,3 Prozent im Viertel der Kliniken mit den besten Ergebnissen und mindestens 6,8 Prozent im Viertel der am schlechtesten abschneidenden Krankenhäuser.

Der Durchschnittswert für erneute Operationen wegen Nachblutungen liegt bei 5,0 Prozent. Auch bei Störungen der Stimme, des Schluckens oder des Geschmacks innerhalb eines Jahres nach dem Eingriff gebe es deutliche Unterschiede: In den besten Kliniken waren keine solchen Komplikationen zu verzeichnen, im Viertel der schlechtesten lag die Rate der ärztlich dokumentierten Komplikationen innerhalb eines Jahres bei mindestens 2,3 Prozent. Beim Gesamtergebnis, das außer den spezifischen Komplikationen auch Ereignisse ohne direkten Bezug zum Operationsgebiet wie beispielsweise Thrombosen berücksichtigt, zeigt sich in Bezug auf die Komplikationsraten ein Spektrum von bis zu 3,7 Prozent in den besten und mindestens 9,7 Prozent in den schlechtesten Krankenhaus-Abteilungen.

Laut ärztlichen Leitlinien ist die Operation zur Entfernung der Mandeln wegen einer Entzündung in der Regel erst angezeigt, wenn die Betroffenen zuvor mehrfach wegen bakterieller Mandelentzündungen behandelt worden sind. Diese Vorgabe werde jedoch nicht immer eingehalten, heißt es in der Mitteilung. Auch bei dieser sogenannten Indikationsqualität gebe es deutliche Unterschiede zwischen den besten und den schlechtesten Kliniken.

Rund jeder zehnte COVID-Erkrankte leidet noch Monate nach der Infektion an anhaltenden Symptomen und ist im Alltagsleben beeinträchtigt. Es handelt sich dann oft um das Long- oder Post-COVID-Syndrom. Ein umfassendes Versorgungskonzept mit Behandlungswegen und definierten Zuständigkeiten fehlt bislang. Das soll sich auf Initiative der vier baden-württembergischen Universitätsklinika Freiburg, Heidelberg, Tübingen und Ulm nun ändern: Im Auftrag des Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg und unter Projektkoordination des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD) bauen die Universitätsklinika ein landesweites Netzwerk mit verschiedenen Akteuren der Long-COVID-Versorgung auf. Außer den vier universitären Long-COVID-Spezialambulanzen sollen laut einer Mitteilung der Universität Heidelberg niedergelassene Ärztinnen und Ärzte, Physio-, Ergo- und Psychotherapiepraxen, Rehaeinrichtungen, Gesundheitsämter, Betroffene und Selbsthilfeorganisationen beteiligt werden. Die enge Vernetzung soll nicht nur die medizinische Versorgung der Betroffenen verbessern, sondern auch Strukturen für Fortbildungen und Wissenstransfer schaffen. Das Sozial- und Gesundheitsministerium finanziert das Projekt mit insgesamt zwei Millionen Euro.