Elektronische kardiale Stimulation: Bei Infektionen sind Art und Zeitpunkt sterblichkeitsrelevant
- Nicola Siegmund-Schultze
- Studien – kurz & knapp
Kernbotschaften
Das Risiko für Infektionen im Zusammenhang mit der Implantation von Herzschrittmachern oder Kardioverter-Defibrillatoren ist im Zeitraum bis zu 3 Monaten am höchsten und nimmt danach allmählich ab. Frühe, isolierte lokale Infektionen wie Haut- oder Aggregattascheninfektion sind nicht mit einer erhöhten Gesamtsterblichkeit assoziiert. Anders lokalisierte Infektionen, die später als 3 Monate nach Operation auftreten: Bei ihnen steigt das Risiko für den Patienten, zeitnah zu sterben, um den Faktor 3,5 an im Vergleich zu Patienten ohne Infektion. Am stärksten ist das Sterblichkeitsrisiko bei verzögerten systemischen Infektionen erhöht, nämlich um den Faktor 9 (JAMA Cardiol). Diese Risiken müssten im Gesamtkonzept von Therapie und Nachsorge berücksichtigt werden, so die Autoren.
Hintergrund
Für die elektronische Stimulation des Herzens werden – je nach Ursache der Arrhythmien – zwei Gruppen von implantierbaren Geräten verwendet: Herzschrittmacher (PM) und Kardioverter zur Resynchronisationstherapie (CRT), diese eventuell kombiniert mit einem Defibrillator als ICD oder auch mit einem Herzschrittmacher (CRT-PM). Für Infektionen, die im Kontext der Implantation auftreten (CIED-bedingte Infektionen), werden 12-Monats-Sterblichkeitsraten zwischen 15 und 30 % angegeben (zit. nach [1]). Nicht genauer ist bisher analysiert, ob es Assoziationen zwischen der Art und dem Zeitrahmen einer Infektion mit der Gesamtsterblichkeit gibt. Diese Lücke schließt eine große Beobachtungsstudie aus Kanada (1).
Design
- Studienform: prospektive Beobachtungsstudie an 28 kardiologischen Zentren mit Patienten, die zwischen 2012 und 2016 behandelt wurden
- Studienkohorte: 19.559 Teilnehmerinnen (25,4 %) und Teilnehmer mit einem durchschnittlichen Alter von 68,7 Jahren
- 9 % hatten einen Herzschrittmacher neu implantiert bekommen, 10,2 % einen ICD, 1,7 % einen CRT-PM und 11,3 % einen CRT-D.
- Bei den übrigen wurden Geräte ersetzt oder ein Eingriff revidiert.
- 31,1 % der Gesamtkohorte hatten Diabetes mellitus.
- Formen von CIED-Infektionen:
- lokalisiert bei Infektionen der Haut, des subkutanen Gewebes oder bei Tascheninfektionen,
- systemisch bei Bakteriämie oder Endokarditis oder beidem
- frühe Infektion: innerhalb von 3 Monaten nach Implantation
- verzögerte Infektion: ≥ 3 Monate bis 12 Monate
Hauptergebnisse
- 177 der 19.559 Patienten entwickelten eine CIED-Infektion. Die kumulative Inzidenz betrug 0,6 % in 3 Monaten, 0,7 % in 6 Monaten und 0,9 % binnen 12 Monaten.
- Damit waren die Infektionsraten in den ersten 3 Monaten nach dem Eingriff mit 0,21 % pro Monat am höchsten und nahmen anschließend ab.
- Verglichen mit Patienten ohne CIED-bedingte Infektion hatten diejenigen mit lokaler Infektion in den ersten 30 Tagen nach Op (frühe Infektion) kein höheres Gesamtsterblichkeitsrisiko (adjustierte Hazard Ratio [aHR]): 0,64; p = 0,43).
- Bei früher systemischer Infektion allerdings war das 30-Tages-Sterblichkeitsrisiko um den Faktor 2,88 (p = 0,002) erhöht und bei einer verzögerten lokalen Infektion um den Faktor 3,57 (p = 0,01).
- Das höchste Gesamtsterblichkeitsrisiko bestand bei einer verzögerten systemischen Infektion: Die aHR betrug hier 9,30 (p < 0,001).
Klinische Bedeutung
In der Gesamtkohorte hatten Patienten mit Diabetes, hohem Alter und verminderter Nierenfunktion allgemein ein höheres Risiko für CIED-bedingte Infektionen, keine Assoziation aber gab es mit dem Zeitabstand zur Op. Während frühe Infektionen eher auf den Operationsprozess zurückgeführt werden, könnten spätere durch den Fremdkörper selbst ausgelöst werden, so das Studienteam. Die lokalen Infekte traten gehäuft bei Taschenrevision und Aggregatwechseln auf.
Die frühe Diagnose und Therapie einer CIED-Infektion sei das A und O, betonen die Forscher. Dabei lasse sich die frühe lokalisierte Infektion gut behandeln, in der kanadischen Kohorte hätten sich auch keine Anzeichen für mehr Antibiotikaresistenzen ergeben.
Bei systemischen CIED-Infektionen war das Sterblichkeitsrisiko erhöht, bei verzögerten noch einmal deutlich stärker als bei frühen systemischen Infekten. Es sei daher nicht nur für die Wahl und Dauer der Medikation wichtig, zwischen isoliert-lokaler und systemischer Infektion zu unterscheiden, so die Autorinnen und Autoren, sondern auch, um das Mortalitätsrisiko des einzelnen Patienten abzuschätzen.
In Deutschland werden so viele Geräte zur elektronischen Stimulation des Herzens implantiert wie in keinem anderen europäischen Land. Im Jahr 2020 waren es 257 ICD pro 1 Million Einwohner und 879 Herzschrittmacher pro 1 Million Einwohner (2, 3).
Finanzierung: öffentliche Mittel
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